Heer
Übung Haffsprung

„Schwertwal an alle!”

„Schwertwal an alle!”

Datum:
Ort:
Münster
Lesedauer:
6 MIN

Das Panzergrenadierbataillon 908 hat bei der zweiwöchigen Übung Haffsprung seine ganze Ausbildungsbandbreite unter Beweis gestellt. Zudem wächst der Verband stetig. 100 Reservistinnen und Reservisten zusätzlich konnten innerhalb von zwei Monaten gewonnen werden.

Mehrere Soldaten stehen in einem Zelt um einen Kartentisch herum und zeigen darauf.

Ein Novum beim Panzergrenadierbataillon 908: Erstmals seit seinem Bestehen bildet der Ergänzungstruppenteil seine Soldaten im eigenen Gefechtsstand aus, angeleitet von Kameraden der Panzergrenadierbrigade 41

Bundeswehr/Marco Linke

Die Sonne steht hoch über der Lützow-Kaserne in Münster-Handorf. Gleißendes Licht, drückende Hitze, kein Wind. Es ist Anfang September. Zwischen zwei Gebäudeblöcken stehen mehrere Zelte, zwei Lkw 2t mit Funkkabine. Antennen recken sich in den wolkenlosen Himmel, ein leises Summen ist zu hören. In den warmen Zelten herrscht geschäftiges Treiben. Dort steht die Luft, es ist eng und düster. Soldaten lehnen dicht gedrängt über Karten an den Wänden, Schweißperlen auf der Stirn. Plötzlich ein Knacken im Funkgerät. Zwei Fernmelder nehmen mit konzentriertem Blick einen Funkspruch entgegen, schreiben das Gehörte nieder. Dann einer von ihnen mit fester Stimme: „Feindmeldung bei: 48 30 43 78 42. Sirene meldet: Zwei feindliche BMP (Anm.: Schützenpanzer sowjetischer Entwicklung) vernichtet.”

Die aktive Truppe unterstützt

Wir befinden uns mitten auf dem Gefechtsstand des Panzergrenadierbataillons 908, während der zweiwöchigen Übung Haffsprung. Ein Novum: Seitdem der Verband vor 15 Jahren neu aufgestellt wurde, werden zum ersten Mal die Soldatinnen und Soldaten der Operationszentrale des Ergänzungstruppenteils ausgebildet. Doch ohne Unterstützung geht es nicht. Deshalb stehen den Reservistinnen und Reservisten aktive Soldatinnen und Soldaten der Abteilung Militärische Ausbildungsunterstützung (MilAusbUstg) der Panzergrenadierbrigade 41 tatkräftig zur Seite.

Die technische Ausrüstung stellt der Patenverband, das Panzergrenadierbataillon 411, die Räumlichkeiten vor Ort das Heimatschutzregiment 2. Denn im Gebäude nebenan sitzen Soldatinnen und Soldaten der Abteilung MilAusbUstg an Computern und am Funk. Ein Beamer wirft Tabellen und Listen an die Wand. Hier wird die fiktive Lage auf dem Gefechtsfeld kreiert, auf welche die Männer und Frauen draußen im Gefechtsstand reagieren müssen. Ein vorher besprochenes Lagebild wird eingespielt: Hiernach befindet sich das Panzergrenadierbataillon 908 mit seinen Kompanien im Großraum Mecklenburg-Vorpommern im verzögerten Gefecht.

Doch die vorgegebene Situation ist vor allem taktisches Vehikel zur Basisausbildung. Es geht hier nicht um Können, sondern um Ausbildung. Längst hat die Panzergrenadierbrigade 41 die Notwendigkeit erkannt, auch ihre Reservistinnen und Reservisten im äußerst komplexen System Gefechtsstand aus- und weiterzubilden. Die Stabsabteilungsleiter der 908er und ihr Team lernen hier sich selbst zu organisieren und folgend alle Abläufe zu standardisieren. Es gibt die Lagekarte, das Einsatztagebuch, die Funkbetriebssprache und vieles mehr, die es zu beachten und zu koordinieren gilt.

Die unterschiedlichen Ausbildungs- und Kenntnisstände der eingesetzten Reservistinnen und Reservisten und die dadurch erforderliche Zusammenführung aller ist nur eine der Herausforderungen. Ziel bleibt, dass sich alle außerhalb eines Unterrichtsraumes kennenlernen und einen im besten Fall reibungslosen Ablauf eines aktiven Gefechtsstandes erleben. Doch die Lernkurve geht steil nach oben. Die Reservistinnen und Reservisten sind überdurchschnittlich motiviert, wissbegierig und zeigen ihren Ausbildern gegenüber eine hohe Bereitschaft Dinge anzunehmen und folgend auch umzusetzen. Die Offiziere der Ausbildungsunterstützung sind hochzufrieden.

Fahrausbildung auch bei Nacht

Ein grünes Fahrzeug hat sich im Schlamm festgefahren, ein Soldat versucht es freizuschaufeln.

Während der Ausbildung auf dem Truppenübungsplatz Dorbaum kommt es immer wieder zu unvorhersehbaren Situationen, die mit Geschick und Kraft gelöst werden

Bundeswehr/Marco Linke

Unweit des Gefechtsstandes erhalten einige Reservisten in diesen Tagen den letzten Schliff zum ITInformationstechnik-Soldat Streitkräfte und können somit ihre dienstpostengerechte Ausbildung erfolgreich abschließen. Auch in Sachen Fernmeldewesen setzt das Bataillon neue Maßstäbe: Gerade erst in den Streitkräften eingeführt, bilden die 908er mit Unterstützung der aktiven Kameraden vom Panzergrenadierbataillon 411 den Operator für das neue Führungsinformationssystem der Bundeswehr Sitaware aus.

In der Mitte der Lützow-Kaserne, unweit der Truppenküche, betreibt 908 obendrein zwei Feldküchen, die für die 100 Übungsteilnehmenden, etwa 80 Reservistinnen und Reservisten und 20 Aktive, die Mittag- und Abendverpflegung gewährleisten. Dank der Unterstützung des vor Ort stationierten I. Deutsch-Niederländischen Corps wird neben dem täglichen Zubereiten der Speisen auch ausgebildet: Reservisten, die im zivilen Leben bereits gelernte Köche sind, lernen, wie und mit welcher Ausstattung bei der Truppe gekocht wird.

Außerhalb der Lützow-Kaserne, auf dem Truppenübungsplatz Dorbaum, werden andere Soldaten der 1. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 908 als Kraftfahrer aus- und weitergebildet. Mit eigenen Ausbildern sowie mit Unterstützung des Versorgungsbataillons 7 befahren sie ein ums andere Mal mit verschiedenen Fahrzeugtypen wie dem Mercedes-Benz Greenliner, Toyota Land Cruiser oder Lkw MAN 5-Tonner, die mitunter anspruchsvollen Wege. Und obwohl es drückend heiß und der Boden vermeintlich trocken ist, gibt es im Wald noch tückische Stellen, die dem einen oder anderen Fahrerneuling auch gleich zum Verhängnis werden. Doch führt dies direkt zum nächsten Ausbildungsschwerpunkt: Wie berge ich ein im Morast festgefahrenes Fahrzeug? In Vorbereitung auf die Übung Allied Spirit im kommenden Jahr durchlaufen die Reservisten in den folgenden Nächten eine Fahrausbildung bei eingeschränkter Sicht mit entsprechenden Nachtsichtmitteln.

Die Kampfkompanie verlegt per Helikopter

Ein Hubschrauber steht auf einer Wiese, Soldaten verlassen ihn, ein weiterer weist hockend den Weg.

Zwei Züge der 2. Kompanie werden per Mehrzweckhubschrauber NHNATO-Helicopter-90 im Gelände abgesetzt. In einem fingierten Konflikt treten sie in einer 72-Stundenübung gegeneinander an. Sie sollen eine strategisch wichtige Eisenbahnbrücke verteidigen bzw. zerstören.

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Die 2. Kompanie, eine von drei Kampfkompanien des Verbandes, wird dieses Mal in einen Alpha- und einen Bravo-Zug geteilt. Diese werden während der geplanten Zwei-Parteien-Übung gegeneinander antreten. Getrennt voneinander üben die Grenadiere noch einmal intensiv die Grundlagen des abgesessenen Kampfes: Waldkampfformationen, Spähtrupp, Deckungs- und Sturmgruppe, Spreng- und Blendtrupp, Sturm und Einbruch. Viele von ihnen haben bereits an den vorangegangenen, übers Jahr verteilten Ausbildungswochenenden des Bataillons teilgenommen. Der Ausbildungsstand ist hoch. Die Vorbereitung auf die anstehende 72-Stundenübung laufen auf Hochtouren. Die Männer und Frauen sind bereit.

Lob vom Brigadekommandeur

Dann geht es los. Ein sich näherndes, dumpfes Grollen liegt über dem Horizont auf dem Truppenübungsplatz Dorbaum. Die Grenadiere des Alpha-Zuges beobachten erwartungsvoll den Himmel. Endlich zeichnen sich zwei dunkle Silhouetten dicht über den Baumkronen ab – zwei Mehrzweckhubschrauber NHNATO-Helicopter-90 setzen zur Landung an. Wie bei einem starken Sturm biegt sich die Vegetation unter der Zirkulation der Rotorblätter. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Die Maschinen setzen auf. Die Grenadiere preschen nach vorn, springen in die offenen Türen der Helikopter. Sekunden später erheben sich diese wieder in die Luft. Hinein geht es in eine fiktive Lage eines fingierten Konflikts. Ziel ist eine Eisenbahnbrücke, die sich im Grenzgebiet der verfeindeten Parteien befindet. Sie gehört zur kritischen Infrastruktur.

Der Bravo-Zug soll die Brücke sichern und mögliche Angriffe vereiteln. Die Reservistinnen und Reservisten leben dafür im Felde, richten Stellungen ein, bauen Sperren auf, überwachen das Gebiet. Unentdeckt nähert sich langsam der Feind, der Alpha-Zug. Mit Spähtrupps erkundet er die Lage um die Brücke: Wie verhält sich der Feind? Welche Wege führen an die Brücke heran? Kann der geplante Sabotageakt, die Sprengung der Brücke, gelingen? Oder schafft es der Bravo-Zug, eben dies zu verhindern? Am Abend des dritten Tages steht fest: Auch die 72-Stundenübung der Übung Haffsprung war ein voller Erfolg.

Während seiner zweitägigen Dienstaufsicht überzeugt sich der Kommandeur der Panzergrenadierbrigade 41 von der guten Leistung des Panzergrenadierbataillons 908 – seiner Reserve. Brigadegeneral Christian Nawrat spricht Kommandeur Oberstleutnant Torsten Held aufgrund der sehr guten Ausbildung und der „hohen Motivation dieses erstklassigen Verbandes der Reserve“ voller Stolz seine große Wertschätzung aus.

Personalgewinnungsprojekt geht weiter

Zahlreiche Soldaten mit grünen Baretten und Kompaniewimpeln sind angetreten.

Leistungswille, Loyalität und militärische Werte zeichnen die Angehörigen des Panzergrenadierbataillons 908 aus. Die Reservisten investieren neben ihrem zivilen Alltagsleben viel Zeit, um sich militärisch stetig weiter- und auszubilden.

Bundeswehr/Marco Linke

Bereits seit Juli dieses Jahres kümmert sich das Panzergrenadierbataillon 908 noch intensiver um seinen Nachwuchs. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr stellten die Reservistinnen und Reservisten ein beispielgebendes Projekt auf die Beine, das auch in Münster Früchte trägt. 31 Bewerberinnen und Bewerber kamen in die Lützow-Kaserne nach Münster-Handorf, von denen 26 mit dem Antrag auf Beorderung für den Verband gewonnen werden konnten. Dies bedeutet für die 908er einen Personalzuwachs von fast 100 Reservistinnen und Reservisten innerhalb von nur zwei Monaten. Ein großer Erfolg. Das Panzergrenadierbataillon 908 ist aufgrund seiner auch in Münster wieder unter Beweis gestellten Ausbildungsbandbreite für Reservistinnen und Reservisten sehr attraktiv. Noch dazu ist das Selbstverständnis des Verbandes geprägt von militärischen Werten, Leistungswillen und Loyalität.

Wem diese Mischung gefällt, der sollte nicht zögern und beim Panzergrenadierbataillon 908 aktiv zu werden.

Große Ausbildungsbandbreite für Reservisten

  • Ein Soldat liegt mit einem G36 in einer Stellung und sichert die Umgebung.

    Während der 72-Stundenübung sichern Soldaten des Bravo-Zuges der 2. Kompanie eine strategisch wichtige Eisenbahnbrücke

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Soldaten laufen in Zweierreihe einen Waldweg entlang und halten ihre Waffen im Anschlag.

    Der Spähtrupp des Alpha-Zuges trifft auf den „Feind“, den Bravo-Zug. Die Abläufe einer solch brisanten Situation sind in den Tagen zuvor immer wieder trainiert worden

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Ein Soldat feuert im Stehen aus seiner Waffe.

    Unter Feuer muss der Alpha-Zug ausweichen. Hier ist erstmal kein Durchkommen.

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Ein Mann in weißer Kochjacke reicht einem Soldaten einen Teller mit Nudeln.

    Guten Appetit! Wenn zivile und militärische Köche aufeinandertreffen, geht es ideenreich und zweckmäßig zu. Eine Mischung, die den Übungsteilnehmern gut schmeckt.

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Zwei Soldaten schenken aus Wärmebehältern Essen an Soldaten mit Kochgeschirr aus.

    Auch draußen auf dem Truppenübungsplatz freuen sich die Reservistinnen und Reservisten über die Verpflegung durch die Feldküchen

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Zwei Gefechtsfahrzeuge stehen neben einem Gebäude in der Sonne.

    Der Gefechtsstand des Panzergrenadierbataillons 908 besteht aus mehreren Fahrzeugen und Zelten

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Vier Fernmelder bauen auf einer Wiese am Waldrand eine Antenne auf.

    „Antenne - hoch!” Soldaten des Fernmeldezugs bauen bei der Ausbildung eine Antenne samt Kurbelmast auf. Aktive Soldaten beeindruckt immer wieder die ausgeprägte Motivation der Reservistinnen und Reservisten.

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Ein Lkw fährt einen tief eingefahrenen Waldweg entlang.

    Bei der Fahrausbildung im Gelände können sich die Reservisten auf die Erfahrung ihrer Ausbilder verlassen

    Bundeswehr/Marco Linke
  • Soldaten laufen durch hohes Gras, im Hintergrund steigt ein Hubschrauber auf.

    Abgesetzt im Feindesland: Die Ausbildung der Reservistinnen und Reservisten am NHNATO-Helicopter-90-Helikopter übernehmen die Piloten des Transporthubschrauberregiments 10. Denn jeder muss wissen, wie und wo er sitzt, ein- und aussteigt, muss Notverfahren kennen.

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
von Marco Linke