Heer
Militärseelsorge

Soldaten besuchen die Synagoge Dresden

Soldaten besuchen die Synagoge Dresden

Datum:
Ort:
Dresden
Lesedauer:
2 MIN

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Ende Juni hat mit Zsolt Balla der erste Militärrabbiner seinen Dienst in der Bundeswehr aufgenommen. Dies weckte viel Interesse und Neugierde, woraufhin sich die X. Inspektion der Offizierschule des Heeres (OSHOffizierschule des Heeres) entschied, das Thema Antisemitismus praktisch bei einem Besuch der Dresdner Synagoge aufzugreifen.

Frontfassade der Synagoge in Dresden aus Sandstein mit der Prägung „Jüdische Gemeinde zu Dresden“

Die 2001 errichtete Neue Synagoge befindet sich am Altstadtufer der Elbe

Synagoge Dresden/Norbert Millauer

Die Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Dr. Nora Goldenbogen, war sofort angetan von der Idee, der militärischen Gruppe aus der OSHOffizierschule des Heeres die Thematik nahezubringen. Gemeinsam mit einer Kollegin nahm sie ihre Zuhörer mit auf eine Reise in die letzten 200 Jahre deutscher Geschichte und legte dabei den Fokus nicht auf die Zeit, die vom Nationalsozialismus oder der Schoa geprägt war. Vielmehr skizzierte sie das verzerrte Bild des „Juden“, das sich anhand von Klischees und Stereotypen bis heute in vielen Köpfen gehalten hat – oft auch unbewusst.

Vergangenheit und Gegenwart verknüpfen

Mehrere Soldaten sitzen an einem Tisch und hören einer Zivilistin zu

In einer offenen Gesprächsrunde spricht Dr. Nora Goldenbogen aus persönlicher Sicht über das jüdische Gemeindeleben in Dresden seit 1949 in den beiden deutschen Staaten

Bundeswehr/Sven Böhme

So erfuhren die Soldaten, wo bestimmte Begrifflichkeiten und Verknüpfungen ihren Ursprung geschichtlich haben: Zum Beispiel das Motiv oder Vorurteil „des reichen Juden“, der aus der Geschichte des Zinsennehmens hervorgegangen ist. Christen war es im Mittelalter auf Grund strenger religiöser Vorgaben verboten, Zinsen zu erheben. Geldgeschäfte und das Verleihen von Geld oblag somit zumeist den jüdischen Bürgern. Gleichzeitig galt die Tätigkeit des Geldverleihens als sündhaft, weshalb die Juden, die dieses Gewerbe ausübten, von den christlichen Gemeinden ausgegrenzt wurden.
Aus der eigenen Lebensgeschichte heraus skizzierten beide Referentinnen weitere Angriffe und Erschwernisse, die ihren Alltag heute begleiten. So knüpften sie Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Ausnahmesituation Pandemie

Außenansicht der Synagoge Dresden mit hebräischer Schrift und einem messingfarbenen Davidstern

In unsicheren und beängstigenden Zeiten – wie der einer Pandemie – sucht der Mensch nach Erklärungen. Und teilweise nach Schuldigen.

Synagoge Dresden/Norbert Millauer

All diese Klischees und Stereotypen brechen immer wieder im Hier und Jetzt hervor, besonders in der Coronakrise. In dieser unsicheren Zeit suchen die Menschen nach Erklärungen. Leider kommt es dabei auch vermehrt zu Anfeindungen gegenüber Juden. Auf die Frage, woher diese gegenwärtige Abneigung kommen könnte, habe man keine Antwort.
Die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder in Dresden wuchs mit der Ankunft der zahlreichen Spätaussiedler aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. Menschen, die mit der Absicht nach Deutschland kamen, Schutz zu finden und die Möglichkeit suchten, friedlich ihren Glauben zu leben, sehen sich nun wieder angefeindet. Aus Angst davor verzichten einige von ihnen mittlerweile darauf, sich offen zu ihrem jüdischen Glauben zu bekennen. Tendenzen, die für die Gemeinde deutlich spürbar sind.

Das Gift Antisemitismus

Mehrere Soldaten und eine Zivilistin stehen in einem Innenhof mit Abstand zusammen.

Die Soldaten der OSHOffizierschule des Heeres erhalten als erste Besuchergruppe in der Neuen Synagoge seit dem Beginn der Pandemie einen persönlichen Einblick in das heutige jüdische Leben in Deutschland

Bundeswehr/Sven Böhme

Dr. Goldenbogen war bei ihren Ausführungen sehr offen, authentisch und erzählte mit erfrischendem Humor aus ihrem Alltag und dem Leben der Gemeinde. Der Besuch in der jüdischen Gemeinde Dresden war für alle Beteiligten ein Augenöffner, dass jüdisches Leben in Dresden existiert und Antisemitismus schon im Kleinen große Auswirkungen auf den Alltag der betroffenen Menschen haben kann. Auf Menschen, die im Wesentlichen einfach nur friedlich ihrem Alltag nachgehen und ihre Religion praktizieren möchten. Es sind unsere Nachbarn, unsere Freunde, unsere Kameraden. Der Besuch der Dresdner Synagoge hat den Teilnehmenden gezeigt, wie weit verbreitet alltäglicher Antisemitismus und Rassismus sind. Jeder einzelne Soldat und Staatsbürger in Uniform muss aktiv zuhören und diese Mechanismen erkennen, um aufzustehen, um Antisemitismus und anderen Hassideologien innerhalb und außerhalb der Bundeswehr keinen Raum zu lassen.

von Sven Böhme

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