Verantwortung als ein starker Antrieb
Verantwortung als ein starker Antrieb
- Ort:
- Köln
- Lesedauer:
- 4 MIN
„Krass!“, war Michaels erster Gedanke, als er vor einigen Monaten erfahren hat, dass er als Stammzellenspender ausgewählt wurde. Die Rückenoperation des 27-Jährigen ist ausgeplant. Mit seinem Knochenmark wird er Leben retten. Stabsunteroffizier und Feldwebelanwärter Michael Haamann steht gerade am Anfang seiner militärischen Laufbahn. Wir sprechen mit ihm über die bevorstehende Stammzellenspende.
Seinen Job in der Filialleitung eines großen Einzelhandelsunternehmens hing der sportlich sehr interessierte Fußballspieler an den Haken. Bundeswehr war für ihn das große Ziel. „Ich war schon immer ein Freund von Herausforderungen und wollte immer möglichst viel von der Welt sehen. Die Bundeswehr bietet mir eben große Karrierechancen und Vielseitigkeit, genau das hat mich sehr angesprochen“, sagt Haamann. Die Marine Fregatte Augsburg sollte 2018 nach seinem Eintritt in die Bundeswehr seine militärische Heimat werden. Jetzt am Beginn seiner Ausbildung zum Feldwebel ist diese Spende zunächst sein zentrales Thema.
Wie und wann setzt man sich als junger Mann, der mitten im Leben steht, das erste Mal mit dem Thema Stammzellenspende überhaupt auseinander? Was treibt einen an, den Kreis von weltweit mehr als zehn Millionen registrierten Spendern zu erweitern?
2017 müsste es gewesen sein. Ich saß zu Hause vor dem Fernseher, mich hat tatsächlich die Werbung der gemeinnützigen Organisation DKMS im Fernsehen überzeugt, mich registrieren zu lassen. DKMS steht ja für Deutsche Knochenmarkspenderdatei und will als internationale gemeinnützige Organisation an Blutkrebs Erkrankten helfen. Das war für mich etwas absolut Positives. Im selben Atemzug bestellte ich online auf der Homepage das Paket zur Registrierung, gab meine Speichelprobe ab und sendete das Päckchen wieder zurück. Nach ein paar Wochen erhielt ich dann eine Eingangsbestätigung und wurde damit in das Register der DKMS aufgenommen. Eigentlich ganz einfach und das tat auch nicht weh. Hilfsbereitschaft und allgemein die Hoffnung, so vielleicht einem Menschen das Leben retten zu können, waren ein gutes Gefühl.
Die Registrierung ist also schnell gemacht, setzt aber einen Prozess in Gang mit der Möglichkeit, täglich als tatsächlicher Spender ausgewählt zu werden. Das birgt ein gewisses Maß an Verantwortung mit sich. Wie standen damals und stehen heute Familie und Freunde zu dieser Entscheidung?
Da wurde 2017 nicht groß darüber geredet. Ich habe ein paar Freunden davon erzählt, einige waren selbst schon registriert und ein paar wenige haben sogar nachgezogen und ebenfalls mitgemacht. Das war natürlich cool.
Mitten im Gespräch wird der sonst so aufgeschlossene, lebensfrohe und fest im Leben stehende Feldwebelanwärter ruhig, hält kurz inne und wirkt nachdenklich. Meine Mutter ist im Juli 2018 an Krebs gestorben. Ich weiß daher aus eigener Erfahrung, wie schrecklich es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Diesen Schmerz wünsche ich niemandem. Nun bin ausgerechnet ich es, der einem kranken Menschen die Chance auf ein „neues“ Leben geben kann. Die Verantwortung, die ich damit habe, ist natürlich ein starker Antrieb und er ist über alle Zweifel erhaben.
Das Kommando Hubschrauber in der Luftwaffenkaserne Köln-Wahn ist bis Januar Dein militärisches zu Hause. Ab Januar werden dann die Lehrgänge zur Feldwebelausbildung beginnen. Über 88.000 Mal wurden bereits Stammzellen für Patienten gespendet. Was passiert, nachdem man erfährt, dass man ausgewählt worden ist? Oder kommen vielleicht auch Zweifel?
Bis jetzt kurz vor der Spende gibt es keine Zweifel, ich freue mich helfen zu können! Ich habe keine Sekunde daran gedacht, einen Rückzieher zu machen.
Vor ungefähr acht Monaten gab es mal einen Anruf, dass ich es in eine engere Auswahl komme und ich wurde gebeten eine Blutprobe abzugeben. Ich habe mich daraufhin mit Kameraden und Freunden unterhalten. Zwei von ihnen haben diesen Ablauf selbst schon mitgemacht. Dass ich jetzt die gleiche Chance habe, habe ich aber erst leicht verzögert realisiert. Der Truppenarzt ist natürlich bei allen Schritten dabei. Er hat mich begleitet und fortlaufend informiert und gab dann grünes Licht für eine Spende. Die letzte Voruntersuchung schafft dann endgültige Gewissheit über die Zulassung zur Spende. Natürlich betreut und informiert mich auch die DKMS umfassend. Informationen und Gespräche rund um die Spende und mögliche Risiken, die natürlich bei der Entnahme auftreten können, bereiten einen gut vor und geben einem schließlich auch nochmal Gewissheit.
Was tust Du für Deine Gesundheit als Spender?
Bei mir dreht sich sehr viel um Sport. Ich gehe regelmäßig ins Fitnessstudio oder laufe gerne mal ein paar Kilometer. Ansonsten bin ich sehr oft auf einem Fußballplatz anzutreffen. Ich bin Spieler, Trainer einer Herrenmannschaft und Schiedsrichter. Gesunde Aktivität bestimmt mein Leben, ich liebe mein Leben. Ich wünsche mir, dass ich irgendjemandem auf der Welt helfen kann, dass sein Leben wieder lebenswert wird.
Es ist total einfach, sich registrieren zu lassen und wirklich Gutes zu tun. Das sollte jeder machen. Es gibt viel zu viele Menschen auf der Welt, die an Blutkrebs leiden und auf Hilfe angewiesen sind. Eine Speichelprobe abzugeben, tut nicht weh, kostet nichts – kann aber Leben retten!
Für Michael ist es selbstverständlich, das Leben anderer zu retten. Seine Knochenmarkspende wurde zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Für ihn jedoch kein Problem. „Nur ein Anruf und ich bin bereit“, verspricht Haamann.