Erster am Verwundeten: Der Medic
Erster am Verwundeten: Der Medic
- Datum:
- Ort:
- Calw
- Lesedauer:
- 3 MIN
Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSKKommando Spezialkräfte) operieren weitgehend autark, inmitten eines Hochrisikoumfelds. Was passiert bei einer Geiselbefreiung oder wenn es Verletzte bei einer Spezialoperation gibt? Häufig sind weit und breit weder Krankenhäuser noch medizinische Infrastruktur vorhanden. Bei ihren Einsätzen ist deshalb immer ein Kommandosoldat mit einer weitergehenden Sanitätsausbildung dabei – der Kommando Medic.
Der Kommandosoldat mit erweiterter Sanitäterausbildung, der sogenannte Kommando-Medic, ist die erste Person an einer zu befreienden Geisel. Denn der Kernauftrag des KSKKommando Spezialkräfte ist die Befreiung deutscher Geiseln im Ausland. Deshalb gilt der oder den Geiseln bei den KSKKommando Spezialkräfte-Spezialoperationen das besondere Augenmerk auf dem Weg in die Sicherheit. Daher wird die Rettungskette, also der Weg vom Punkt der Verwundung bis nach Deutschland ins Krankenhaus, minutiös geplant.
Medic erklärt
Alle Kommandosoldaten sind zur Erweiterten Ersten Hilfe befähigt, dem sogenannten Combat First Responder (CFR). Diese Ausbildung gibt es derzeit in den Befähigungsstufen A, B und C. Der Kommando Feldwebel San (KdoFw San) ist als CFR-C ausgebildet, was der Qualifikation eines Rettungssanitäters entspricht. In einem Kommandotrupp besitzt immer ein Soldat diese Qualifikation: der Kommando Feldwebel San (KdoFw San), kurz „Kommando Medic“. Er ist als Erster an einer befreiten Geisel oder einem Verletzten und ist für die ersten fünf bis zehn Minuten am Patienten sowie für die schnellstmögliche Übergabe an das Personal des KSKKommando Spezialkräfte-Sanitätsspezialzuges (SanSpezZg) verantwortlich. Diese begleiten grundsätzlich die Kommandokräfte bei ihren Einsätzen. Zum SanspezZg gehören Notfallmediziner, Notfallsanitäter und Rettungsspezialisten.
Wie ist der Zustand der Geisel?
Vor Befreiungsoperationen wissen die Kommandosoldaten im besten Fall, was sie erwartet. Bei Geiselbefreiungen etwa kennt der KdoFw San die medizinische Vorgeschichte der Geisel. Dafür hat schon im Vorfeld die Kommandoarztzelle des KSKKommando Spezialkräfte ein Gesundheitsprofil der Geisel erstellt. Darin sind ihre medizinische Vorgeschichte und mögliche Vorerkrankungen zusammengestellt, die für die Befreiung relevant sind. Das können beispielsweise Erkrankungen der inneren Organe oder auch Einschränkungen in der Mobilität sein. Diese Informationen berücksichtigt der Einsatztrupp in der Einsatzvorbereitung und der KdoFw San kann zusammen mit dem Sanitätsspezialzug Vorkehrungen treffen, um die Geisel während der Befreiung optimal versorgen zu können.
„Schon immer hat mein Herz dafür gebrannt“
Stabsfeldwebel Milan R.* ist Master Medic in einer der Kommandokompanien im KSKKommando Spezialkräfte und kennt alle Ausbildungsschritte zum KdoFw San beziehungsweise KdoKommando Medic. Nach Abschluss der zweijährigen Basisausbildung, die alle Kommandosoldaten absolvieren, muss sich jeder Kommandosoldat in einen der Bereiche Fernmelder, Waffenspezialist, Pionier oder, wie Milan R., Sanitätswesen spezialisieren. Persönliche Interessen werden bei der Auswahl berücksichtigt. „Für mich war klar, dass ich Medic werden muss, denn schon immer hat mein Herz dafür gebrannt“, beschreibt Milan R. seine Motivation. Für ihn ist die Begeisterung für die jeweilige Spezialisierung wichtig: „Spezialisierung heißt, sich ständig, aus eigenem Antrieb heraus weiterzubilden und den Anspruch an sich selbst zu haben, sich immer weiterentwickeln zu wollen.“
Die Spezialisierung zum KdoKommando Medic dauert insgesamt rund sechs Monate, drei davon sind Theorie plus zwei Monate Praxis. Dann folgt die Abschlussprüfung und im Anschluss daran die sogenannte Kommandoarztwoche. Hier werden noch einmal verschiedene Lagen, gezielt aus dem Auftragsbereich des KSKKommando Spezialkräfte, theoretisch und praktisch geübt. Hat der Anwärter diese Woche erfolgreich absolviert, trägt er den Status Combat Ready, also einsatzbereit, und ist damit KdoKommando Medic.
100 Prozent Kommandosoldat
Bei den autark und meist fernab jeglicher Infrastruktur agierenden Kommandokräften hat neben der Vorbereitung für den Transport die Wundversorgung und die Wundpflege eines Verwundeten höchste Priorität. „Sie haben lebenserhaltende Bedeutung, denn das größte Risiko eines Verwundeten ist es, infolge der Wundverschmutzung eine Sepsis zu entwickeln und daran zu sterben“, verdeutlicht Milan R. im Gespräch.
Die Aus- und Weiterbildung des KdoKommando Medic findet auch außerhalb der Bundeswehr statt. „Die zivile Ausbildung ist relevant, um zum Beispiel bei akut internistischen, also komplexeren Problemen, handeln zu können“, sagt Milan R. So sind jährlich 80 Stunden beim zivilen Rettungsdienst Pflicht, zusätzlich zu Einsätzen und Übungen zur Weiterentwicklung der eigenen militärischen Fähigkeiten. Milan R.: „Der Hauptauftrag ist, Kommandosoldat zu sein. Trotzdem muss der Medic 100 Prozent geben, denn 80 Prozent Überleben gibt es nicht.“
*Name zum Schutz des Soldaten geändert