Übung Keilersprung zum Jubiläum
Übung Keilersprung zum Jubiläum
- Datum:
- Ort:
- Oldenburg
- Lesedauer:
- 6 MIN
Das Unterstützungsbataillon Einsatz 1 gehört zu den Divisionstruppen der 1. Panzerdivision. Der Ergänzungstruppenteil ist in Oldenburg stationiert und besteht komplett aus Reservistendienstleistenden. Das nicht-aktive Bataillon setzte 2018 sein erstes Übungsvorhaben um. 2023 begeht es nun das Jubiläum seiner fünfjährigen Ausbildungstätigkeit mit der Übung Keilersprung.
„… nächster Punkt: Dreieckskreuzung, Nordwestrand Gellener Moor, 542 943, nächster Punkt: T-Kreuzung, im Rockenmoor, 552 971 …“ Nach und nach gibt Oberstleutnant Ulf G., der S3-Offizier des Bataillons während der Befehlsausgabe den Einheitsführern des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 die Durchlaufpunkte für den Gefechtsmarsch an. Auftrag der Soldaten des Bataillons ist es, zu Fuß eine Übergangstelle an der Weser nördlich von Elsfleth zu erreichen. Dort sollen sie dann mit Schlauchbooten des schweren Pionierbataillons 901 übergesetzt werden. Die Kompanien und Züge des Bataillons sind im Wald rund um den Ort der Befehlsausgabe auf dem Standortübungsplatz Oldenburg untergezogen. Überall treffen Soldaten letzte Vorbereitungen für den Marsch, überprüfen ihre Ausrüstung, füllen Wasserflaschen.
Das Wetter verlangt den Reservistendienstleistenden einiges ab. Über zwei Stunden sind sie jetzt unterwegs. Auf Wegen und Pfaden marschieren sie durchs Gellener Moor. Gerade passieren sie den ersten Durchlaufpunkt. Es regnet in Strömen. Wasser tropft von den Feldmützen und der Ausrüstung der Soldaten. Alles, was nicht wasserdicht verpackt ist, ist nass. Aber warten, bis es aufhört zu regnen, ist keine Option. Gilt es doch, die Übergangsstelle an der Weser bei Einbruch der Dämmerung zu erreichen.
Schwerpunkt der Übung Keilersprung des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 ist ein Gefechtsmarsch inklusive Gewässerübergang über die Weser. Dabei sollen die Soldaten des Bataillons üben, sich unter Belastung in einem unbekannten Gelände zurechtzufinden. Der Marsch umfasst eine Wegstrecke von etwa 25 Kilometern, die zu Fuß zurückzulegen ist, sowie eine Wegstrecke, die mit Fahrzeugen absolviert wird. Das Marschziel befindet sich auf dem Standortübungsplatz Garlstedt, wo auf die Soldatinnen und Soldaten ein Folgeauftrag wartet. Neben Soldaten des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 nehmen an der Übung Keilersprung auch ein paar Kameraden des befreundeten 10 Natresbataljon der Nationalen Reserve der Niederlande teil.
In Schlauchbooten über die Weser
Knicklichter markieren den Pfad zum Weserufer. Es regnet immer noch. Im Schutz der Uferböschung wartet die erste Gruppe Soldaten des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 darauf, dass sie von den Pionieren aufgenommen wird. Die Reservistendienstleistenden sind mittlerweile trotz Schutzbekleidung, nass bis auf die Knochen. Einige plagen Rückenschmerzen vom Tragen des Gefechtsrucksacks, andere haben Blasen. Aufgeben kommt für sie aber nicht infrage.
Von irgendwoher ist das Brummen von Motoren zu hören. Dann tauchen in der verregneten Abenddämmerung plötzlich drei Schatten auf dem Fluss auf. Schnell kommen sie näher. Mittlerweile ist zu erkennen, dass es sich dabei um Schlauchboote handelt. Kurze Zeit später legen diese am sandigen Ufer der Weser an. Jetzt muss es schnell gehen. Die Infanteristen des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 hasten zu den Booten, gehen ohne Zeitverzug an Bord. Bereits wenig später legen die Boote wieder ab, jagen in voller Fahrt in Richtung gegenüberliegendes Ufer. Am jenseitigen Ufer gehen die Infanteristen an Land, sammeln sich und setzen dann ihren Marsch zum Zielpunkt fort. Nur wenige Hundert Meter von der Uferzone entfernt, werden sie von Fahrzeugen aufgenommen. „Geschafft!“
Gefechtsausbildung
Den Rest der Nacht verbringen die Reservisten auf dem Standortübungsplatz Garlstedt im Biwak. Geschlafen wird in Zwei-Mann-Zelten oder Schrägdächern. Die Wärme des Schlafsacks und eine Tasse heißer Tee sind für die Frauen und Männer jetzt einen Hauch von Luxus.
„Contact Front!“, hallt es wieder und wieder durch den Biwakraum. Der Samstagmorgen ist ganz der Gefechtsausbildung gewidmet. Auf verschiedenen Freiflächen üben die niederländischen und deutschen Reservistendienstleistenden jetzt das Verhalten beim überraschenden Auftreffen auf Feind sowie das Ausweichen und Lösen vom Gegner. „Schlüssel zum Erfolg sind beim Contact Drill Feuer und Bewegung“, erklärt Hauptfeldwebel Ralf H. „Das Ausweichen erfolgt überschlagend, während ein Trupp Deckungsfeuer schießt, sprintet der andere ein Stück zurück und eröffnet dann seinerseits das Feuer. Wenn das neue Deckungsfeuer steht, weicht der zweite Trupp aus. Eignet sich das Gelände schließlich zum Lösen vom Feind, weichen beiden Trupps bis auf eine Höhe aus. Das ist dann die sogenannte Base-Line. Unter dem Einsatz von Nebeltöpfen und nochmaligen, massiven Feuer, löst sich der Trupp nun vom Feind, zum Beispiel in dem er hinter einer Erhebung verschwindet.“
Auftrag für acht Spähtrupps
„Sie, eingesetzt als Spähtrupp, haben den Auftrag bis 17.30 Uhr zu überprüfen, ob verschiedene Straßen und Wege, die von Westen und Süden nach Albstedt führen, von Lkw genutzt werden können! In Albstedt melden sie Ihre Aufklärungsergebnisse dem Chef der 2. Kompanie“, lautet der Folgeauftrag den die Reservistendienstleistenden am Mittag im Biwakraum erhalten.
Bereits eine Stunde später bahnen sich acht Spähtrupps in Gruppenstärke ihren Weg in Richtung Albstedt. Sie passieren Ortschaften und Waldstücke, machen immer wieder Beobachtungshalts. Dabei prüfen die Soldaten auftragsgemäß, ob sich Straßen und Wege für die Nutzung durch Lkw eignen.
Auftrag ausgeführt! Bis 17.30 Uhr haben alle Spähtrupps ihr Ziel in Albstedt erreicht und ihre Meldung mit den Aufklärungsergebnissen beim Chef der 2. Kompanie abgegeben. Für die Reservistendienstleistenden, die für ein Wochenende ihre Zivilkleidung gegen die Uniform in Flecktarn getauscht haben, sind die Entbehrungen der Übung damit vorbei. „Ich bin neu beim Bataillon“, erklärt Fähnrich Mathias H. während er seine Eindrücke vom Wochenende schildert: „Aufgrund des Ukrainekriegs habe ich mich nach 25 Jahren entschlossen wieder Reservistendienst zu leisten. Es macht Riesenspaß, ich werde gefordert, bin wieder draußen. Früher war ich mal Fallschirmjäger und solange ich noch kann, möchte ich auch weitermachen.“
Stetige Ausbildung
Zum Abschluss der Übung Keilersprung und um das fünfjährige Jubiläum des Unterstützungsbataillon Einsatz 1 zu begehen, ist das Bataillon auf einer Wiese in Albstedt angetreten. Oberstleutnant Marco Wolfermann, der Kommandeur des Verbandes, blickt in die müden, aber glücklichen Gesichter seiner über 80 Übungsteilnehmer. „Ich danke Ihnen allen dafür, dass Sie ohne zu wissen, was Sie erwartet, an dieser Übung teilgenommen haben, gekämpft und sich durchgebissen haben!“, eröffnet der Kommandeur seine Rede. In ihrem weiteren Verlauf lässt er dann die vergangenen Jahre Revue passieren: „Am 30. November 2017 habe ich den Auftrag bekommen, dieses Bataillon aufzustellen. Zu dieser Zeit war das Bataillon nicht viel mehr als ein Aktenordner. Bereits im März 2018 führten wir dann ein erstes Ausbildungsvorhaben durch, damals mit nur zwölf Soldaten. Beim zweiten waren wir dann schon 25. 2018 und 2019 folgten Truppenübungsplatzaufenthalte in Jägerbrück und wir sind stetig gewachsen. Auch unter den schwierigen Bedingungen der Corona-Pandemie haben wir im Rahmen der Möglichkeiten weitergemacht. Wir führten 2020 und 2021 Übungen auf den Standortübungsplätzen von Münster durch. Dabei trainierten wir auch den Lufttransport mit Mehrzweckhubschraubern NHNATO-Helicopter-90 trainieren. 2022 folgte ein weiteres Highlight in Form der Orts- und Häuserkampfausbildung auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg. Wir haben einen Weg hinter uns, auf den wir stolz sein können!“
In fünf Jahren hat sich das Bataillon von einem Aktenordner zu einem lebendigen Ergänzungstruppenteil entwickelt, der Teil der starken Reserve des Heeres ist und auf den die 1. Panzerdivision jederzeit zählen kann.