Heer
Übung

Triple 2024: Wie eine binationale Taskforce entsteht

Mit einer dreiteiligen Übung bereitet sich das Jägerbataillon 292 gemeinsam mit Franzosen auf den gemeinsamen Kampf vor.

In der Dunkelheit leuchtet ein heller Lichtstreifen durch den Schuss mit einem Lenkflugkörper.

Die deutsche Übungsserie Quadriga 2024 unter dem Dach des NATO-Großmanövers Steadfast Defender hat längst begonnen. Die Allianz will zeigen, dass sie in der Lage ist, die Ostflanke des Bündnisgebiets gegen einen Angriff zu verteidigen. Unter den insgesamt 90.000 übenden Soldatinnen und Soldaten sind auch die des Jägerbataillons 292. Mit ihrer Übungsreihe Triple bereiten sich die Infanteristen intensiv vor.

749 Kilometer sind es von Donaueschingen im Schwarzwald bis zum Lager Werdeck auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz. Diese Strecke müssen die Soldatinnen und Soldaten des Jägerbataillons 292, ihre zahlreichen Gefechtsfahrzeuge und ihr Material zurücklegen, per Straßenmarsch oder auf Gleisen. Das heißt, insgesamt 750 Soldatinnen und Soldaten mit ihren Gefechtsfahrzeugen wie dem Gepanzerten Transportkraftfahrzeug (GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug) Boxer und dem Transportpanzer Fuchs sowie Verbrauchsgütern wie Treibstoff und Munition füllen das Truppenlager Werdeck. Ebenfalls aus der Deutsch-Französischen Brigade sind die Panzerpionierkompanie 550 und französische Kräfte vom 3. Husarenregiment aus dem 824 Kilometer entfernten Metz im Nordosten Frankreichs dabei. Ihre erst kürzlich eingeführten Radpanzer des Typs Griffon werden auf Gleisen in die Oberlausitz gebracht. Auf dem weiten, sandigen Gelände übt das verstärkte Bataillon den Kampf und das Führen im Gefecht, also in einer taktischen Lage im Gelände – und das binational. Warum nimmt die Truppe diese enormen Strecken auf sich und warum ist es gerade jetzt wichtig, gemeinsam zu üben? Die Antworten finden Sie in der Bilder-Story zu Triple in der Oberlausitz.

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  • Ein Soldat rennt neben einem rollenden Zug aus mehreren Waggons. Auf ihnen stehen Radpanzer.
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    Die Verlegung: Fahrzeuge und Soldaten transportieren

    Triple ist die Vorbereitung auf die eigentliche Übung Grand Quadriga im April und Mai. Sie besteht aus insgesamt drei aufeinander aufbauenden Teilen, beginnend mit einer bereits absolvierten computersimulierten Gefechtsstandübung in Hammelburg. Damit wurde das Zusammenwirken des Gefechtsstands mit den Kompanien geübt. Nun folgt das Manöver in der Oberlausitz als zweiter Abschnitt. Im Anschluss verlegt die Truppe in die Altmark in das Gefechtsübungszentrum Heer. Hier erwartet sie ein 72-stündiges, forderndes Abschlussmanöver auf Brigadeebene. Gerade die Verlegung von Mensch und Material an einen entfernten Ort sowohl per Straßenmarsch als auch auf Gleisen ist eine Herausforderung. Werden alle Zeiten gehalten und kommt das Material rechtzeitig an? Läuft bei der Bahnbe- und -entladung alles gut und wird nichts beschädigt? Ist die Truppe in der Lage, direkt nach dem Übungsgefecht an einen anderen Ort zu verlegen und nahtlos das nächste Gefecht aufzunehmen? Diese Aspekte muss gerade die binationale Taskforce intensiv trainieren, denn genau diese Fähigkeiten spielen gerade in einem Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung eine wichtige Rolle. 
    Nach Triple folgt für die Truppe Mitte April die große Verlegung nach Litauen. Von Donaueschingen geht es dann per Landmarsch und zusätzlich per Bahnverlegung über die Oberlausitz nach Polen bis nach Litauen. Nach einem Manöver beginnt die Rückverlegung.

  • Ein Soldat steht mit dem Gewehr im Anschlag draußen hinter einem grauen Betonklotz.
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    Das Zuggefecht: Zwischen Taktik und Schießen

    Der zweite Teil von Triple beginnt mit einem sogenannten Zuggefechtsschießen. Hier wird scharfe Munition eingesetzt. Das Schießen ist die Basis für die spätere Taskforce-Übung. Insgesamt nimmt die Komplexität im Laufe der Übung zu. Das Zuggefechtsschießen läuft folgendermaßen ab: Ein verstärkter Jägerzug führt ein Verzögerungsgefecht in verschiedenen Phasen. Zunächst werden Feindkräfte auf weite Distanzen angeschossen, um unter Einsatz von Nebel zügig und gedeckt ausweichen zu können. 
    Anschließend muss der Zug eine eigene Minensperre überqueren und hinter sich schließen. Dann gehen die Soldatinnen und Soldaten so in Stellung, dass sie mit dieser Sperre kämpfen können. Dazu nutzen sie ihre Gefechtsfahrzeuge oder kämpfen abgesessen, also zu Fuß, mit Hand- und Panzerabwehrwaffen. Flankierend werden schwere Waffen positioniert, wie das Panzerabwehrraketensystem MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem. Scharfschützen unterstützen. Der Feind, dargestellt mit Schießscheiben und Panzerwracks, wird in das Minenfeld gelockt und dann sowohl mit den Waffen der Infanterie als auch mit Steilfeuer bekämpft. Im weiteren Verlauf muss der Zug von Stellung zu Stellung ausweichen. 
    Der Kompaniechef will, dass seine Züge das Verteidigungsgefecht gegen den Feind führen und auf gewisse Lagen, die der Leitende einspielt, reagieren können. Es kommt darauf an, Verbindung zu halten, egal ob per Funk, per Handzeichen oder Stimme: „Im Großen und Ganzen ist das für die Züge eine Herausforderung. Wir wollen hier besonders den Einsatz der Gefechtsfahrzeuge GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer mit den abgesessenen Infanteristen üben und uns auf die weiten Distanzen im Gefechtsübungszentrum vorbereiten“, so der Kompaniechef.

  • Zwei Soldaten stehen draußen mit Waffe und Fernglas vor einem Geländewagen.
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    Die Taskforce-Übung: Führen unter Gefechtsbedingungen

    Der Höhepunkt in der Oberlausitz ist die zweitägige Taskforce-Übung. Mit insgesamt 750 Soldatinnen und Soldaten geht es darum, das gemeinsame Vorgehen von deutschen und französischen Kräften fein abzustimmen, sich kennenzulernen und Erfahrungen zu sammeln. Hier sollen dann alle Züge der Taskforce unter Gefechtsbedingungen ein gemeinsames Lagebild generieren, das über die Kompaniechefs an den Gefechtsstand oder in die bewegliche Befehlsstelle zum Kommandeur geleitet wird. Es ist daher auch ein Training für die Kompaniechefs, aber auch den Kommandeur. Er trifft den Entschluss im Gefecht und legt den Schwerpunkt für die Übung fest.
    Dabei spielt insbesondere die Sprache eine wichtige Rolle, denn durch die Binationalität der Taskforce nutzen die Soldatinnen und Soldaten Deutsch, Französisch und Englisch. Beim Funk zwischen Deutschen und Franzosen wird die NATO-Sprache Englisch genutzt. Hier darf es keine Missverständnisse geben – keine leichte Aufgabe. Das Gefecht mit Truppe aus unterschiedlichen Nationen zu führen, ist hochkomplex. Es bedarf Erfahrung und muss regelmäßig und intensiv geübt werden. Im Ernstfall dürfen keine Fehler passieren, keine Missverständnisse auftreten. 
    In der Oberlausitz geht es in erster Linie nicht um das Schießen selbst oder das Training der Einzelschützen. Es geht darum, die Verbindung zwischen Kompaniechef, Zugführer und den Gruppenführern zu schärfen“, erklärt uns ein Offizier des Bataillons, Oberleutnant Kevin L.* Zusätzlich ist die Übung eine Gelegenheit für die Soldatinnen und Soldaten, ihre Leistung als Einzelschütze zu verbessern.

  • Auf einem Feld fährt ein getarntes Gefechtsfahrzeug.
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    Die Jägertruppe: Leichte Infanterie mit schweren Fahrzeugen

    Was macht eine Soldatin und einen Soldaten der Jägertruppe aus? „Als Jäger sind wir vielseitig. Wir kommen aus der Geschichte von der leichten Infanterie. Unser Schwerpunkt ist der abgesessene Kampf, also der Kampf zu Fuß. Mit Einführung des GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer hat das aufgesessene Gefecht, also vom Fahrzeug aus, immer mehr an Bedeutung gewonnen“, beschreibt es Major Thomas P. Daher muss heute der Jäger im schwierigen Gelände, im Wald, im Ort, im Grabensystem, abgesessen kämpfen können und viel Material mit sich tragen. Er muss jedoch auch auf dem Fahrzeug agieren können, von der Bordwand herab oder als Kraftfahrer, am Funk oder als Bediener einer Waffenstation. Jäger müssen deshalb leidensfähig und naturverbunden sein, aber mit komplexer Technik umgehen können.
    Warum wird letzteres immer wichtiger? Die Jägertruppe bildet die Mittleren Kräfte des Heeres. Das heißt, die Infanteristen müssen in der Lage sein, weite Entfernungen mit ihrem Gefechtsfahrzeug schwerpunktmäßig „auf Rad“ zurückzulegen und im Zusammenwirken mit ihrem Gefechtsfahrzeug kämpfen zu können. Die Rolle des Fahrzeugs verlagert sich künftig vom reinen geschützten Transportfahrzeug hin zum kämpfenden Gefechtsfahrzeug. Dazu ist vorgesehen, dass der GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer künftig mit einer stärkeren Bewaffnung ausgestattet wird. Mit Blick in die Zukunft wird bei der Übung Triple genau dieser Aspekt aufgegriffen. Es geht darum, sich mit den Fahrzeugen eine bewegliche Gefechtsführung anzueignen. 

    *Alle Namen zum Schutz der Soldaten geändert.

Video: Übung Triple 2024

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Oberstleutnant Timo Elbertzhagen ist der Kommandeur des Jägerbataillons 292. Im Video erläutert er die Übung Triple 2024 in der Oberlausitz und verdeutlicht, worauf es ihm ankommt.

von Peter Müller