Bauen mit Highspeed
Bauen mit Highspeed
- Datum:
- Ort:
- Deutschland
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- 4 MIN
Neue Waffensysteme für die Landes- und Bündnisverteidigung benötigen moderne Infrastruktur – und das oft schneller, als es mit den üblichen Verfahren möglich ist. Genau dafür gibt es die besonders ausgewählten Schnellläuferprojekte. Sie sorgen dafür, dass drei zeitkritische Bauvorhaben für neue Waffensysteme zügig umgesetzt werden.
Warum Schnellläuferprojekte? Normalerweise sind die Bauverwaltungen der Bundesländer für die Infrastrukturprojekte der Bundeswehr zuständig. Doch in vielen Fällen sind ihre Kapazitäten begrenzt. Um Engpässe zu vermeiden, hat das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBwBundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr) die Gruppe „Sonderbauvorhaben“ ins Leben gerufen. Diese Gruppe koordiniert derzeit die drei Schnellläuferprojekte für den schweren Transporthubschrauber CH-47 Chinook, den neuen Seefernaufklärer P-8A Poseidon sowie das territoriale Flugkörperabwehrsystem Arrow. Es arbeitet dabei eng mit den Bauverwaltungen der Länder und den Kompetenzzentren Baumanagement (KompZKompetenzzentrum BauMgmtBaumanagement) der Bundeswehr zusammen.
Durch diesen speziellen Ansatz lassen sich Genehmigungen beschleunigen, Bearbeitungsschritte optimieren und neue Kooperationsmöglichkeiten nutzen. Jedes Schnellläuferprojekt wird vorab daraufhin geprüft, ob und wie es vom Standardverfahren abweichen kann, um schneller zum Ziel zu kommen. Dadurch unterscheiden sich diese Projekte teilweise deutlich in ihrer infrastrukturellen Umsetzung.
CH-47F – SCHWERER TRANSPORTHUBSCHRAUBER
Der CH-53-Transporthubschrauber der Bundeswehr wird durch den modernen CH-47F Chinook ersetzt. Insgesamt werden 60 Maschinen beschafft, die vorrangig in Holzdorf/Schönewalde bei der Lufttransportgruppe des Hubschraubergeschwaders 64 (HSGHubschraubergeschwader 64) stationiert werden sollen.
Für den Betrieb sind zahlreiche Neu- und Erweiterungsbauten erforderlich, außerdem müssen die Flugbetriebsflächen und Hangars angepasst oder neu gebaut werden. Ebenso werden neue Wartungs- und Waschplätze benötigt. Die Einrichtung eines Warenlagers soll künftig die Einsatzbereitschaft der Hubschrauber erhöhen. Da die ersten Maschinen Ende 2027 eintreffen, läuft beim Luftfahrtamt der Bundeswehr bereits das Genehmigungsverfahren – ein wichtiger Schritt, um Zeit zu sparen.
Zusätzlich wird zur Projektbeschleunigung ein in Deutschland noch neues Vergabeverfahren angewandt, das ein Anreizsystem für die ausführenden Unternehmen beinhaltet. Für ausgesuchte Teilprojekte werden die Ressourcen der Bauverwaltung erhöht, um das Gesamtprojekt schneller voranzubringen.
Arrow-3 – Luftverteidigung auf höchstem Niveau
Mit Arrow-3 ist das Abfangen ballistischer Flugkörper oberhalb der Erdatmosphäre sichergestellt. Damit ist eine territoriale Flugkörperabwehr erstmalig auch für Deutschland möglich. Das rein defensive Waffensystem besteht aus Hochleistungsradaren, die anfliegende Raketen frühzeitig erkennen, und den Arrow-3-Abwehrraketen, die die Ziele dann zerstören.
Das Waffensystem wird zunächst ebenfalls in Holzdorf/Schönewalde, später an weiteren Standorten in Deutschland stationiert. In Holzdorf/Schönewalde wurden bereits erste Infrastrukturmaßnahmen für das System umgesetzt. Dazu gehört beispielsweise der Bau einer künstlichen Anhöhe für die optimale Platzierung der Radaranlagen. Neue Infrastruktur wird auch für die Munitionslagerung benötigt.
Die hier gesammelten Erfahrungen dienen als Vorlage für die weiteren bundesweit verteilten Standorte. Die ersten Systemkomponenten werden bereits 2025 ausgeliefert.
P-8A Poseidon – Seefernaufklärer und U-Boot-Jäger
Die P-8A Poseidon ersetzt die ältere P-3C Orion und ist dann das größte Kampfflugzeug der Bundeswehr. Dessen Aufgaben sind Aufklärung und die Seeraumüberwachung über große Distanzen sowie die U-Boot-Jagd mit Torpedos.
Die acht neuen Maschinen werden beim Marinefliegergeschwader 3 (MFG3) in Nordholz stationiert. Da die P-8A wesentlich größer als die P-3C ist, muss der Fliegerhorst infrastrukturell angepasst werden. Das KompZKompetenzzentrum BauMgmtBaumanagement Hannover hat hierzu eine Machbarkeitsstudie zur Untersuchung möglicher Realisierungsvarianten in Auftrag gegeben.
Da die Kapazitäten für ein solches Großprojekt bei der zuständigen Bauverwaltung derzeit nicht ausreichen, wird voraussichtlich die NATONorth Atlantic Treaty Organization Support and Procurement Agency (NSPA) die Vergabe der Bauaufträge koordinieren. Diese Form der Zusammenarbeit mit der NSPA bei einem Projekt in dieser Größenordnung wäre in Deutschland bislang einzigartig. Die NSPA ist bislang auf die Realisierung von Infrastruktur in den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Einsätzen spezialisiert. Diese internationale Zusammenarbeit beschleunigt die Umsetzung erheblich.
F-35A: Kein Schnellläufer, aber Vorreiter
Ein Sonderfall ist das F-35-Programm. Um die hochmodernen Kampfjets bis 2027 beim Taktischen Luftwaffengeschwader 33 in Büchel einsatzbereit zu machen, wurde ein eigenes beschleunigtes Infrastrukturverfahren entwickelt – noch bevor die Schnellläuferprojekte eingeführt wurden.
Hier hat das BAIUDBwBundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr einen Schwerpunkt mit eigenem Personal gebildet und eine Projektorganisation aufgestellt. Diese Organisation hat wesentliche Aufgaben der Bauverwaltung Rheinland-Pfalz übernommen, mit der das Projekt auch weiterhin eng koordiniert wird. Konkret entstehen verschiedene Gebäude, um die Jets zu warten und die Flüge der Piloten vor- und nachzubereiten. Dazu gehören zum Beispiel eine Instandsetzungshalle, eine Waschhalle, ein Hangar, ein Ersatzteillagergebäude und ein Gebäude zur Operationsführung.
Obwohl dieses Projekt kein offizielles Schnellläuferprojekt ist, dient es als Vorreiter. Da die Umsetzung bereits läuft, bleibt das Infrastrukturprojekt rund um die F-35A eigenständig und wird nicht in die Schnellläuferorganisation integriert.
Infrastruktur in Rekordzeit
Sowohl mit den drei Schnellläuferprojekten als auch mit der Projektorganisation F-35 stellt die Bundeswehr sicher, dass die dringend benötigte Infrastruktur für neue Waffensysteme rechtzeitig bereitsteht. Dazu wurde – unter Inkaufnahme von Verdrängungen an anderer Stelle – Infrastrukturfachpersonal gebündelt, um durch gezielte Prozessoptimierungen, neue Vergabeverfahren und enge Kooperationen mit Bauverwaltungen und Partnern diese herausgehobenen Bauprojekte in kürzerer Zeit realisieren zu können – ein entscheidender Vorteil für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr und die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.