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Mindener Pioniere werden binational

Mindener Pioniere werden binational

Datum:
Ort:
Minden
Lesedauer:
4 MIN

Zum 1. Oktober wird das Panzerpionierbataillon 130 aus Minden umgegliedert zum Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillon 130. Eine Kompanie dieses Bataillons wird durch die British Army gestellt, da die britischen Kameraden, genau wie die Bundeswehr, mit der Schwimmschnellbrücke Amphibie M3 arbeiten.

Ein britischer Soldat in Uniform steht vor der Amphibie M3 in Minden.

Captain Gibson in Minden. Bereits vor seiner jetzigen Verwendung hat er Erfahrung mit der Amphibie M3 gesammelt.

Bundeswehr/Mario Kissel

Diese Umgliederung kann die Fähigkeit der NATO zum Überwinden großer Gewässer aus einer Einheit heraus und damit besser gesteuert werden. Captain George Gibson ist der erste britische Offizier im Stab der Mindener Pioniere. Im Interview gibt der Pionier einen Einblick in die deutsch-britische Zusammenarbeit und sein besonderes Arbeitsumfeld.

Hauptmann Gibson, die deutsch-britische Heereskooperation reicht zurück bis ins Jahr 1972. Wann begann für Sie die Arbeit an diesem gemeinsamen Projekt und warum wurden Sie dafür ausgewählt?

Hauptmann Gibson: Meine Arbeit beim 23 Amphibious Engineer Squadron begann im August 2019 als Planungsoffizier. Ich hatte Glück, dass ich ausgewählt wurde und innerhalb der amphibischen Welt in meiner neuen Rolle beim deutsch-britischen Pionierbrückenbataillon 130 bleiben darf. Ich wurde hierfür ausgewählt, da ich bereits über einige Erfahrung mit der Amphibie M3, der Schwimmschnellbrücke, als auch mit der Arbeit beim Panzerpionierbataillon 130 verfüge. Tatsächlich reicht die deutsch-britische Zusammenarbeit viel weiter zurück als nur bis in das Jahr 1972, als deutsche und britische Pioniere bei Artlenburg in Niedersachsen einen gemeinsamen Brückenschlag initiierten. Jedes Jahr, am 1. August, gedenken wir der Tapferkeit der deutschen und britischen Soldaten, die in der Schlacht bei Minden 1759 gemeinsam gegen die französische Armee kämpften. Es ist sehr spannend zu sehen, dass unsere beiden Nationen wieder in der Stadt, in der unsere Vorfahren vor so vielen Jahren schon zusammenarbeiteten, wieder Seite an Seite stehen.

Ein britischer Soldat sitzt in seinem Büro mit einer britischen Flagge.

Ein Stück Heimat: Die Union Flag, die Flagge des Vereinigten Königreichs, schmückt das Dienstzimmer des britischen Offiziers

Bundeswehr/Mario Kissel

Wie sah die deutsch-britische Zusammenarbeit hier in Minden in den letzten Jahren aus und wie wird sie sich in Zukunft gestalten?

Seit 2014 haben wir hier nur einen Zug Zeitsoldaten sowie einen Zug Reservistendienstleistende stationiert, die mit der M3 arbeiten. Seitdem unterstützen wir das Panzerpionierbataillon 130 häufig auf großen NATO-Übungen, wie zum Beispiel die Übung Anakonda sowie bei kleineren Aufträgen. Im Jahr 2019 haben wir begonnen, unsere Einheit hier mit deutlich mehr Soldaten und Fahrzeugen zu verstärken, sodass wir jetzt eine ganze Kompanie in Minden stellen können. Im Oktober 2021 wird die 23 Amphibious Engineer Squadron offiziell Teil des neuen deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons 130. Dann wird das Bataillon über zwei deutsche Amphibienkompanien, eine britische Amphibienkompanie sowie eine deutsche Faltschwimmbrückenkompanie verfügen. Ab diesem Zeitpunkt werden wir dann als ein Bataillon üben und noch deutlich enger zusammenarbeiten.

Zwei Soldaten besprechen sich an der Wandtafel.

Die Vorhaben der nächsten Jahre werden koordiniert: Captain Gibson im Gespräch mit dem Planungsoffizier des Panzerpionierbataillons 130.

Bundeswehr/Mario Kissel

Welche Aufgaben werden Sie übernehmen, sowohl im 23 Amphibious Engineer Squadron als auch im Stab des Pionierbrückenbataillons 130?

Meine Aufgabe als Planungsoffizier im Stab wird sein, die Ausbildung, Übungen und weiteren Aufgaben des Bataillons mit den deutschen Kameraden der Planungsabteilung (S3) zu koordinieren. Wobei mein Schwerpunkt darauf liegen wird, die Ausbildung zwischen den deutschen Kompanien und der britischen Kompanie abzustimmen. Ich denke, wenn wir unsere Interoperabilität steigern, werden wir in der Lage sein, sowohl der NATO als auch unseren jeweiligen Nationen eine deutlich verbesserte Fähigkeit zum Überwinden von Gewässern zur Verfügung zu stellen.

Welche Chancen sehen Sie für eine deutsch-britische Zusammenarbeit? Was können wir voneinander lernen?

Es gibt vieles, was wir voneinander lernen können. Unsere Amphibien unterscheiden sich zwar minimal voneinander, jedoch funktionieren sie auf die gleiche Weise. Deutsche und britische M3 können sich sogar direkt verbinden, um Fähren oder Brücken zu bilden.

Mehr dazu auf folgendem YouTube-Link:

https://www.youtube.com/watch?v=K1vLr1n6Jco

Obgleich es Ähnlichkeiten der Amphibien gibt, haben deutsche und britische Pioniere doch andere Arbeitsweisen im Umgang mit den Fahrzeugen an Land und im Wasser entwickelt. Ein Schwerpunkt wird es deshalb sein, Teams zu kreieren, in denen die Erfahrungen und Arbeitsweisen ausgetauscht werden und wir dadurch voneinander lernen können. Das Ziel ist es, die besten Herangehensweisen beider Nationen zu analysieren und sie zu standardisieren, sodass wir dann gemeinsam als eine Einheit daraus hervorgehen.

Warum wollten Sie Soldat werden, warum Pionier?

Schon immer habe ich eine besondere Freude am Reisen und an Abenteuern und mit der Army kann ich beides kombinieren. Für die Royal Engineers habe ich mich bewusst entschieden, da wir weltweit sowohl in Krisengebieten als auch in Friedenseinsätzen unterstützen. Ich habe bereits militärisches Patrouillentraining in den schwedischen Bergen absolviert, im Mittelmeer Bauprojekte unter Wasser fertiggestellt und mit den Vereinten Nationen im Südsudan gearbeitet. Das Motto der Royal Engineers lautet: „Ubique“ (dt.: überall). Das beschreibt meine Karriere ziemlich gut.

Was haben Sie in Ihrer Zeit vor der British Army gemacht?

Ich habe Physiotherapie an einer Universität studiert und dann in unterschiedlichen Krankenhäusern gearbeitet. Ich habe auch mit einem Profifußballteam zusammengearbeitet, musste dann aber feststellen, dass ich es als befriedigender empfinde, mit Patienten zu arbeiten, die intensivere Hilfe benötigen.

Was war Ihr größter Kulturschock in Deutschland und was haben Sie bisher hier am meisten genossen?

Mein größter Schock bisher war der Besuch einer traditionellen deutschen Sauna. Ich wurde sehr schnell von einer nicht bekleideten und ziemlich wütenden Dame der Sauna verwiesen. Erst dachte ich, ich wäre in die Frauensauna gelaufen, aber dann wurde mir klar, dass meine Badehose der Stein des Anstoßes war. Ich habe mich dann im besten Deutsch, das ich aufbringen konnte, entschuldigt und bin kurze Zeit später, wie Gott mich schuf, zurückgekehrt. Bisher habe ich die Reisen durch die wunderschönen Landschaften und Städte Deutschlands sehr genossen. Meine schönste Erfahrung bis jetzt war eine Fahrradtour von Trier nach Koblenz, entlang der Mosel, und durch einige der schönsten Weintäler des Landes.

von Mario Kissel