Ein wachsendes Reservebataillon übt das Gefecht
Ein wachsendes Reservebataillon übt das Gefecht
- Datum:
- Ort:
- Torgelow
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die Reservistinnen und Reservisten des Panzergrenadierbataillons 908 trainieren regelmäßig an Wochenenden. Den Abschluss jedes Ausbildungsjahres bildet eine 14-tägige Übung, an der 2024 knapp 120 Kameradinnen und Kameraden teilnahmen – sehr erfahrene und neu gewonnene. Dies ist ein Erfolg des Personalgewinnungsprojekts des Bataillons.
Geschäftiges Treiben in der Greifen-Kaserne in Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern: Auf dem Dienstplan stehen Abläufe, die Einzelschützen, Panzervernichtungstrupps und Pioniere beherrschen müssen. Hinzu kommen der Handgranatenwurf oder das Verlegen eines Gefechtsstandes. Die Motivation der Frauen und Männer ist hoch, viele von ihnen kommen regelmäßig, manche sogar schon seit mehreren Jahren. Für andere ist es die erste Übung beim nicht-aktiven Panzergrenadierbataillon 908, sie sind die Neuen.
Es sind ehemalige Zeitsoldaten, die erst vor Kurzem aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sind, andere leisteten in der Vergangenheit ihren Grundwehrdienst und hatten für Jahre nichts mehr mit der Bundeswehr zu tun. Auch die Altersspanne ist weit gefasst: Manche sind gerade 20, andere über 60 Jahre alt. In ihrer aktiven Zeit waren sie Panzerleute, Versorger, bei der Luftwaffe oder eben Panzergrenadiere.
Sie alle haben ihren Weg über ein ehrgeiziges Personalgewinnungsprojekt zum Panzergrenadierbataillon 908 gefunden. Jedem und jeder wird hier im Bataillon die Ausbildung zum Panzergrenadier ermöglicht. Waren es im vergangenen Jahr knapp 100 Neulinge, wurden 2024 bis Jahresmitte bereits 40 weitere Personen beordert. Der Zuwachs des Panzergrenadierbataillons 908 ist seit Beginn des Projekts enorm.
Unterstützung in jeder Phase
„Man fühlt sich hier sehr willkommen, hier wird Kameradschaft gelebt. Auch die Unterstützung von allen Seiten ist groß, gerade für uns Neue“, beschreibt ein ehemaliger Soldat der Luftwaffe die Atmosphäre. Befragt man die Neuen nach ihren Motiven mitzumachen, erhält man vielfältige Antworten: Sie wollen ihren Beitrag leisten und dem Land etwas zurückgeben. Sie sind besorgt wegen der weltpolitischen Lage, wollen eine militärische Heimat finden oder suchen Abwechslung zum zivilen Beruf. Obendrein ist die gute Besoldung für manche attraktiv. Ausbildung und Ausrüstung sind aber letztendlich entscheidend. Ein Oberleutnant der Panzergrenadiertruppe ist begeistert: „Der Ausbildungsstand ist hoch und die Ausbildungsvielfalt für ein Reservebataillon enorm groß.“
Bis die Reservistinnen und Reservisten auf dem Übungsplatz stehen, werden sie engmaschig begleitet. Nach einer Bewerbung und Kontaktaufnahme durch das Bataillon folgt in der Regel ein erstes Personalgespräch mit den Kameraden des Verbands. Diesem schließen sich ärztliche Untersuchungen und die Einkleidung an. Die Verantwortlichen sind engagiert, vieles wird möglich gemacht und bürokratische Hürden werden beim Panzergrenadierbataillon 908 gemeinsam genommen.
Der Gefechtsstand wird zertifiziert
Bei der zweiwöchigen Übung auf dem Truppenübungsplatz Jägerbrück wird das Reservebataillon personell und materiell von verschiedenen Verbänden der aktiven Truppe unterstützt. Im Lager Rieth hat sich die 1. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 908 eingerichtet. Sie werden verstärkt durch Fernmelder des Panzergrenadierbataillons 411 und des Jägerbataillons 413, die ihnen beim Aufbau, Betreiben und Verlegen des Gefechtsstandes helfen.
Die Herausforderung für alle: Je nach Lageentwicklung muss der Gefechtsstand schnell abgebaut und an einen neuen Ort verlegt werden. Dies geschieht in einem kompletten Vorgang, kann aber auch, je nach Anforderung, teilweise und zeitlich versetzt erfolgen. Nach Aufbau zweier Funkkabinen durch den Fernmeldezug und ausgelegter Sicherung durch den Technischen Zug erkundet der Aufklärungs- und Verbindungszug einen Verfügungsraum für die geplante Verlegung des Gefechtsstandes. Währenddessen müssen eine oder beide Funkkabinen wieder abgebaut und für den Transport vorbereitet werden.
An dem neuen Ort werden die Soldatinnen und Soldaten zügig eingewiesen und der Gefechtsstand erneut aufgebaut, die Funkbereitschaft hergestellt. Siebenmal in 48 Stunden wiederholt sich dieses Prozedere, bis alle Handgriffe, auch bei Dunkelheit, sitzen. Schließlich ist die Zertifizierung geschafft. Aber schon drängen die Ausbilder zum erneuten Aufbruch. Eine Übung mit Feindbeschuss schließt sich an die Zertifizierung an.
72 Stunden intensive Ausbildung
Die 2. Kompanie steht am Anfang eines dreitägigen Übungsteils. Aktive Kameraden des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 aus Minden bereiten die Reservistinnen und Reservisten mit einer fundierten Pionierausbildung vor: Die angehenden Panzergrenadiere lernen Flandern-Zäune und spanische Reiter aufzubauen, Stacheldrahtrollen zu verlegen und Richtminen auszulegen – alles Sperrformen der Pioniere, um den Feind aufzuhalten. Der Alpha-Zug trainiert als Panzervernichtungstrupp, betreibt Spähaufklärung und verübt einen Handstreich, also einen für den Feind überraschenden Überfall. Der Bravo-Zug erkundet und bezieht derweil Räume, baut Stellungen aus, verteidigt sie und trainiert den Feuerkampf – alles Elemente des Gefechts.
Dann geht es los. Beide Züge ziehen in einem Waldstück unter – Leben im Felde für drei Tage. Der Feind, auf den sie treffen, ist echt: Es ist ein Feindkommando ihres Partnerverbandes, des Panzergrenadierbataillons 411. Für die Reservistinnen und Reservisten folgen 72 Stunden Anspannung und Probe, ob das Erlernte zum Überleben reicht.
Personalgewinnung geht weiter
Die Übung zeigt, die neu hinzugekommenen Kameradinnen und Kameraden sind bei den 908ern mittlerweile voll integriert. Alle beantworten die Frage, ob sie beim nächsten Mal wiederkommen werden, mit einem klaren Ja. Bataillonskommandeur Oberstleutnant Torsten Held stellt klar: „Das Personalgewinnungsprojekt ist ein Erfolg, definitiv.“
Zwar werden mittlerweile einige Dienstposten knapp. Aber auch hier werden die Neuen bestmöglich unterstützt und Alternativen in anderen Ergänzungstruppenteilen, im Heimatschutz oder auf Spiegeldienstposten in der aktiven Truppe gesucht. Die Nachfrage beim Panzergrenadierbataillon 908 ist groß. „Das freut uns natürlich“, sagt Held. Das sei aber nur ein Teilerfolg, den er mit seinem Bataillon ausbauen wolle. „Für alle ist ganz klar, die Reserve wird nur von Menschen mit einem starken Willen getragen“, so der Kommandeur abschließend.