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Zu Besuch beim Heer

Zivile Führungskräfte erleben Soldatsein hautnah

Zivile Führungskräfte erleben Soldatsein hautnah

Datum:
Ort:
Hammelburg
Lesedauer:
4 MIN

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Ziel der Zeitenwende ist es, die Bundeswehr kriegstüchtig zu machen. Dazu braucht sie auch Multiplikatoren in der Gesellschaft. Die Infanterieschule des Heeres hat deshalb im Sommer 2024 gleich zwei einwöchige „Dienstliche Veranstaltungen zur Information“ (InfoDVag) ziviler Führungskräfte auf die Beine gestellt.

Eine Soldatin und ein Soldat schleppen eine Munitionskiste aus Holz, ein Ausbilder feuert sie an.

Bei Military Fitness werden Bewegungsabläufe geübt, die auch im Gefecht notwendig sind. Die Teilnehmenden der Infoveranstaltung müssen das Gleiche leisten wie Soldatinnen und Soldaten. Denn die „Erfahrung Bundeswehr“ soll echt sein.

Bundeswehr/Benjamin Bendig


Deren Ziel umriss der Schulkommandeur, Brigadegeneral Michael Matz, in seiner Begrüßung: „Sie als Teilnehmende sind unsere Multiplikatoren. Führungskräfte aus der zivilen Wirtschaft, Vertreter der Politik bis auf Bundesebene, Vertreter des öffentlichen Rechtes und hohe Beamte verschiedener Behörden. Sie sind für eine Woche zu uns gekommen, um einen Einblick in die Streitkräfte zu erhalten.“

Die Frauen und Männer zeigten sich beeindruckt davon, welche Aufmerksamkeit ihnen zuteil wurde. Denn neben dem Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, waren Generalleutnant Harald Gante, Kommandeur Feldheer, Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos, und weitere hochrangige Kommandeure des Heeres gekommen, um Vorträge zu halten und mit den Lehrgangsteilnehmenden ins Gespräch zu kommen. Absicht war es, ein möglichst komprimiertes Bild der Streitkräfte zu liefern. „Gut investierte Zeit“, wie Mais anmerkte, denn nur durch „aktives Tun der Truppe“ gelinge die Zeitenwende. 

Erst Einkleidung, dann Gelöbnis

Einblicke bekommt man am besten praktisch: Nach Vorträgen hochrangiger Militärs, die ein umfassendes Bild der Bundeswehr vermittelten, folgten für die zivilen Führungskräfte ihre ersten Schritte als Rekrutinnen und Rekruten: Sie wurden eingekleidet – Feldbluse statt Hemd, Feldhose statt Anzughose und Stiefel statt Halbschuhe – und bezogen ihre Stuben. Dann standen „Militärische Grundlagen“ auf dem Dienstplan, um alle Teilnehmenden auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Und mit dem anschließenden Formaldienst, also dem Exerzieren in Formation, bereiteten sich alle auf das am ersten Abend anstehende Gelöbnis in Thüngen vor.

Angekommen am Planplatz des mit der Bundeswehr verbundenen Ortes hatten sich bereits zahlreiche Bürgerinnen und Bürger als Zaungäste des militärischen Zeremoniells versammelt. Das Heeresmusikkorps Veitshöchheim begleitete das Gelöbnis musikalisch. Bürgermeister Lorenz Strifsky fand Worte des Lobes und Dankes: „Es ist keine Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit, in der die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, zur Bundeswehr zu gehen. Umso mehr gilt mein Dank denjenigen, die für Freiheit, Menschlichkeit und Frieden eintreten.“

Oberstleutnant Andreas Eichhorn hielt während des seit Langem ersten öffentlichen Gelöbnisses eine Rede, in der er das aussprach, was in den Köpfen vieler Soldaten vorgeht: „Die Barbarei ist spätestens mit dem völkerrechtswidrigen Angriff Putins auf die Ukraine nach Europa zurückgekehrt und hat die Debatte um die Kriegstüchtigkeit unserer Armee schneller denn je in unsere Köpfe katapultiert.“

Ein Soldat und ein Zivilist im blauen Anzug schreiten gemeinsam eine Front von Soldaten ab.

Oberstleutnant Andreas Eichhorn, Kommandeur der Lehrgruppe A, und der Bürgermeister der Gemeinde Thüngen, Lorenz Strifsky, schreiten beim Gelöbnis gemeinsam die Front ab. Ein Zeichen der Ehre und Wertschätzung den Angetretenen gegenüber.

Bundeswehr/Benjamin Bendig
Sechs Teilnehmer der InfoDVag geloben mit der Hand auf der Truppenfahne der Infanterieschule

Sechs Teilnehmende der Veranstaltung geloben als Fahnenabordnung mit der Hand auf der Truppenfahne der Infanterieschule. Eine ganz besondere Ehre für die „Militärs auf Probe“.

Bundeswehr/Benjamin Bendig

Die Eidesformel

Dort gelobten die angehenden Soldaten vor zahlreichen Zuschauern, „das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Es folgte die Verleihung der Dienstgrade: Während der Informationsveranstaltung sind die Teilnehmenden Oberleutnant. Danach geben sie diesen Rang zurück.

So viel Aufwand für eine Woche? Wofür müssen die Uniformierten den Schwur ablegen und wieso überhaupt in Uniform? Kommandeur Matz beschreibt es so: „Nur ein Soldat kann beurteilen, was es ausmacht, Soldat zu sein. Die Teilnehmer erfahren Grundlagenausbildungen aus den verschiedensten Bereichen, inklusive all dem, was zum Soldatenberuf dazugehört wie beispielsweise körperliche Belastung und Ausnahmesituationen, denen man so im Zivilleben nicht ausgesetzt ist.“ Nur so könne man Erfahrungen schaffen, die nachhaltig wirken und ein realistisches Bild des Soldatenberufes vermitteln.

Höher, weiter, schneller

Die Führungskräfte wurden innerhalb der Ausbildungswoche über die sicherheitspolitische Lage und ihre Folgen für die Bundeswehr unterrichtet. Der Schwerpunkt lag jedoch auf der Praxis. So ist die Lehr- und Trainingsbahn zur Förderung der Teams ein fester Bestandteil der ersten Tage – sie soll die Gruppen zusammenschweißen und sie erfahren lassen, wie militärisches Führen funktioniert. „Viele Köche verderben den Brei, so lautet ein Sprichwort, und genau das wird hier vermittelt. Einer muss Entscheidungen treffen und als Führer agieren“, erklärte der Hörsaalleiter der teilnehmenden Männer und Frauen. Was nicht bedeute, dass andere Teilnehmer keine Ideen und Anregungen einbringen können. Am Ende sei es eine Gruppenleistung.

Auch das Schießen mit Handwaffen, der Umgang mit Verwundeten, der Kletterturm und das Führen militärischer Fahrzeuge standen auf dem Dienstplan. All das, damit die Lehrgangsteilnehmenden am Donnerstag die Abschlussprüfung bestehen konnten: einen durch einen ausgebildeten Infanteriegruppenführer geführten Orts- und Häuserkampf, wie er Soldatinnen und Soldaten auf ein mögliches Gefecht in Ortschaften vorbereitet. Diese Aufgabe verlangte den Frauen und Männern der DVag zum Ende noch einmal alles ab.

Ein Teilnehmer seilt sich vom Kletterturm ab.

„Natürlich ist es auch eine gewisse Grenzerfahrung, diese wird mir aber immer in Erinnerung bleiben“, kommentiert ein Teilnehmer den Ausbildungsabschnitt am Kletterturm

Bundeswehr/Andrea Rippstein

Meinung und Motivation

Die Teilnehmenden zeigten sich begeistert von dem, was sie in einer Woche erlebt hatten: „Ich dachte wirklich, wir werden im Rahmen dieser Woche ‚abgefrühstückt‘ und nach Hause geschickt. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Wir durften hautnah erfahren, was der Soldatenberuf alles mit sich bringt. Es war eine prägende Erfahrung, die mein Leben bereichert hat und mir lange in Erinnerung bleiben wird“, sagte eine Teilnehmerin am Ende der Veranstaltung.

Die beim Heer gemachten Erfahrungen sind sogar alltagstauglich, bestätigt ein Oberleutnant: „Ich habe hier einiges für mein ziviles Berufsleben mitnehmen können, vom militärischen Führen bis hin zum Thema Resilienz. Das militärische ist anders als das zivile Berufsleben, definitiv ist es aber nicht schlechter. Ich kann diese Veranstaltung nur wärmstens empfehlen.“

Eine Woche Soldatsein im Schnelldurchlauf

  • Zwei Soldaten legen einer Soldatin die zwei Schulterstücke an.

    „Herzlichen Glückwunsch, Frau Oberleutnant!“, beglückwünschen Brigadegeneral Michael Matz und ein Ausbilder eine Teilnehmerin. Das Schulterstück verrät den Dienstgrad. Und ein Dienstgrad macht Zivilisten zu Soldaten.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Ein General mit rotem Barett und Brille lächelt einer Soldatin zu, die vor ihm steht.

    Auch der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, schaut bei der Ausbildung der Teilnehmenden der Infoveranstaltung zu. Trotz sengender Hitze und großer Anstrengung sind alle gut gelaunt und top motiviert.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Ein Soldat liegt mit einem Gewehr im Anschlag und zielt, ein Ausbilder hockt daneben.

    Die Teilnehmenden sollen die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt und welche Gedanken man hat, wenn der Schuss mit einem Sturmgewehr bricht. Großer Respekt vor der Waffe und ein gewisses Maß an Aufregung sind allen anzumerken.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Von einem Podest aus schleudert ein Soldat eine Holzkiste an einem Seil, Soldaten stehen hinter ihm

    Die Lehr- und Trainingsanlage: Es ist eine Hindernisbahn, die nur in der Gruppe überwunden werden kann. Kreatives Denken und teils unkonventionelle Lösungen sind gefragt. Dies regt den gruppendynamischen Prozess an.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Drei Soldatinnen mit Sprechsatz schauen aus den Luken eines Militärfahrzeuges.

    Eine Mitfahrt in einem militärischen Fahrzeug, hier auf dem GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer, entlockt so manchem Teilnehmenden ein breites Grinsen. Und Überraschung: Nach einer kurzen Testfahrt muss der „Kommandant“ führen, nicht wie im zivilen Leben der Fahrer.

    Bundeswehr/Andrea Rippstein
  • Zwei Soldaten hocken neben einem liegenden Soldaten, zwei Ausbilder kontrollieren das Verhalten.

    Ein Aspekt des soldatischen Berufes: der Umgang mit Verwundung und Tod. Die Teilnehmenden erhalten einen Einblick in die sanitätsdienstliche Versorgung des Heeres und müssen danach die erlernten Fähigkeiten in einem realistischen Szenario anwenden.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Ein Nebeltopf wurde geworfen, zwei Soldaten rennen dahinter mit einer Munitionskiste

    „Sie werden schmutzig und schwitzen, und werden vielleicht fluchen, aber das Gefühl, es gemeinsam geschafft zu haben, ist der Wahnsinn“, so ein Ausbilder an der Station Infanteriekampfbahn. Auf ihr werden taktische Situationen nachgestellt.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Ein General am Rednerpult während der Begrüßung, im Hintergrund eine Leinwand

    Brigadegeneral Michael Matz, Kommandeur der Infanterieschule, erläutert den teilnehmenden Männern und Frauen den Ablauf der Veranstaltung

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
von Thomas Heinl

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