Kalter Sturm: Hartes Gefecht in der Oberlausitz
Im Gefecht gibt es keine zweiten Plätze: Nur wer seine Waffensysteme beherrscht und dazu effektiv und entschlossen handelt, setzt sich letztendlich durch. Das Fallschirmjägerregiment 26 aus Zweibrücken hat genau das in den letzten beiden Januarwochen auf dem Übungsplatz Oberlausitz im scharfen Schuss trainiert.
Regimentskommandeur Oberst Oliver Henkel führt fast sein gesamtes Regiment in dieser Gefechtsübung. Kampfjets unterstützen zusätzlich. Henkels Plan: „Wir greifen gleichzeitig mit drei Kompanien an, Aufklärungskräfte werden weit voraus eingesetzt“, erklärt der Oberst. „Unsere bewaffneten Kräfte mit ihren Waffenträgern Wiesel, Steilfeuergeschützen, abgesessenen Fallschirmjägern, dazu Spezialisten wie Scharfschützen, Pioniere, Spezialisierte Kräfte, Sanitäter und andere Soldatinnen und Soldaten mit ihren Fähigkeiten führen wir zu einem schlagkräftigen Gefechtsverband zusammen.“
„Wir stellen hier die Kriegstauglichkeit des gesamten Regiments auf den Prüfstand. Weiter werden wir hier unsere Fähigkeiten und unsere Verfahren und Prozesse während kriegerischer Handlungen ausbauen. Nur so können wir unserer Verpflichtung zur Landes- und Bündnisverteidigung nachkommen.“
Angriff löst Bündnisfall aus
Die militärische Lage, die der Übung Kalter Sturm zugrunde liegt, ist eindeutig und auf fast jeden Ort Europas projizierbar: Nach dem Angriff auf das Hoheitsgebiet eines NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnispartners bittet dieser um militärische Hilfe. Doch unmittelbare und schnelle Unterstützung ist nur mit besonders schnell verfügbaren Kräften möglich. Hier kommen die Fallschirmjäger ins Spiel, denn schnelle luftbewegliche Operationen im gesamten Einsatzspektrum sind ihr Hauptauftrag.
„Wir sind schnell an jedem Ort der Welt einsetzbar. Per Lufttransport und Fallschirm können wir und unser Material an jedem Punkt der Welt abgesetzt werden“, erklärt Oberstabsgefreiter Erik P. Er ist Kraftfahrer eines Waffenträgers Wiesel, einem der wichtigsten Waffensysteme der Fallschirmjäger. Ausgestattet mit der Maschinenkanone Kaliber 20 Millimeter oder dem Mehrrollenfähigen Leichten Lenkflugkörpersystem MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem kämpfen die Wiesel gegen Ziele in bis zu vier Kilometern Entfernung. Dank MELLSMehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem können sie auch gegen gepanzerte Kräfte bestehen.
Fünftgrößter Übungsplatz Deutschlands
Das Gefecht ist in vollem Gang. Die Fallschirmjäger greifen an. Es gilt, dem Gegner die Zeit und den Platz für einen Gegenangriff zu nehmen. Weit und wellig öffnen sich die Schießbahnen für die Fallschirmjäger in der Oberlausitz. Sand bis zum Horizont schafft den Eindruck von Unendlichkeit.
Die Oberlausitz ist der fünftgrößte Übungsplatz in Deutschland. Enorme Freiflächen, aber auch dicht verwachsene waldige Abschnitte fordern die Fallschirmjäger. Auf den breiten, offenen Angriffsachsen geben die Waffenträger Wiesel den Takt im Gefecht vor.
„Es klingt paradox, aber unsere Stärke ist unsere ‚Winzigkeit‘, dazu die enorme Geschwindigkeit von bis zu 80 Kilometer pro Stunde. Da kommt die gegnerische Zielauffassung kaum hinterher“, erklärt Kraftfahrer Erik P. „In der Schweren Kompanie vereinen wir unser weitreichendes Flach- und Steilfeuer, also die Maschinenkanonen, die Panzerabwehr, die Lenkflugkörper wie auch die Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung (STFSystemverbund der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung).“ STFSystemverbund der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung umfasst die koordinierte Feuerunterstützung durch verschiedene Waffensysteme, darunter Artillerie, Mörser und gegebenenfalls Unterstützung aus der Luft. Mit der enormen Feuerkraft seiner schwer bewaffneten Truppenteile bestimmt der Regimentskommandeur, wo im Gefecht der Schwerpunkt liegt.
Spezialisten in jeder Lage
Beweglichkeit und Durchsetzungswille zeichnen die Fallschirmjäger aus, denn sie sind die Kräfte der ersten Stunde. Auch in unübersichtlichem Terrain kämpfen sie taktisch bedeutsame Schlüsselgelände frei. Abgesessen und zu Fuß machen diese Schnellen Kräfte den gleichen Druck in Feindrichtung wie die schwerbewaffneten Truppen. Die Fallschirmjäger sind durch ihre Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung in der Lage, auch ohne Unterstützung durch andere Truppenteile den infanteristischen Kampf für sich zu entscheiden.
Der Gefechtsstreifen in der Oberlausitz ist gut drei Kilometer breit. Im rechten Gefechtsstreifen trommelt Feuer aus Lenkflugkörpern, Maschinenkanonen und 120-Millimeter-Mörsern unermüdlich auf den Feind ein. Links ist das Gelände stark bewachsen, Stellungssysteme zerschneiden dichte Wälder und Hügelketten. Sie verwehren einen weiten Blick nach vorn. Hier kämpfen die Fallschirmjäger mit leichten Waffen abgesessen. Ein ausgeklügelter Zielbau zeigt den Schützen stetig wechselnde Ziele, jeder Schuss und Treffer wird für eine spätere Auswertung dokumentiert.
Kampf um jeden Meter
„Der abgesessene Kampf in unübersichtlichem Gelände fordert besonders geschärfte Sinne“, beschreibt einer der Schützen. „Es fehlen weite Distanzen zum Gegner. Das Überraschungsmoment könnte auf beiden Seiten liegen.“ Das Stellungssystem haben die Fallschirmjägerzüge seit dem Morgengrauen freigekämpft, Meter um Meter. Ein sehr hoher Einsatz an Munition war der Preis. Die Kräfte auf beiden Seiten des Gefechtsstreifens, die abgesessenen und die schwerer bewaffneten, stehen fast gleichauf. Nun beherrschen sie die leichte Anhöhe. Bis in den Abend hinein wird der Angriff noch gehen.
Ein Kompaniechef, der gemeinsam mit seinen Männern und Frauen ganz vorn im Angriff steht, bringt es auf den Punkt: „Wir gehen hier an Grenzen der körperlichen Belastung und teilweise auch ein Stück darüber hinaus. Doch nur diese Erfahrung hilft uns dabei, immer besser zu werden.“