Scharfschützen – Spezialisten mit neuer Perspektive
Scharfschützen – Spezialisten mit neuer Perspektive
- Datum:
- Ort:
- Regen
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die Scharfschützen des Heeres sind spezialisierte Profis, die auf eine intensive Ausbildung zurückblicken können und sich im alltäglichen Dienst besonderen Herausforderungen stellen müssen. Nun soll ihr Dienst auch durch den neu eingeführten Dienstgrad des Korporals gewürdigt werden können.
Die Morgensonne steht über der Bayerwaldkaserne in Regen, als sich die Scharfschützen des Panzergrenadierbataillons 112 auf den Ausbildungstag vorbereiten. Heute wird die unerkannte Annäherung des Scharfschützen an das Ziel geübt. Dazu gehören das Bauen und Tarnen einer Zielstellung sowie ein Entfernungsschätzen. Eine Beobachtungsübung ist auch Bestandteil der Ausbildung. Dabei müssen die Scharfschützen durch das Zielfernrohr ihres Scharfschützengewehrs G22A2 versteckte und getarnte Objekte im Gelände erkennen. Zum Teil werden nur 30 Zentimeter kleine Objekte auf Entfernungen bis zu 600 Metern im Gelände versteckt. Oberstabsgefreiter Phillip M. und seine Kameraden müssen zehn Objekte erkennen und in eine selbsterstellte Geländeskizze eintragen. Hier gilt es, nicht nur genau zu arbeiten, sondern auch schnell, da die Soldaten nur 60 Minuten Zeit bekommen.
Nur Handzeichen und Augenkontakt
Die Stimmung bei den Scharfschützen ist an diesen Tag besonders gut. Bei Sonnenschein und Temperaturen um die 20 Grad freut sich Phillip M. auf die heutige Ausbildung. „In den letzten Monaten wurden wir als Scharfschützen vom nasskalten Wetter stark gefordert“, sagt der 28-Jährige. Er ist seit fünf Jahren ausgebildeter Scharfschütze in Regen. Wie anstrengend der Dienstalltag und die Ausbildung sind, wird in den nächsten Stunden deutlich werden.
Wenig später bahnt sich der Scharfschützentrupp, ein Schütze und sein Spotter (Beobachter), leise und sehr vorsichtig seinen Weg durch das mit Büschen und Bäumen stark zugewachsene Waldstück. Fast in Zeitlupe bewegen sich die beiden Soldaten vorwärts und verständigen sich dabei mit Handzeichen. Hier ist ein Profiteam am Werk. Nur über Nicken und Augenkontakt weiß jeder der beiden sofort, was gemeint ist. Überwiegend gebückt und sogar weite Strecken kriechend bewegt sich der Trupp vorwärts.
„Die größte Herausforderung bei diesem Ausbildungsabschnitt waren die Stechmückenschwärme“, so Phillip M. Durch die starken Regenfälle im Frühjahr sind viele Feuchtbiotope entstanden. Schwärme von Stechmücken suchen die Soldaten unermüdlich heim. Ein Schlagen und Vertreiben der Plagegeister ist für das Zwei-Mann-Team keine Option. Jede schnelle oder hektische Bewegung könnte die Position der Scharfschützen an den Feind verraten.
Zwei Stunden den Feind im Blick
Es geht durch sumpfiges Gelände, das stark mit Dornenbüschen bewachsen ist. Tiefe Wassergräben müssen durchwatet werden und erschweren das Weiterkommen erheblich. Von Mücken zerstochen, von Dornen zerkratzt und mit nassen Stiefeln erreicht der Scharfschützentrupp nach zwei Stunden sein Zielgebiet. Aber es bleibt keine Zeit für eine Pause. Auf dem gegenüberliegenden Hügel ist das Ziel sichtbar. Geduckt wird sofort damit begonnen, die Zielstellung auszubauen und mit Ästen zu tarnen. Ganz vorsichtig schneiden die beiden Soldaten mit einer kleinen Astschere einen Schusskanal frei. In der Stellung liegend und den Feind im Blick verstreichen weitere zwei Stunden. Bei einer Temperatur von 33 Grad - ohne sich zu bewegen - verharren die beiden Soldaten und erfüllen ihren Auftrag. Dann endlich Übungsende. Der Scharfschütze und sein Spotter wurden nicht entdeckt.
Überdurchschnittliche Leistungen würdigen
Wer die beiden Soldaten bei ihrer Übung begleitet, merkt schnell: Hier sind Spezialisten am Werk, die hohe Durchhaltefähigkeit und den Willen zur ständigen Arbeit am eigenen Ausbildungsstand in sich vereinen müssen. Für die Scharfschützen des Panzergrenadierbataillons 112 eine Selbstverständlichkeit. Aber ihre hohe Motivation und Bereitschaft soll sich auch für sie selbst auszahlen.
Und sie sind nicht die Einzigen: Überall leisten Soldaten der Mannschaftslaufbahn in der Bundeswehr herausragende Dienste in besonderen Verwendungen. Bislang erfolgte die Beförderung nur unter Berücksichtigung der geleisteten Dienstzeit. Das Korporalmodell bringt das Leistungsprinzip wieder zurück in die Laufbahn der Mannschaften.
Ab November 2021
Daher werden im November 2021 erstmalig Soldatinnen und Soldaten zum Korporal befördert werden.
International findet sich der Dienstgrad Korporal in vielen Streitkräften in der Laufbahn der Unteroffiziere wieder. In der Bundeswehr werden Soldaten, die insbesondere unteroffizierwürdige Aufgaben wahrnehmen, die Möglichkeit bekommen, Korporal zu werden. Mit dem neuen Dienstgrad wird den Mannschaften einerseits ein weiterer Anreiz geschaffen, andererseits den Vorgesetzten die Möglichkeit der Förderung gegeben. Der Oberstabsgefreite Phillip M. erfüllt die formalen Voraussetzungen zur Förderung bereits heute. Darüber hinaus wird er im Kameradenkreis wegen seiner Hilfsbereitschaft und Teamfähigkeit geschätzt. Seine Vorgesetzten bestätigen seinen Fleiß und seine konstante Leistungsfähigkeit. Aufgrund seiner stets überdurchschnittlichen Leistungen auf dem herausgehobenen Dienstposten als Scharfschütze ist Phillip M. im Auswahlverfahren der Korporale.
Jetzt noch bewerben
Der erste Aufruf- und Bewerbungsdurchgang zur Förderung besonders geeigneter Mannschaftssoldaten zum Korporal ist erfolgreich abgeschlossen. Im IV. Quartal 2021 werden die ersten Korporale ausgewählt. Die Dienstposten, für die es bisher keinen Bewerbungseingang gab, werden nochmals ausgeschrieben.
Soldatinnen und Soldaten mit mindestens drei Jahren im Dienstgrad Oberstabsgefreiter, die die Ausbildungsvoraussetzungen der ausgeschriebenen Dienstposten ihres Verbandes erfüllen und mindestens drei Jahren Restdienstzeit beziehungsweise den Willen zur Weiterverpflichtung haben, richten ihre Anträge/Bewerbungen bis zum 31. August 2021 an ihre Vorgesetzten vor Ort.