Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
- Datum:
- Ort:
- Dresden
- Lesedauer:
- 2 MIN
Es sind die Abendstunden des 29. Dezember vergangenen Jahres. Major Robin G. ist mit seiner Familie auf dem Weg nach Hause. Auf einem Zubringer zur Bundesautobahn 72 nahe Chemnitz bemerkt er im Augenwinkel eine dunkle Gestalt, die über der Autobahnbrücke lehnt. Wie reagiert man in so einer Situation? Weiterfahren? Anhalten?
Der Major ist 36 Jahre alt und seit knapp einem Jahr Hörsaalleiter an der Offizierschule des Heeres in Dresden. Er unterrichtet unter anderen den militärischen Führungsprozess und die Entscheidungsfindung, also elementare Bausteine in der Ausbildung der jungen Soldatinnen und Soldaten. In der Ausbildung greift er auf die Erfahrungen und das Wissen aus seiner bisherigen Dienstzeit zurück. Trotz seines noch jungen Alters war er bereits drei Jahre Chef einer binationalen Fernmeldeeinheit in den Niederlanden auf NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ebene. In dieser Zeit lernte er auch seine heutige Ehefrau kennen. Im vergangenen Jahr zog die kleine Familie in seine alte Heimat nach Sachsen zurück.
Wenn eine Entscheidung das ganze Leben verändert
Major Robin G. dachte nicht lange nach, wendete sein Auto bei der nächsten Gelegenheit und fuhr zurück. „Ich begriff sofort, dass hier akuter Handlungsbedarf besteht. Ich hätte mir das nie verziehen, wenn ich weitergefahren wäre und am nächsten Tag erfahren hätte, was passiert ist.“
Auf der Autobahnbrücke lehnte ein Mann mit einem Bein bereits über der Brüstung, unter ihm die stark befahrene Autobahn. Mit quietschenden Reifen kam das Auto der Familie zum Stehen und der junge Stabsoffizier sprang heraus. Er zog den Mann über das Geländer zurück auf den Fußweg und umklammert ihn behutsam, um ihn zu beruhigen. Seine Frau, die mit dem zwei Monate alten Sohn die Situation vom Auto aus beobachtete, alarmierte währenddessen die Rettungskräfte.
„Die Ausbildung während meiner bisherigen Dienstzeit, insbesondere im Bereich der Menschenführung, aber auch der Einsatz als Kompaniechef waren für mich in dieser Situation sehr nützlich. Durch diese Erfahrungen und das Wissen konnte ich einen kühlen Kopf bewahren und mit dem nötigen Feingefühl auf den Geretteten eingehen“, erzählt der Major rückblickend.
Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte sprach der 36-jährige Chemnitzer mit dem stark alkoholisierten Mann. Dieser befand sich in einer für ihn, aussichtslosen Situation und sah nur noch den Suizid als Lösung. Dank des Familienvaters, der den Betroffenen während der schier endlos vorkommenden Minuten bis zum Eintreffen des Rettungswagens beruhigte, bekam der Suizidgefährdete eine zweite Chance in seinem Leben und eine neue Perspektive. Nach einem kurzen stationären Aufenthalt und einer psychotherapeutischen Behandlung ist der Gerettete nun wieder auf dem Weg der Besserung und bedankte sich bei seinem Lebensretter. Doch nicht nur er. Auch der Leitende Polizeidirektor der Polizeidirektion Chemnitz, Stefan Dörner, dankte dem Offizier für seinen selbstlosen Einsatz. „Auf seine Mitmenschen zu achten und diesen auch zu helfen, das sind Werte unserer Gesellschaft, an denen wir festhalten müssen.“ Solch „couragiertes Handeln“ sei heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr, sagte Dörner.