Heer
Übung Wettiner Heide

Aufklären, sprengen, schießen

Aufklären, sprengen, schießen

Datum:
Ort:
Bergen
Lesedauer:
5 MIN

1.962 Kilometer misst die Strecke zwischen dem niedersächsischen Bergen und dem Übungsgelände bei Cagliari auf Sardinien in Italien. Von Bergen bis in die Altmark sind es gerade einmal 168 Kilometer. Und dennoch verbindet diese drei Orte ein gemeinsames Ziel. Mit den Übungen Wettiner Heide in Bergen, Wettiner Schwert im Gefechtsübungszentrum in der Altmark und Noble Jump auf Sardinien zeigt die Landbrigade der Very High Readiness Joint Task Force (VJTFVery High Readiness Joint Task Force ) ihre Kampfbereitschaft und Flexibilität. 

Ein Raketenwerfer feuert auf einem Feld eine Rakete und erzeugt dabei weißen Rauch und Feuer.

Auf dem Truppenübungsplatz Bergen trainieren die Soldatinnen und Soldaten der Artillerie mit dem Raketenwerfer MARSMittleres Artillerieraketensystem II im scharfen Schuss

Bundeswehr/Mario Bähr

Während in der Mittelmeerregion vorrangig die Kampftruppe des multinationalen Gefechtsverbands übt, erhöhen in Niedersachsen rund 2.500 Soldatinnen und Soldaten der Unterstützungskräfte ihre Leistungsfähigkeit. Sie gehören zur Artillerie, den Heeresaufklärungskräften, zu den Heereslogistikern, den Pionieren, zu den Führungsunterstützern oder den ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräften, die der VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Brigade für ihren NATO-Auftrag temporär unterstellt sind. Die Übung Wettiner Heide findet auf einem Schießübungsplatz statt, wie die Truppe sagt. Hier wird bei Gefechtsschießen im scharfen Schuss geübt, gesprengt, mit dem Raketenwerfer geschossen, instandgesetzt und gefunkt. Die Übung Wettiner Heide ist aufgrund ihrer unterschiedlichen Teilnehmer und ihrer individuellen Übungsvorhaben extrem vielseitig. Hier können die Bataillone und zugeordneten Truppenteile, die zur VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Landbrigade gehören, ihre individuellen Fähigkeiten weiter ausbauen – nach eigener Maßgabe und Kreativität. Eine Riesenchance für die Truppe. Wir haben vier Truppengattungen auf der Übung begleitet.

Mit Drohnen und Raketen in den Himmel

Das Artillerielehrbataillon 345 ist in Idar-Oberstein stationiert. Für den VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Auftrag wuchs es zu einem multinationalen Verband auf, in dem neben Deutschen auch Belgier und Niederländer dienen. In Bergen üben diesmal die Soldatinnen und Soldaten der Raketenartillerie mit ihrem MARSMittleres Artillerieraketensystem II-Raketenwerfer sowie der Drohnenzug mit seinem Aufklärungssystem KZOKleinfluggerät für Zielortung (Kleinfluggerät für Zielortung) und der Wettertrupp. Er liefert mittels einer Sonde, die an einem Heliumballon befestigt ist, wichtige Daten über die Atmosphäre und verbessert so die Treffergenauigkeit der Artilleriewaffensysteme. Zusätzlich ist in der Heide der Bataillonsgefechtstand aufgebaut, der zusätzlich als „Spinne im Netz“ die Verbindung zur Artillerietruppe bei der Übung Noble Jump auf Sardinien hält.

  • Ein Raketenwerfer auf Ketten fährt über einen staubigen Feldweg, aus der Luke schaut ein Soldat.

    Der Raketenwerfer MARSMittleres Artillerieraketensystem II ist ein automatisiertes Waffensystem der Artillerie, das Flugkörper unterschiedlicher Wirkungsweise verschießen kann. Mit dem Werfer können Ziele bekämpft und gleichzeitig Wurfminensperren angelegt werden.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Mehrere Soldaten stehen auf einer Lichtung neben einem Panzer und beladen ihn mit Raketen.

    In den Raketenwerfer MARSMittleres Artillerieraketensystem II passen zwölf Raketen. Er kann die Munition per Fernsteuerung aufnehmen. Dazu wird kein zusätzlicher Kran benötigt.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Nach der Schussabgabe: Ein Raketenwerfer steht eingehüllt von leuchtenden Rauchwolken im Gelände.

    Der Raketenwerfer MARSMittleres Artillerieraketensystem II erhält alle wichtigen Informationen zum Schießen per Datenfunk

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Mehrere Soldaten lassen auf einer Lichtung einen roten Ballon steigen.

    Mit den Daten einer Wettersonde werden die Flugbahnen und Trefferlagen der Granaten und Raketen vorher genau berechnet. Somit treffen die Waffensysteme bereits mit dem ersten Schuss. Hierfür nutzt die Wettergruppe spezielle Heliumballons.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Zwei Raketenwerfer feuern nachts auf einem Feld Raketen ab und erzeugen Rauch und helles Feuer.

    Gerade für die Kraftfahrer ist das Manövrieren des Raketenwerfers MARSMittleres Artillerieraketensystem II bei Dunkelheit schwierig. Bei der Übung Wettiner Heide wird der Schuss mit dem Artilleriesystem daher bei Tag als auch bei Nacht geübt.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Aus einem Lastwagen wird eine Drohne mit Feuerstrahl auf einem Feldweg gestartet.

    Umgangssprachlich als Drohne bezeichnet, liefert das KZOKleinfluggerät für Zielortung (Kleinfluggerät für Zielortung) Luftbilder für die eigene Truppe. Die Artillerie kann somit potenzielle Ziele orten. Beim Start wird sie mit einem Booster in die Luft katapultiert.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Eine Drohne hängt unter blauem Himmel an einem grünen Fallschirm.

    Bei der Landung hängt das KZOKleinfluggerät für Zielortung an einem Fallschirm. Der Aufprall der Aufklärungsdrohne auf dem Boden wird mit Airbags an der Unterseite abgefedert.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Mehrere Soldaten bergen eine weiße Drohne mit einem Lastwagen auf einer Wiese.

    Nach der Landung wird das KZOKleinfluggerät für Zielortung, eine Aufklärungsdrohne, von Soldatinnen und Soldaten geborgen. Das Fluggerät kann nach einer Inspektion und Vorbereitung wiederverwendet werden.

    Bundeswehr/Mario Bähr

Durchschlagen nach der Aufklärungsmission

Bei strömendem Regen schlagen sich die Soldaten des Aufklärungsbataillons 13 aus Gotha durch die Heide. Als Heeresaufklärer haben sie den Auftrag, der übergeordneten Führung wichtige Informationen beispielsweise über die Struktur und Zahl der feindlichen Einheiten und Kämpfer sowie über das Gelände zu liefern.

Im Übungsszenario wird der Aufklärungstrupp mit zwei Spähwagen des Typs Fennek angegriffen. Ein Fahrzeug ist beschädigt und die „Bravo“-Besatzung muss ausbooten, sprich das beschädigte Fahrzeug zurücklassen und unter Nebel rasch ausweichen. Nun müssen sie sich zu Fuß bis zu einem festgelegten Sammelpunkt durchschlagen. Beim Ausbooten gibt das zweite Fahrzeug Deckungsfeuer mit dem Maschinengewehr oder der Granatmaschinenwaffe. Die Herausforderung: Die ausweichenden Soldaten werden entdeckt und müssen den Feind mit ihren Handwaffen bekämpfen. 

  • Mehrere getarnte Radpanzer stehen nebeneinander auf einer nassen, grauen Betonfläche.

    Soldatinnen und Soldaten des Aufklärungsbataillons 13 nutzen beim Gefechtsschießen den Spähwagen Fennek. Er kann mit unterschiedlichen Waffensystemen ausgestattet werden.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Zwei getarnte Radpanzer stehen hintereinander am Wegesrand im grünen Wald.

    Aufklärungskräfte mit zwei Spähwagen Fennek: Im Szenario wird eines der Fahrzeuge beschädigt. Die Besatzung muss sich zu Fuß durchschlagen.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Radpanzer steht in einer betonierten Stellung auf einem Hügel. Dahinter zünden Nebelgranaten.

    Unter dem Einsatz von Nebelgranaten entsteht eine Wand aus weißem Rauch. Hinter ihr werden die Soldaten zügig das beschädigte Fahrzeug verlassen, um sich der Sicht des Feindes zu entziehen.

    Bundeswehr/Mario Bähr

Mit Plastiksprengstoff und G36

Die Pioniere nutzen den Übungsplatzaufenthalt, um ihre Schießfertigkeiten zu festigen. Dazu üben sie erstmalig gemeinsam mit den Panzergrenadieren des Panzergrenadierbataillons 212 aus Augustdorf. Das Kampftruppenbataillon wurde erst kürzlich im Zuge der aktuellen Umgestaltung des Heeres in Leichte, Mittlere und Schwere Kräfte der Panzergrenadierbrigade 37 unterstellt. Sie sind jedoch nicht in den aktuellen NRFNATO Response Force-Auftrag eingebunden. Bei dem gemeinsamen Gefechtsschießen nutzen die Grenadiere ihren Schützenpanzer Puma. In einem realen Szenario sichern sie das Vorgehen der Pioniertruppe, etwa beim Anlegen einer Sperre und bieten ihnen bei Gefahr Deckungsfeuer. 
Neben dem Gefechtsschießen festigen die Pioniere aus Gera ihre Fähigkeiten im Umgang mit explosivem Material. So müssen sie auch in der Lage sein, Baumsperren zu legen, Brücken zu sprengen oder Türen, Befestigungen und Sperren des Feindes zu öffnen. Dazu nutzen die Soldaten unterschiedliche Werkzeuge und Materialien wie Sprengmittel. In Bergen wird erstmalig Sprengfolie eingesetzt. Sie wurde bis dato vorwiegend von Spezialkräften genutzt. Die Folie ist ein hochexplosiver, dünner, synthetischer Sprengstoff, mit dem etwa Türen geöffnet werden können.

  • Zwei Soldaten mit blauen Handschuhen wickeln eine Schnur um einen Baum auf einer Freifläche.

    Bei einer Baumsprengung wird die Sprengschnur um den Stamm gewickelt. Die Dicke des Baumstammes bestimmt die Anzahl der Wicklungen.

    Bundeswehr/Panzerpionierbataillon 701
  • Auf einer Freifläche detoniert Sprengstoff. Ein Feuerball entsteht.

    Bei der Übung Wettiner Heide bilden sich die Pioniere aus Gera mit einem Belehrungssprengen weiter. Hier kommen unterschiedliche Sprengmittel zum Einsatz.

    Bundeswehr/Panzerpionierbataillon 701
  • Zwei Soldaten liegen mit dem Gewehr im Wald in Stellung und schießen.

    Bei Wettiner Heide trainieren die Pioniere des Panzerpionierbataillons 701 aus Gera im scharfen Schuss

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein schreiender Soldat kniet neben einem Baum. Dahinter steht ein Radpanzer im Wald.

    Beim Zuggefechtsschießen wird nicht nur der Schuss mit den Waffen geübt. Das Führungspersonal testet gleichzeitig seine Führungsfähigkeiten.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Soldat schaut aus einem Panzer und schießt mit einem Maschinengewehr.

    Auf dem Transportpanzer Fuchs nutzt ein Schütze das bewährte Maschinengewehr MG3 auf einer Drehringlafette. Er unterstützt die abgesessenen Kräfte.

    Bundeswehr/Mario Bähr

Aus dem Gefecht in die Werkstatt

Mit einem ohrenbetäubenden Quietschen nähert sich ein Transportpanzer Fuchs der Instandsetzungshalle. Die Truppe bringt ihn direkt aus dem Gefechtsdienst. Zügig muss das beschädigte Fahrzeug repariert werden. Sowohl im Ernstfall als auch während des Übungsbetriebes arbeiten die Mechaniker aus dem Versorgungsbataillon 131 aus Bad Frankenhausen Tag und Nacht daran, Schäden zu reparieren, damit die Truppe ihren Auftrag zeitnah fortsetzen kann. Neben den Instandsetzungskräften besteht das Bataillon noch aus Versorgungs- und Transportkräften, dem Stab sowie den unterstellten Sanitätskräften. Für ihren NATO-Auftrag ist das Bataillon zu einem multinationalen Combat Service Support Battalion aufgewachsen. Die Heereslogistiker versorgen die gesamte VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Landbrigade mit Material und Dienstleistungen. Sie koordinieren den reibungslosen logistischen Ablauf. Die Herausforderung: „Das Bataillon muss mithilfe von drei Versorgungspunkten die Truppe sowohl in Sardinien also auch im Gefechtsübungszentrum und bei der Übung Wettiner Heide in Bergen versorgen, und das gleichzeitig“, erklärt Bataillonskommandeur Oberstleutnant Sven Heidel die komplexe Aufgabe.

In einem Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung sind die Kräfte als ein Hochwertziel besonderer Gefahr ausgesetzt. Deshalb übt das Bataillon bei der Übung Wettiner Heide unter gefechtsnahen Bedingungen. Dazu gehört auch die Nutzung örtlicher Infrastruktur, das Anlegen von Tarnungen sowie Anpassungen an das Gelände. „Bei der Übung Wettiner Heide werden wir durch die Bürger unterstützt. Die Resonanz ist sehr positiv“, bedankt sich Kompaniechef Hauptmann Matthias P. bei den Anwohnern aus dem niedersächsischen Kleinburgwedel. 

  • Ein Radpanzer steht vor einer grauen Halle und wird durch Soldaten repariert.

    Ein beschädigtes Allschutz-Transportfahrzeug Dingo muss binnen kürzester Zeit repariert werden. Dazu bringen es die Soldaten in den Instandsetzungsbereich. Die Reparatur kann sowohl in Hallen als auch im Gelände erfolgen.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Zwei Soldaten stehen neben einer geöffneten Tür eines gepanzerten Fahrzeugs und reparieren sie.

    Bei einem geschützten Führungs- und Funktionsfahrzeug Eagle V muss der Türmechanismus repariert werden. Die schwere, gepanzerte Tür lässt sich nicht mehr schließen.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Unter dem Dachüberstand einer Halle steht ein Lastwagen, getarnt mit Palletten.

    In Kleinburgwedel nutzen die Soldaten des Versorgungsbataillons 131 aus Bad Frankenhausen auch sogenannte Gerümpeltarnung. Somit passt sich der Alarmposten an die vorhandene Umgebung an, um nicht gleich aufgeklärt zu werden.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Unter dem Tarnnetz stehen grüne Zelte und ein Container neben Bäumen auf einer Wiese.

    Die genaue Ausdehnung des Bataillonsgefechtstandes wird durch Tarnung verschleiert, die grüne Umgebung hilft dabei

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Draußen vor einer Halle wird bei Sonne ein Lastwagen mit einem Gabelstapler entladen.

    Die Halle eines zivilen Unternehmers, der die Truppe im Übungsszenar unterstützt, wird kurzerhand zum Umschlagplatz für Versorgungsgüter

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Auf einer Wiese neben Häusern stehen grüne Container und Fahrzeuge mit rotem Kreuz auf weißem Kreis.

    Die Sanitätskräfte der VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Brigade sind dem multinationalen Versorgungsbataillon unterstellt. In Bergen üben sie an einer Rettungsstation.

    Bundeswehr/Mario Bähr

Für die Panzergrenadierbrigade 37 „Freistaat Sachsen“ ist das Jahr 2023 ein besonderes. Solange ist sie neben ihrer Aufgabe als NATO Response Force (NRFNATO Response Force) – Land zusätzlich die VJTFVery High Readiness Joint Task Force , die Speerspitze der NATO-Landstreitkräfte. Für ihren fordernden Auftrag hält sich die Truppe mit diversen Übungen ständig einsatzbereit. Aktuell zeigt die VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Brigade bei drei verschiedenen Übungen, dass sie an unterschiedlichen und weit entfernten Orten gleichzeitig operieren kann und baut damit ihre vielseitigen Fähigkeiten und Einsatzoptionen weiter aus. 
Ende des Jahres steht eine Brigade, die im Zuge ihres NATO-Auftrages konsequent an der eigenen Professionalität gearbeitet hat. Sie wird ihre Fähigkeiten auch künftig am Ernstfall ausrichten und somit kaltstartfähig sein.

von Peter Müller
Landes- und Bündnisverteidigung

Die VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Brigade übt

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