Ein Prototyp, gegen den kein Kraut gewachsen ist
Ein Prototyp, gegen den kein Kraut gewachsen ist
- Datum:
- Ort:
- Appen
- Lesedauer:
- 4 MIN
Landschaftspflege unter Extrembedingungen - das kommt bei der Bundeswehr vor. Nicht immer gibt es dafür Lösungen von der Stange. So auch in Appen, wo sich die Männer des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums Hamburg etwas einfallen ließen, und einen Prototypen entwickelten.
Die Jürgen-Schumann-Kaserne in Appen ist die Heimat der Unteroffizierschule der Luftwaffe. Eine einzigartige Dienststelle, an der die Soldatinnen und Soldaten zum Vorgesetzten und militärischen Leader ausgebildet werden. Wenn das dort stationierte Personal übt, geht es regelmäßig auf den angrenzenden Standortübungsplatz. Damit der Betrieb dort gewährleistet ist, muss die Vegetation um und auf den Schießbahnen des Standortübungsplatzes regelmäßig gepflegt werden. Passiert dies nicht, wuchert die Schießbahn mitunter schnell zu und ist nicht weiter nutzbar. Sie müsste dann gesperrt werden. Außerdem birgt gerade in trockenen und heißen Sommern die dürre Vegetation ein Gefahrenpotenzial. Etwa wenn heiße Munitionsteile in den Böschungen landen und diese entzünden könnten. Genug Gründe, sich dem Kampf gegen das Kraut zu stellen. Vor allem auf den steilen Böschungen an den Seiten der Schießbahnen war dies eine Herausforderung. Bisher!
Herkömmliche Methoden versagen
Es gibt hierfür keine verfügbare Lösung auf dem Markt, die sich längerfristig in der Nutzung bewähren konnte. Die Höhe der Schießverblendungen im Schießstand, die ein Ausbrechen der Munition nach oben verhindern, ließ keine Bearbeitung mit den vorhandenen Mähfahrzeugen zu. Normalerweise ist das Multicar FUMO hier die erste Wahl, das Arbeitstier der Männer und Frauen der Geländebetreuung beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Hamburg (BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum). Dieses ist aber schlichtweg zu hoch um unter den Schutzbarrieren durchfahren zu können und der Seitenarm als Ausleger zu kurz um die Wälle bis zur Krone mähen zu können. Eine manuelle Bearbeitung der Böschungen mit einer Motorsense war auf Dauer auch keine Lösung, da in dem steilen Gelände stets die Gefahr des Abrutschens für das Personal besteht. Insbesondere wenn der Untergrund noch leicht feucht ist. Selbst eingesetzte Mähraupen für den alpinen Bereich rutschten immer wieder hinab und scheiterten an der Steigung von bis zu 45 Grad der Böschung. Eine Lösung musste her.
Erfindergeist zahlt sich aus
Im Fuhrpark des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum befinden sich durchaus Fahrzeuge, die sowohl von der Bauhöhe unter den Schießblenden durchfahren können, als auch die entsprechend langen und flexiblen Ausleger für die Bearbeitung der Böschungen besitzen. Etwa ein kleiner aber leistungsfähiger Raupenbagger. Der Bagger wurde für die Verschiffbarkeit per Seecontainer extra niedrig und kompakt konstruiert. Nur hat der Bagger wiederum keine Vorrichtung zum Mähen. Und das vorhandene Mähwerk des Multicar FUMO passte nicht. Noch nicht. Denn die Männer vom BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Hamburg haben nicht nur eine Lösung gefunden, sondern diese sogar selbst entwickelt. Gemeinsam entwickelten die Geländebetreuer Kay D., Stefan N. und Klaus H. in Eigeninitiative den Adapter, mit dem das Mähwerk an den Auslegearm des Raupenbaggers montiert werden kann. „Da war sicherlich auch viel learning by doing dabei“, blickt Jan L., der Meister bei der Geländebetreuung in Appen, auf die Entwicklungsphase zurück. Konstruiert und realisiert wurde der Adapter in der eigenen Werkstatt des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Hamburg aus vorhandenen Metallresten. Einige Wochen lang wurde geschweißt, gehämmert und geformt. Das Ergebnis überzeugt.
Ich finde es toll, wenn sich Mitarbeiter Gedanken machen und so eine Möglichkeit finden, die Arbeit erheblich zu erleichtern,
äußert sich Romy K., technische Regierungsamtfrau und Leiterin der Geländebetreuung beim BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Hamburg stolz über den Erfindergeist.
Weitere Einsatzmöglichkeiten vorhanden
Mit dem so ausgerüsteten und hochmobilen Bagger ist es ein Leichtes die Böschungen bis zur Krone zu bearbeiten. Das reduziert nicht nur das Risiko für die Mitarbeiter, sondern spart auch noch viel Zeit und ist somit eine deutliche Verbesserung der Arbeitssituation und Effizienz. Ein positiver Nebeneffekt: mit dem Bagger lassen sich nicht nur die Schießbahnen besser als vorher bearbeiten. Auch die Vegetation entlang des Kasernenzauns, immerhin 12 Kilometer lang, kann mit dem Bagger effektiv gemäht werden. Denn der Ausleger ist so lang und gelenkig, dass ohne Probleme über den Postenweg innerhalb des Geländes auch die Außenseite vor dem Zaun gemäht werden kann. Bisher wurde hierzu extra ein Mäher aus dem BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Husum herangeschafft.
Und der Adapter ist sogar universell einsetzbar. Denn auch die Astschere, ebenfalls ein Aufsatz des Multicar FUMO, kann damit an den Ausleger montiert werden. Baumarbeiten in mehreren Metern Höhe die bislang nur aufwendig durchgeführt werden konnten, sind damit ohne Weiteres möglich. Das Einsatzspektrum des Baggers wurde so erheblich erweitert. Ein Umstand, der auch dem Anbieter des Baggers und anderen Nutzern nicht entgangen ist. Noch ist der Adapter ein Prototyp, eine Umsetzung durch den Baggerhersteller wird jedoch diskutiert.