Ruhe vor dem Sturm: Panzergrenadiere im Grabenkampf
Ruhe vor dem Sturm: Panzergrenadiere im Grabenkampf
- Datum:
- Ort:
- Bergen
- Lesedauer:
- 5 MIN
Auch in der modernen Kriegsführung ist das Thema Grabenkampf wichtig. Die Grenadiere des Panzergrenadierlehrbataillons 92 trainieren das erfolgreiche Stürmen und Aufrollen eines gegnerischen Schützengrabens. Dabei kommt es besonders auf Koordination von Feuer und Bewegung an.
Unter dem Einsatz von Steilfeuer durch Mörser nähern sich die Panzergrenadiere der 2. Kompanie mit dem Schützenpanzer Puma dem feindlichen Grabensystem. Unmittelbar davor wechseln sie ihre Kampfweise und führen nun den abgesessenen Kampf zu Fuß. Auch wenn die Einschläge in der ersten Phase mittels Sprengmittel der Pioniere und einer KADAG-Anlage (ein realistisches Darstellungsmittel für Steilfeuer) simuliert werden, sind die Detonationen deutlich spürbar. Spätestens jetzt wissen die Soldatinnen und Soldaten, dass der Schützengraben unmittelbar vor ihnen liegt und es auf Geschwindigkeit ankommt.
Wir sind bei einer Weiterbildung im Grabenkampf auf dem Übungsplatz in Bergen. Um das Thema wieder in den Vordergrund zu rücken und Folgerungen für die Ausbildung zu ziehen, bildet sich das Panzergrenadierlehrbataillon 92 intensiv weiter. Gemeinsam mit einem Mörserzug des Jägerbataillons 91 sowie Kräften der Panzerpionierbataillone 1 und 130 befassen sich die Soldaten und Soldatinnen mit dem Grabenkampf und seinen Elementen – von den Erdarbeiten bis hin zum sogenannten Steilfeuereinsatz. Die Weiterbildung ist eine wichtige Gelegenheit für alle, die auch in der Realität für den Grabenkampf eingesetzt würden. Hier können sie unter realistischen Bedingungen üben.
In der Sturmausgangsstellung am Waldrand
Zurück im Gefecht: Der Schützengraben ist sturmreif geschossen, wie Infanteristen militärisch sagen. Nun wird das Steilfeuer in die Tiefe, also weiter nach vorn auf die zweite vermutete Verteidigungslinie des Gegners verlagert. Hierbei kommt der Mörserzug zum Einsatz. Zuerst sind die Geschütze in der Ferne hörbar, dann schlagen die Granaten mit voller Wucht im Gelände ein – die Erde bebt und Rauchschwaden steigen auf. In dieser Phase haben die abgesessenen Panzergrenadiere die Sturmausgangsstellung am Waldrand hinter einem Erdwall für den Angriff bezogen. Die Schützenpanzer Puma sind so in Stellung gegangen, dass sie den Graben und das Vorgelände überwachen und sichern können. Unmittelbar vor dem Einbruch kehrt für ein paar Sekunden Ruhe ein. Gleich folgt der Befehl des Kompaniechefs, den Graben zu stürmen.
Sturm und Einbruch
Mit der Waffe im Anschlag beobachten die Soldaten in ihrer Sturmausgangsstellung das Vorfeld. Nachdem der Gruppenführer mit der Signalpistole die Einbruchstelle markiert hat, eröffnet ein Schützenpanzer das Feuer. Mit der 30-Millimeter-Maschinenkanone und dem Turmmaschinengewehr schießt die Besatzung des Pumas die Einbruchstelle sturmreif und zwingt den Feind in die Deckung. Unmittelbar danach stürmen die Panzergrenadiere unter Nebeleinsatz den Graben. Dabei gehen die Trupps überschlagend vor. Es bedeutet, dass der eine Trupp schießt, während sich der andere nach vorn bewegt, das Ganze überlagernd und abwechselnd. Dem ersten Trupp folgt der Zugtrupp, der die Einbruchstelle für die Folgekräfte mit einer gelben Flagge markiert. Unter permanenter Überwachung und Deckungsfeuer durch die Schützenpanzer kämpfen sich die Trupps dabei Grabenknick für Grabenknick vor. Hinter jedem Knick kann der Feind lauern – auch dann noch, wenn der Graben zuvor unter massivem Beschuss stand.
Beim Aufrollen des Grabens kommt es besonders auf die Koordinierung der auf- und abgesessenen Kräfte an. Dabei halten die Grenadiere mit Flachfeuer den Feind nieder und werfen Handgranaten mit Kurz- und Weitwürfen in den nächsten Knick oder die nächste Stellung. Zusätzlich sichern sie selbst die Flanken aus dem Graben.
Die vordersten eigenen Soldaten sind ebenfalls mit einer gelben Flagge gekennzeichnet. So wissen die Richtschützen der Schützenpanzer genau, bis wo sie schießen dürfen, ohne die eigene Truppe zu gefährden. So können sie untereinander das Deckungsfeuer präzise koordinieren. Dabei schlagen die Geschosse nur wenige Meter von der eigenen Truppe ein. Durch die Druckwelle und den Knall lassen sich die Grenadiere nicht verunsichern. Sie wissen jederzeit genau, wo das Deckungsfeuer liegt und wer welche Aufgabe hat. So wird der Graben in einer Länge von 250 Metern in wenigen Minuten genommen und der Feind bekämpft.
Steilfeuer vom Mörserzug
Im Hintergrund, fernab des Schussfelds, hat bereits der Mörserzug mit dem Mannschaftstransportwagen Stellung bezogen und ist zum Abschuss bereit. Das Kettenfahrzeug ist auch unter dem Namen Panzermörser M113 bekannt. Knapp zwei Kilometer vom eigentlichen Zielfeld warten die Kampfunterstützer auf die Feueraufträge aus dem Schützengraben. In der Annäherungsphase der Panzergrenadiere an den Graben ist Steilfeuer unerlässlich. Dadurch können sich die Kräfte bis an den Graben annähern, absitzen und die Sturmausgangsstellung beziehen, um möglichst nicht unter feindliches Feuer zu geraten beziehungsweise aufgeklärt zu werden.
Der Beobachter im Zielfeld lenkt und beobachtet dabei das Mörserfeuer. So kann das Steilfeuer auf wenige Meter genau gelenkt werden und dort zum Einsatz kommen, wo es tatsächlich benötigt wird. Es sind nur wenige Millimeter in der Einstellung des Mörsers und die Art der Treibladung, die darüber entscheiden, ob das Geschoss präzise aufschlägt. Der Feuerleitfeldwebel beobachtet dabei die Flugbahn, um festzustellen, ob der Abschuss reibungslos gelaufen ist und die Richtung stimmt. Das genaue Trefferergebnis bekommt er vom Beobachter im Zielfeld übermittelt.
Eine Kunst für sich
Die Erkenntnisse aus den Wochen vor und während der Weiterbildung zeigen, wie komplex die Abläufe des Grabenkampfes sind. Das Zusammenspiel von auf- und abgesessenen Kräften sowie Feuerunterstützung muss genau abgestimmt und koordiniert werden. Aber auch in der Vorbereitung dürfen gewisse Punkte nicht vernachlässigt werden. Hierbei liegt die Kunst. Allein schon beim Ausbau des Schützengrabens muss die Truppe genau prüfen: Ist der Boden fest? Wie breit muss der Graben sein? Muss er verschalt beziehungsweise wegen des Grund- oder Schichtwassers mit Paletten ausgelegt werden?
Zusätzlich kommt es auf taktische Kleinigkeiten an. Dazu gehört, dass das Gewehr, nicht wie üblich in der sogenannten Kontaktstellung gehalten wird, sondern schräg nach oben. Dadurch kann der Schütze sowohl im Graben als auch aus dem Graben heraus schnell und sicher schießen. Insgesamt haben alle Beteiligten, vom Schützen bis zum Ausbilder, eine Vielzahl wertvoller Erkenntnisse in Bergen sammeln können. Für die Soldatinnen und Soldaten war es eine lehrreiche und besondere Zeit, in der sie der Kunst des Grabenkampfes einen Schritt nähergekommen sind.