Formationsflug auf kleinstem Raum
Formationsflug auf kleinstem Raum
- Datum:
- Ort:
- Baden-Württemberg
- Lesedauer:
- 4 MIN
Das Fliegen in Rotten- oder Schwarmgröße ist ein wichtiger Ausbildungsbaustein für die Heeresflieger vom Transporthubschrauberregiment 30. In Szenarien für die Landes- und Bündnisverteidigung können die Besatzungen der Mehrzweckhubschrauber NHNATO-Helicopter-90 nur gemeinsam ihren Auftrag erfüllen. Beim taktischen Fliegen gibt es vieles zu beachten. Dafür ist intensives Training erforderlich.
Auf den Social-Media-Kanälen des Deutschen Heeres wurden kürzlich interessante Beiträge über das Schwarmflugtraining und die Heeresflieger gezeigt. Die Resonanz darauf war groß. Hier nun weitere Informationen zu diesem spannenden Thema:
Von unten betrachtet sieht es spielerisch und harmonisch aus. Aus der Sicht der Besatzungen ist ein Schwarmflugtraining harte Arbeit und erfordert eine Menge Vorkenntnisse. Ein Schwarmflugtraining muss sehr gut geplant und vorbereitet werden. Im Gegensatz zum alltäglichen Übungsflugbetrieb, bei dem meist nur ein Ausbildungsschwerpunkt aus dem Combat Training Program abgearbeitet wird, sind Schwarmflüge mit einer taktischen Lage hinterlegt. Da geht es dann um Flugwege, Bedrohungen, Freiheit von Tief- und Tiefstflugstrecken, eigene Lage, Feindlage usw.
Geplant wird auch, wie und in welchem Umfang Kommunikationstechnik auf verschiedenen Funkgeräten eingesetzt wird, wie die Kommunikation mit Boden- oder anderen Lufttruppen abläuft und was im Not- oder Störfall zu tun ist. Um dies alles einsatznah und gefechtsmäßig zu üben, wird beim Schwarmflugtraining extra ein Kommandozelt aufgebaut und eine mobile Datenübertragung eingerichtet. Ganz so, als ob man abgesetzt vom heimatlichen Flugplatz von einer Forward Operation Base, einer vorgeschobenen Operationsbasis aus operiert. Auf diese Weise werden gleichzeitig die Fernmelde- und ITInformationstechnik-Kräfte im Regiment trainiert. Eine solche Flugplanung und ein gemeinsames Briefing können dann schon mal einige Stunden dauern. Grundsätzlich gilt: Je besser die Planung und das Briefing, desto reibungsloser der Einsatzflug.
Die Formationsform wird festgelegt
Beim Formationsflug mit anderen Maschinen ist immer auf Höhe, Geschwindigkeit und Abstände zum Nachbarn oder Vordermann zu achten. Beim Hubschrauber ist das noch ein Stück schwieriger als bei Flächenflugzeugen. Jeder Hubschrauberpilot muss ständig die anderen Schwarmflieger im Auge haben und mitdenken, was als Nächstes kommen könnte. Im Briefing wird festgelegt, in welcher Formationsform man fliegt. Im Laufe des Fluges kann sich das ändern. Fliegt ein Schwarm durch ein enges Tal oder sehr tief, werden die Hubschrauber hintereinander fliegen. In anderen Situationen wird der Schwarm sich rottenweise (2+2) formieren oder sich vor einer Landewiese breit nebeneinander ausrichten. Das ist situationsbedingt.
Noch ein paar Informationen zum Tiefflug: Bundeswehrhubschrauber dürfen in bestimmten Gebieten bis auf zehn Fuß über Grund fliegen, das sind weniger als vier Meter. Dabei können auch Brücken oder Stromleitungen unterflogen werden. Besondere Aufmerksamkeit ist beim Landeanflug erforderlich. Die Reduzierung der Geschwindigkeit muss harmonisch und gleichmäßig erfolgen, Ausweichwege sind zu bedenken und der Abwindbereich des eigenen und benachbarten Hubschraubers zu berücksichtigen. Gerät ein Hubschrauber in geringer Höhe in den Rotorabwind (Downwash) eines anderen Hubschraubers, kann das böse enden. Vier NHNATO-Helicopter-90 haben die Transportkapazität für rund 50 Infanteristen. Das entspricht in etwa einem militärischen Zug.
Fliegen mit Außenlast und elektronischer Kampf
Im taktischen Einsatz wird neben Personal auch viel Material geflogen. Das Fliegen mit Außenlast ist anspruchsvoll. Bremswege in der Luft sind länger, es muss sorgfältiger gekurvt werden und Ausweichbewegungen werden weiträumiger. Fliegen mit Außenlast ist daher immer auch Bestandteil einer Schwarmflugausbildung. Dabei sind auch die Bodenmannschaften und die Bordmechaniker besonders gefordert. Schwierig wird es, wenn Lasten ganz punktgenau abgesetzt werden, zum Beispiel auf der Ladefläche eines Lkws. Dann muss der Bordmechaniker seinem Piloten zielgenau die Lage in knappen Worten beschreiben, genannt einsprechen. Wenn das Starten, Landen, Fliegen in Formation und mit Außenlast funktioniert, fliegen die Hubschrauberbesatzungen ein ähnliches Programm auch bei Dunkelheit. Für sie ist das im Einsatzfall überlebenswichtig. Viele Flüge würden dann bei Dunkelheit stattfinden. Zwar nicht bis auf zehn Fuß Flughöhe, aber immer noch tief und in Schwarmformation.
Ein weiteres, weites Feld, wo sich die militärische von der zivilen Fliegerei unterscheidet, ist der elektronische Kampf. In einem Einsatzszenario sind Hubschrauber zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt. Diese können durch schultergestützte, infrarotgelenkte Abwehrraketen gegeben sein oder durch radargeführte Lenkflugkörper oder durch lasergeführte Flugabwehr. Auf all diese Bedrohungslagen kann die NHNATO-Helicopter-90-Besatzung reagieren. Sie kann Täuschkörper oder Hitzefackeln auswerfen und bestimmte Ausweichprofile fliegen. Das wird in Übungsregionen trainiert, wo am Boden Bedrohungskräfte einen Angriff simulieren und die Besatzung zur Reaktion zwingt. Auch solche Szenarien werden bereits außerhalb der eigentlichen Schwarmflugausbildung geübt. Besonders anspruchsvoll wird es dann, wenn eine Schwarmformation angegriffen und koordiniertes Reagieren und Ausweichen erforderlich werden.