Herr Oberstleutnant, Sie sind seit 2017 Kommandeur des Bataillons, Sie haben es mit aufgebaut. Wie hat alles angefangen?
Nach Verwendungen im Heimatschutz war ich stellvertretender Kommandeur im Panzergrenadierbataillon 908. Für die 1. Panzerdivision sollte das Unterstützungsbataillon Einsatz 1 neu aufgestellt werden. Ich bin sehr stolz, dass ich das Bataillon seit der ersten Stunde führen darf. Im März 2018 haben wir dann unsere erste dreiwöchige Übung absolviert. Viele Kameradinnen und Kameraden, die damals diese ersten Schritte mit mir gegangen sind, stellen sich bis heute immer wieder mit großer Hingabe den aktuellen Herausforderungen.
Von 2017 bis heute hat sich das Bild der Bundeswehr gewandelt, so auch das Bild der Reserve. Können Sie diesen Wandel bitte kurz beschreiben und erklären, welchen Auftrag Sie mit den Männern und Frauen in Ihrem Bataillon ganz aktuell haben?
Ja, ganz klar unterliegt die Reserve dem gleichen Wandel wie auch die gesamte Bundeswehr. Entlang der weltpolitischen Veränderungen rücken die Streitkräfte mehr in den Mittelpunkt der Gesellschaft. Wir als Reservisten stehen, wie niemand anders, zwischen der Gesellschaft und der Bundeswehr. Wir werden von Zivilisten oft nach unserer Arbeitsweise, den Abläufen und nach dem Wert des Dienstes gefragt. Generell erleben wir eine höhere Wertschätzung.
Reservebataillon – ist für einige eine unbekannte Größe. Beschreiben Sie bitte kurz die Struktur Ihres Bataillons. Wie viele Männer und Frauen gibt es dort und für wie viele haben Sie noch Platz im Bataillon?
Wir sind der 1. Panzerdivision mit Sitz in Oldenburg unterstellt. Unser Hauptauftrag ist die Sicherung des Divisionsgefechtsstandes. In zwei Kompanien haben wir dafür rund 260 Dienstposten zur Verfügung. Interessenten können sich über unseren Verein Oldenburger Jäger e. V.eingetragener Verein oder direkt an uns werden. Dann erhalten sie die Möglichkeit, die Reserve aktiv zu erleben. Wir legen Wert auf die Eignung und die Ernsthaftigkeit der Absicht. Also ja, wir sind immer daran interessiert unser Bataillon weiter auszubauen.
Lassen Sie uns auf ein Jahr Unterstützungsbataillon Einsatz 1 zurückblicken. Sie gehören der Truppengattung Jäger an. Was sind die Schwerpunkte in der Ausbildung?
Die Soldatinnen und Soldaten des Unterstützungsbataillons Einsatz 1 erfüllen die Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung und sind zugleich integraler Bestandteil der Divisionstruppen der Panzerdivision. Als Jäger gehören wir zu den Kampftruppen und sind für den Kampf in bebautem oder stark bewaldetem Gelände ausgebildet. Kern der Ausbildung ist die infanteristische Aus- und Weiterbildung unseres Personals. Dazu gehören auch weitergehende Waffenausbildungen, etwa am G28 oder eine deutlich intensivierte Sanitätsausbildung. Aber auch die Weiterbildung und Qualifizierung der militärischen Führer spielt eine große Rolle.
Was waren die Schwerpunkte im letzten Ausbildungsjahr?
Grundsätzlich haben wir zwei wesentliche Ausbildungsstränge. Die In-Übung-Haltung und Weiterbildung der ausgebildeten Jäger und die Ausbildung unserer „Quereinsteiger“ zum Jäger. Die Ausbildung zum Jäger haben wir modular aufgebaut, insgesamt sind das ungefähr 170 Ausbildungsstunden. Wenn ein Soldat oder eine Soldatin alle Module absolviert, ist die Ausbildung innerhalb eines Jahres möglich. Das erfolgt an drei Ausbildungswochenenden und in zwei Übungswochen. Durch den modularen Aufbau können zeitliche Unterbrechungen aufgefangen werden. Dann schließen sich natürlich weiterführende Ausbildungen an, wie etwa Sanitätsausbildung, die Ausbildung der Kraftfahrer, die der G28-Schützen und andere. Außerdem pflegen wir auch das Netzwerk innerhalb der Reserve und stellen Teilnehmer für nationale wie auch internationale Wettkämpfe.
Sie sprachen das Netzwerk an. Wie funktioniert das, was ist das?
Wir pflegen unsere Verbindungen mit unseren niederländischen Kameraden des 10 Infanteriebataljon Bewaken Beveiligen Korps Nationale Reserve, sie begleiten uns auch aktuell bei der Übung in Hammelburg. Weiter stehen wir in stetigem Austausch mit den Kameradinnen und Kameraden des 3rd Batallion des Royal Anglian Regiments, ein Reservebataillon der leichten Infanterie aus dem Osten Englands. Wir stellen auch Personal etwa für Wettkämpfe wie Blue Nail in Dänemark oder auch den Internationalen Mönchengladbacher Militärwettkampf. Wenn wir alles zusammenzählen, stehen für das aktuelle Jahr rund 20 Termine im Ausbildungsplan des Bataillons.
Wenn Sie als Bataillonskommandeur in die Zukunft blicken, was beschäftigt Sie am meisten?
Ich bin zunächst immer wieder tief beeindruckt, mit welcher Hingabe, Kameradschaft, aber auch Opferbereitschaft unsere Reserve den Spagat zwischen den Streitkräften und dem zivilen Leben meistert. Der steigenden Bedeutung der Reserve tragen unsere Kameradinnen und Kameraden mit einer nicht nachlassenden Begeisterung Rechnung. Unsere Aufgabe ist es, mit guter Ausbildung, aber auch umfangreicher Ausrüstung zu motivieren. Zugleich kämpfen wir mit einer immer weiter überbordenden Bürokratie, was unserem Bataillonsstab viel Kraft kostet. Das steht für mich im Widerspruch zu dem politischen Ziel einer starken und einsatzbereiten Reserve. Hier sehe ich akuten Handlungsbedarf, gerade auch wenn ich auf unsere internationalen Partner schaue, die hier schon deutlich weiter sind.