Heer
Übung Holsteiner Husar

Im Gefechtsmarsch durch den Norden

Im Gefechtsmarsch durch den Norden

Datum:
Ort:
Eutin
Lesedauer:
5 MIN

„Alpha an alle, wie hören Sie mich?“ Mit diesen Worten beginnt der frühe Montagmorgen des 14. Juni für die Holsteiner Aufklärer. Die zweiwöchige Übung Holsteiner Husar des Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“ ist Teil der Brigadeübung Haffschild. An diesem kühlen Morgen in Ostholstein ist noch niemandem bewusst, dass zwei intensive Wochen in Trockenheit und Hitze auf die Soldatinnen und Soldaten zukommen.

Im Vordergrund ein taktisches Schild, das den Weg in den Verfügungsraum des Bataillons weist. Dahinter zwei fahrende Lkw.

Im Gefechtsmarsch legen die Marscheinheiten des Bataillons die rund 320 Kilometer von Eutin nach Jägerbrück zurück

Bundeswehr/Lennart Linke

Die Funküberprüfung war erfolgreich, schon rollen die ersten beiden Spähwagen Fennek noch vor 5 Uhr aus dem Kasernentor. Ihr Auftrag: „Spähtrupp auf der Marschstraße“ für das darauffolgende Bataillon. Sie erkunden die Gangbarkeit der Marschwege und klären möglichen Feind auf. Im Zweifelsfall suchen sie auch Möglichkeiten der Umgehung und melden das an die nachfolgende Marschkolonne. „Gefechtsmarsch bedeutet dabei, dass die Marscheinheiten des Bataillons mit stetiger Feindbedrohung rechnen, ganz wie in der Einsatzrealität eben. Die Nähe zwischen Übung und Einsatzrealität ist in der Vorbereitung für Einsätze unverzichtbar“, beschreibt ein verantwortlicher Planer für die Übung.

Die Aufklärer haben einen weiten Weg vor sich. Vom heimischen Eutin bis zum Truppenübungsplatz Jägerbrück liegen etwa 320 Kilometer vor den Marscheinheiten. Bis zum Abend haben es die knapp 300 teilnehmenden Soldaten in die Verfügungsräume geschafft und stellen die Einsatzbereitschaft her. Dazu gehört auch die feldmäßige Betankung, um für die nächsten Tage gewappnet zu sein.

Üben, üben, üben

Zwei Soldaten liegen in einer Sandsack-Stellung und feuern mit ihren Gewehren auf die Schießbahn.

Sicherheit geht vor: Soldaten des Bataillons feuern beim Gruppengefechtsschießen unter den aufmerksamen Blicken des Leitungspersonals aus ihren Stellungen.

Bundeswehr/Timm Ritter

Die Übung ist Teil der Vorbereitung auf die Mission enhanced Forward Presence in Litauen, der Beistandsinitiative an der Ostflanke der NATO. Es gilt, Szenarien des hochintensiven Gefechtes abzubilden und zu üben. Die Handhabung der Waffen ist für jeden Soldaten Auftrag und Lebensversicherung zugleich. Die erste Woche vom Holsteiner Husaren nutzen alle Kompanien genau dafür: Schießausbildung – egal, ob persönliche Standardwaffe vom Typ G36, die Granatpistole oder die schweren Waffen, wie die Panzerfaust und das Maschinengewehr MG3.

Die Anforderungen steigen

Ein Soldat liegt in Stellung hinter einem lafettierten Maschinengewehr.

Ausbildung: Auch schwere Waffen, wie die Panzerfaust oder hier das Maschinengewehr MG3 auf Lafette, müssen von den Aufklärern blind beherrscht werden

Bundeswehr/Timm Ritter

Für alle Waffen und deren Bedienung gilt: Schießen lernt man durch Schießen. Auch das sogenannte Gruppengefechtsschießen üben die Soldaten in einem hochintensiven Szenario. Das Schießen aus der großen Gruppe heraus mit unterschiedlichen Waffen ist für die Soldaten mit komplexen Anstrengungen verbunden und genau deswegen wird geübt. Hier kommt es besonders darauf an, zu koordinieren und zu kommunizieren. Die Leistung des jeweiligen Gruppenführers ist stets abhängig von der Zuarbeit, der Kommunikation innerhalb seiner Gruppe. „Für den Zusammenhalt und das kameradschaftliche Gefüge sind solche Ausbildungsabschnitte essenziell und äußerst wichtig“, erklärt ein Ausbilder.

Mit Drill zum Erfolg

Ein mit Buschwerk getarnter Spähpanzer Fennek steht auf sandigem Untergrund. Aus den Luken schauen zwei Soldaten.

Die Spähtrupps der „Roten Zwoten“ nutzen die weitläufigen Schießbahnen in Jägerbrück für Ausweichdrills. Der Kommandant muss die Ziele beobachten und schnell bewerten.

Bundeswehr/Timm Ritter

Die Spähtrupps der 2. Kompanie, der „Roten Zwoten“, nutzen die weitläufigen Schießbahnen in Jägerbrück für Ausweichdrills. Im Speziellen ist hier der Kommandant bei der Beobachtung der Ziele gefragt. Für den Aufklärer, der sich weit hinter den feindlichen Linien bewegt, ist das Szenario eines plötzlich auftreffenden Feindes eine reale Bedrohung. In solchen Duellsituationen sind die Aufklärungskräfte zumeist zahlenmäßig unterlegen. Sie weichen in solchen Begegnungsgefechten kämpfend aus.

Wer viel schwitzt, muss viel trinken

Ein Soldat feuert im Wald stehend auf Ziele.

Üben, üben, üben: Auch abgesessen sind die Aufklärer auf plötzlich auftretenden Feind vorbereitet

Bundeswehr/Timm Ritter

Das Ausweichen unter Feinddruck ist ein Schwerpunkt der Ausbildung. Sowohl ab- wie auch aufgesessen machen eingefahrene Standards in solchen Gefechtssituationen den Unterschied zwischen Leben und Tod, also Erfolg oder Scheitern. Entsprechend muss das Ausweichen im Drill ausgebildet werden und die Abläufe in Fleisch und Blut übergehen. Bei 40 Grad im Schatten mit komplettem Gefechtsanzug ist das ein schweißtreibendes Unterfangen. „Die hohen Temperaturen, gepaart mit der staubigen Trockenheit des Übungsplatzes, bringen Mensch und Material zum Teil an die Belastungsgrenze. 4.000 Liter Wasser wurden dafür unbürokratisch und schnell aus Berlin zu der übenden Truppe nachgeführt“, beschreibt ein Soldat aus dem Logistikbereich.

Gemeinsam mit der Kampftruppe

Auf einer staubigen Straße fahren ein Spähpanzer Fennek und ein Schützenpanzer Marder hintereinander.

Das Zusammenwirken von Aufklärern und Kampftruppe nimmt im Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung einen wichtigen Platz ein und wird genauso geübt

Bundeswehr/Andreas Fischer

Am Wochenende zwischen den beiden Übungswochen steht der Höhepunkt des „Holsteiner Husaren“ auf dem Dienstplan: die freilaufende Gefechtsübung, also unter Einbeziehung von urbanem Gelände. Losgelöst vom Truppenübungsplatz üben die Soldaten mit ihren Gefechtsfahrzeugen in einer sich ständig ändernder Umgebung. Die Kompanien haben so noch einmal Gelegenheit, ganz spezifische Ausbildungsinhalte zu trainieren und auf Schwachstellen einzugehen. Für die „Rote Zwote“ heißt das, spähen und mit der Kampftruppe zusammenwirken. Seit der Fokussierung auf das hochintensive Gefecht in der Landes- und Bündnisverteidigung ist der enge Schulterschluss zwischen den Aufklärern und der Kampftruppe immer wieder einer der Schwerpunkte und wird auch im Aufklärungsbataillon 6 „Holstein“ bei der Holstein-Übungsserie regelmäßig trainiert.

Freund oder Feind

Durch eine Optik mit Fadenkreuz sind zwei getarnte Schützenpanzer Marder zu erkennen.

Die Rückführung und Aufnahme durch die eigene Stellungstruppe der Grenadiere ist für die Aufklärer ein besonders gefährlicher Moment

Bundeswehr/Andreas Fischer

Die Aufklärer sind meist weit vorn im Raum der Gefechtsstreifen unterwegs. Zwischen eigener Kampftruppe und dem vermuteten Gegner sammeln sie Informationen rund um die feindlichen Kräfte. Ein sehr sensibler Punkt ist dabei die Aufnahme der Spähtrupps. Für die Infanterie ist nicht immer sofort klar, sind es eigene Aufklärer oder schon die ersten generischen Gefechtsfahrzeuge. Die eigene, durch Kampftruppe gestellte Sicherungstruppe nimmt dabei die Aufklärer auf, die aus der Richtung des Feindes kommen. Enge Koordination und Absprachen und die dabei zuvor festgelegten Erkennungszeichen sind hierbei essenziell, um friendly fire, also das Feuer auf die eigene Truppe, zu vermeiden.

Aufklärungsdrohnen in der Luft

Ein Fluggerät LUNA auf dem Startkatapult.

Die Luftgestützte unbemannte Nahaufklärungsausstattung (LUNALuftgestützte unbemannte Nahaufklärungsausstattung) war in den Wochen fast Tag und Nacht in der Luft und wird auch in Litauen zum Einsatz kommen

Bundeswehr/Lennart Linke

Dem einen oder anderen Soldaten geht es nach einiger Zeit schon fast auf die Nerven: ein ständiges Surren am Himmel. Hat man sich beim Schießen etwa einen Tinnitus geholt? Nein, die 4. Kompanie ist mit ihren Systemen zur unbemannten abbildenden Aufklärung, umgangssprachlich Drohnen, in der Luft. Tag und Nacht klären die Systeme mit Luftbildern die Umgebung auf. Die Systeme LUNALuftgestützte unbemannte Nahaufklärungsausstattung 8 (Luftgestützte unbemannte Nahaufklärungsausstattung) und KZOKleinfluggerät für Zielortung (Kleinfluggerät für Zielortung) fliegen dabei so niedrig, dass man sie deutlich hören kann. Auch diese Systeme werden teilweise in Litauen eingesetzt und sind somit auch wichtiger Teil der Übungswochen „Holsteiner Husar“.

Eigene Tarnung überprüfen

Eine Drohne startet in der Dämmerung von einem Anhänger aus.

Die Aufklärung aus der Luft deckt sehr schnell große Geländeabschnitte ab. Mit dem Kleinfluggerät zur Zielortung (KZOKleinfluggerät für Zielortung) verfügt das Bataillon über eine weitere umgangssprachliche Drohne.

Bundeswehr/Henry Cröger

Das Bataillon setzt dabei auf einen weiteren praktischen Vorteil der Luftaufklärung. „Wann sonst als auf einer solchen Übung können wir unsere eigenen Soldaten besser überprüfen“, beschreibt ein Luftbildauswerter. Denn wie kann die eigene Tarnung besser überprüft werden, als wenn man ein „fliegendes Auge“ über die eigenen Stellungen hinwegfliegen lässt? So können die Aufklärer sehen, ob die eigene Tarnung sie selbst vor gegnerischer Aufklärung schützt. Getreu dem Motto: Sehen, ohne selbst gesehen zu werden – auch aus der Luft.

Zeit für ruhige Töne

Im Vordergrund ein Altartuch mit Kerzen und Keksen auf einer Motorhaube, im Hintergrund Soldaten mit Liedertexten

Auch die Motorhaube eines Geländewagens ist ein brauchbarer Altar. Für viele der Soldaten des Bataillons ist der Feldgottesdienst mittlerweile gute Tradition.

Bundeswehr/Lennart Linke

Auch die „Hitzeschlacht“ von Jägerbrück endet irgendwann – Zeit für etwas Besinnlichkeit. Der traditionelle Feldgottesdienst gehört für viele Eutiner Soldaten mittlerweile zum Übungsplatz wie das Verpflegungspaket EPA (Einmannpackung) oder das Schlafen im Zelt. Und es gab einen Quartalsabschlussappell der etwas anderen Art. Die Schießbahn 14 war der Appellplatz, die Besatzungen sind aufgesessen auf ihren Fahrzeugen. Der Kommandeur, Oberstleutnant Tobias Aust, sprach von seiner beweglichen Befehlsstelle, einem Transportpanzer Fuchs, per Sprechfunk zu seinen angetretenen sprich „aufgefahrenen“ Männern und Frauen. Um eine Vermischung der festen Übungsgruppen zu vermeiden und den Hygieneauflagen gerecht zu werden, lauschten die Soldaten an oder in ihren in Reih und Glied aufgefahrenen Fahrzeugen über das Funkgerät. Diese ungewöhnliche Situation transportiert eine ganze Menge, ganz andere „Gefechtsfeldromantik“.

Eine Totalaufnahme von den Gefechtsfahrzeugen des Bataillons, in Reih und Glied auf einer Schießbahn.

Aufgrund der Kohortenregelung ein etwas anderes Antreten: Die Soldaten verbleiben auf ihren Gefechtsfahrzeugen während der Kommandeur per Sprechfunk mit seinen Männern und Frauen spricht.

Bundeswehr/Timm Ritter

Am Freitag ging es – natürlich im Gefechtsmarsch – zurück ins heimische Ostholstein. „Ein intensiver, lehrreicher aber sehr erfolgreicher Übungsplatzaufenthalt geht zu Ende“, resümiert Kommandeur Aust.

von Lennart Linke

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