Heer
Search and Clear Operation

Wenn sich der Feind hinter der eigenen Linie versteckt

Wenn sich der Feind hinter der eigenen Linie versteckt

Datum:
Ort:
Grafenwöhr
Lesedauer:
4 MIN

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Beim dritten und letzten Teil der Übungsserie Taurus 2024 müssen die Spezialisierten Kräfte des Fallschirmjägerregiments 31 aus Seedorf den Feind im eigenen Hinterland nahe der Front aufspüren und bekämpfen. Dabei wird auch ein Scharfschützentrupp eingesetzt.

Ein Soldat schießt mit einem Gewehr aus einer Fensteröffnung.

Bei dem dritten und letzten Teil der Übungsserie Taurus 2024 trainieren die EGBErweiterte Grundbefähigung-Fallschirmjäger in einem Szenario den Kampf gegen einen Feind, der sich in einer Ortschaft auf eigenem Gebiet versteckt und von da aus operiert

Bundeswehr/Carl Schulze

Was vielen Menschen nicht bewusst ist: Im Falle eines Angriffs wird der Feind Lücken in der Verteidigung nutzen und versuchen, Sabotageaktionen in Deutschland, quasi in unserem Rücken diesseits der Front, durchzuführen. Ziele könnten sein: wichtige Infrastruktur, belebte Orte wie Bahnhöfe und Flughäfen oder auch Munitions- und Treibstoffdepots, Brücken, Atom- und Wasserkraftwerke.

Um den feindlichen Spezialoperationen begegnen zu können und die Menschen zu schützen, bedarf es spezieller Fähigkeiten, die immer wieder trainiert werden müssen. Damit können die Fallschirmjäger mit Erweiterter Grundbefähigung (EGBErweiterte Grundbefähigung) den Feind soweit eindämmen, bis weitere eigene Kräfte zur Wirkung kommen.

Feindliche Spezialoperation oder Irrtum?

Das Übungsszenario: Die Signalaufklärung hat erhöhten Funkverkehr in einem Tal mit kleinen Ortschaften entdeckt. Die EGBErweiterte Grundbefähigung-Fallschirmjäger haben nun die Aufgabe, eine sogenannte Search and Clear Operation umzusetzen, also Feindkräfte aufzuspüren und zu vernichten. Die Ortschaften sind bereits menschenleer. Dort müssen die Soldaten, relativ auf sich gestellt, die Quelle dieser Funkabstrahlung finden, sie verifizieren und ausschalten.

Heute herrscht gute Sicht. Es ist ein lauer Herbsttag mit leichtem Wind. Der Scharfschützentrupp hat sich bereits angenähert und Blick auf das Objekt, in dem der Feind vermutet wird.

Im Fadenkreuz

Unten im Tal gehen derweil die Assault-Züge vor, also die angreifenden EGBErweiterte Grundbefähigung-Kräfte. Leise und zügig arbeiten sie sich Schritt für Schritt durch die Gebäude. Plötzlich eröffnet ein feindlicher Schütze das Feuer. Sofort nehmen die Soldaten drillmäßig ihre Formation ein und bekämpfen die ersten Feinde. Dabei arbeiten sie sich weiter durch die Gebäude. Die drei Scharfschützen sind an einer Höhe so in Stellung gegangen, dass sie einen weiten Blick auf das Vorgehen der eigenen Truppe im Tal haben. Jetzt ist Feuer aus den Maschinengewehren sowie einer Granatmaschinenwaffe (GMWGranatmaschinenwaffe) zu hören. Der GMWGranatmaschinenwaffe-Trupp hält den Feind nieder und bindet ihn.

Ein Scharfschütze hat das Ziel seines Angriffs entdeckt. Auf 600 Meter nimmt er den feindlichen Schützen, der den eigenen Kräften gefährlich wird, ins Fadenkreuz. Dann erhält der Scharfschütze den Feuerbefehl und krümmt ab. „Hit“, quittiert der Spotter, also sein Beobachter, den Treffer. Ziel für Ziel arbeitet er die Aufträge ab, zugunsten der Kräfte im Tal. Nach 20 Minuten ist die Gefahr ausgeschaltet.

Zwei Soldaten gehen mit Gewehren durch dunkle Räume.

Wegen des erhöhten Funkverkehrs, den eigene Kräfte bemerkt haben, werden nun die Gebäude einer Ortschaft, in welcher der Feind vermutet wird, Raum für Raum durchsucht

Bundeswehr/Carl Schulze

Die Zeiten des alten Ghillies sind vorbei“

„Wir sind Taurus Sierra, die Scharfschützengruppe der 2. Kompanie des Fallschirmjägerregiments 31“, sagt einer der Soldaten später. Die Kameraden arbeiten immer „tailored to mission“. Das bedeutet: Je nachdem, was der Auftrag erfordert, wird der Trupp gegliedert und ausgestattet. „Sind wir lange draußen als Vorauskräfte eingesetzt, müssen wir über mehrere Tage durchhaltefähig sein.“ Dann tragen diese Soldaten große Rucksäcke und dafür eine leichtere Schutzausstattung. Geht es um kurze Missionen, steht ihr Eigenschutz höher im Fokus.

Und spätestens im urbanen Umfeld kämpfen die Scharfschützen auch mit schusssicheren Westen und Helm. „Wir haben eine breite Ausstattung“, beschreibt der Soldat. Allerdings habe sich in den letzten Jahren technologisch extrem viel getan. Beispielsweise haben sich die Sniper einen Jagdrucksack aus raschelfreiem Lodenstoff besorgt. Er ist im Vergleich zu anderen Modellen sehr leise beim Tragen und die Waffe kann von außen mit zwei Clips befestigt werden, um schneller verfügbar zu sein. Das spart viel Zeit, die im Ernstfall über Leben oder Tod entscheidet. „Wenn ich – wie hier in dem Search and Clear-Szenario – herangeführt werde mit meinem Trupp und schnell Stellung beziehen soll, zählen wertvolle Sekunden, um schussbereit zu sein.“

Inzwischen gibt es für Scharfschützen ballistische Schutzausstattungen sowie infrarotbeständige Schnelltarnung, um die Durchhaltefähigkeit und den Schutz weiter zu steigern. „Die Zeiten des alten Ghillie Suits, des klassischen Tarnüberzugs der Scharfschützen, sind vorbei“, fügt der Schütze hinzu. Durch moderne Optronik sind alle Schützen, egal in welcher Tarnkleidung, auf dem Gefechtsfeld besser aufklärbar.

Ein Fazit

Freilich kommt es nicht nur auf die moderne Ausstattung an, sondern auch auf die Leistungsfähigkeit der Truppe, ihre Professionalität im Zusammenwirken mit anderen Kräften wie der Pioniertruppe, den Heeresfliegern und der Luftwaffe. Durch die starke Orientierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung konnten während der gesamten Übungsserie Taurus 2024 viele Erkenntnisse gesammelt werden, um die Truppe, insbesondere die EGBErweiterte Grundbefähigung-Kräfte des Heeres, weiter voranzubringen und ihr Einsatzspektrum im Sinne der Kriegstauglichkeit zu erweitern.

von Peter Müller

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