Mit Kind und Kegel – ein Jahr auf die Insel
Mit Kind und Kegel – ein Jahr auf die Insel
- Datum:
- Ort:
- England
- Lesedauer:
- 3 MIN
„Wir sind eine Familie mit zwei Kindern. Meine Frau Julia und ich kommen beide aus Nordhessen. Ich war damals beim Wehrdienstberater und habe ihm einfach gesagt: ‚Ich möchte Heeresbergführer werden‘“, erinnert sich Oberstleutnant Marc Nolte an die Anfänge zurück. Heute absolviert Nolte die Generalstabsausbildung in Großbritannien, studiert am King´s College London. Seine Familie ist bei ihm.
Er, seine Ehefrau und die beiden Kinder leben nun für elf Monate in England. Bis nach London sind es anderthalb Autostunden und die Kinder besuchen Kindergarten und Schule. Alle verbindet ein starkes Band: „Bereits sieben Mal sind wir innerhalb Deutschlands schon umgezogen. Der achte Umzug führte uns nun nach Großbritannien“, sagt Generalstabsoffizier Nolte. Diese Ausbildung ist das bisher ehrgeizigstes Ziel seiner Bundeswehrkarriere.
Generalstabsdienst kein Dienstgrad, sondern Leistung
Drei Tage nach seinem Abiball, das Abitur in der Tasche, stieg Nolte in sein Auto und fuhr 650 Kilometer nach Berchtesgaden. „Mit der Grundausbildung bei den Gebirgsjägern begann meine militärische Karriere.“ Nicht jeder Tag sei damals toll gewesen und habe immer nur Spaß bereitet. „Aber spätestens mit dem Wochenende stellten sich schnell Zufriedenheit und Stolz auf das Erreichte ein.“ Eine Erfahrung und zugleich Ansporn, die den jungen Soldaten durch seine militärische Laufbahn tragen sollte.
Das Studium der Politikwissenschaften, spanische Sprachausbildung, Zugführer- und Chefverwendungen, sein Dienst als Adjutant des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr waren nur einige Stationen auf dem Weg zum Generalstabsoffizier. Der Dienstgrad plus der Zusatz „im Generalstabsdienst“ kennzeichnet eine ganz besondere Ausbildung, die für herausgehobene Verwendungen oder auch für mögliche Dienstposten bis in die allerhöchsten Ebenen steht.
Wenn Pläne sich ändern
2016 begann die Ausbildung zum Generalstäbler an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Nach der zweijährigen Ausbildung standen die Weichen auf eine zusätzliche Generalstabsausbildung in den USA und die Corona-Pandemie war noch weit weg. „Für mich sollte das die Krönung einer bisher persönlich schon grandiosen Laufbahn, privat wie dienstlich, sein“, erinnert sich der Oberstleutnant. Für ihn seien die USA wichtiger Partner Deutschlands und somit auch der Bundeswehr. „Die Kultur eines Landes und insbesondere auch die Gedankenwelt der Streitkräfte kann man sich nicht aus der Zeitung anlesen.“ Er erhielt den Zuschlag für die Ausbildung in den USA. Sein Ziel lag nun zum Greifen nah. Doch Anfang 2020 stufte die WHOWorld Health Organization die Verbreitung des Coronavirus als weltweite Pandemie ein und die Ausbildung in den USA wurde unmöglich.
„Die Enttäuschung war schon sehr groß. Privat wie auch dienstlich haben wir uns lange darauf vorbereitet und natürlich auch gefreut. Flugtickets hatten wir ja schon in der Tasche. Freunde in den USA haben sich auf uns gefreut. Das Auto war verkauft, die Kinder von der Schule und dem Kindergarten abgemeldet und das Mietshaus gekündigt“, beschreibt der junge Vater die Familienlage, nachdem das gesamte Vorhaben durch Corona aus den Angeln gehoben wurde. „Aber verglichen mit vielen anderen Familien und deren Schicksalen in der Pandemie wussten wir genau, dass es uns sehr gut ging. Das Familieneinkommen war sicher und wir waren gesund.“
Aufhören, keine Option
„Es war ein riesiger Traum, auf den wir uns über zwei Jahre vorbereitet hatten und der irgendwie ein bisschen ,Wiedergutmachung‘ für all die familiär harten Jahre zuvor hätte sein sollen. Denn dort hätten wir ja einen gemeinsamen Alltag gehabt.“ Auch Ehefrau Julia Nolte freute sich auf die Zeit in den Staaten. Es galt, die Enttäuschung zu verarbeiten und sich nicht entmutigen zu lassen. Marc Nolte wurde nun von der Bundeswehr angeboten, eine vergleichbare Ausbildung in Großbritannien zu absolvieren. Eine Lösung war gefunden. „Die Zeit für die Vorbereitung auf England war zwar knapp, aber auch das war für uns eher Ansporn.“ Und so standen weiter alle Zeichen auf Umzug, nur in ein anderes Land.