Heer
Erweiterte Grundbefähigung

Neues Auswahlverfahren für Spezialisierte Kräfte

Neues Auswahlverfahren für Spezialisierte Kräfte

Datum:
Ort:
Seedorf
Lesedauer:
3 MIN

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Die Bundeswehr hat im April 2023 mehr als 700 Personen aus dem Sudan evakuiert. Den Kern dieses mehrere Hundert Soldatinnen und Soldaten umfassenden Evakuierungsverbandes stellten die Fallschirmjäger, viele von ihnen mit einer EG-Befähigung. Was ist Erweiterte Grundbefähigung (EGBErweiterte Grundbefähigung) und welche Voraussetzungen benötigt man dafür?

Zwei Soldaten in Flecktarn mit Kopfschutz boxen vor einer schwarzen Stellwand.

Nach einem 10-Kilometer-Eilmarsch befinden sich die Bewerber in einer Nahkampfsituation, in der sie nur defensiv agieren dürfen. Hier werden Selbstkontrolle und Wille extrem gefordert.

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Die Fallschirmjäger mit EGBErweiterte Grundbefähigung sind Spezialisierte Kräfte des Heeres und für besondere Aufgaben bei den sogenannten Speziellen Operationen ausgebildet. Im Einsatz und auf Übung benötigt ein EGBler somit einen besonders starken Willen, viel Kraft, Ausdauer und Konzentration, auch unter schwierigsten Bedingungen. Der Auftrag sowie die individuellen Anforderungen sind sehr anspruchsvoll, daher muss sich auch das Potenzialfeststellungsverfahren, also das Auswahlverfahren für die EBG-Ausbildung, an den möglichen späteren Einsätzen orientieren. Im niedersächsischen Seedorf hat das Fallschirmjägerregiment 31 nun ein neues Auswahlverfahren, das alte stammt aus dem Jahr 2008, für die veränderten Einsatzansprüche optimiert und erprobt.

118 Bewerber aus dem gesamten Bundesgebiet waren freiwillig nach Seedorf gekommen und stellten sich den umfangreichen Tests, die Voraussetzung sind, um Fallschirmjäger mit EGBErweiterte Grundbefähigung zu werden. Der Prüfungswoche ist eine verpflichtende, zweiwöchige Vorbereitungs- und Einweisungsphase vorgeschaltet. Die körperliche Fitness wird hier für alle späteren Aufgaben als selbstverständlich vorausgesetzt und deshalb nicht speziell trainiert.

Was ist neu bei der Auswahl zum EGBler?

Zwei Soldaten lassen sich mit jeweils einem Seil an einem hohen Turm herab.

Ein Einsatz als EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldat bedeutet auch immer, sich großen Herausforderungen zu stellen und diese zu bestehen. Beim Abseilen aus rund 15 Meter muss der Respekt vor der Höhe überwunden werden.

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Die Bewerbergruppen begleiten jeweils zwei erfahrene EGBErweiterte Grundbefähigung-Soldaten, das OC-Team. OC steht dabei für Observer and Controller. Sie sind permanent an der Seite der Bewerber, dokumentieren das gezeigte Verhalten, deren Charaktereigenschaften sowie physische und psychische Leistungsfähigkeit. Als Neuerung zum bisherigen Verfahren erfährt der Bewerber nicht, ob die Zeitvorgaben für die Hindernisbahn, den Gepäckmarsch oder das Kleiderschwimmen überschritten wurden, da das Gesamtbild der Prüfungswoche und nicht nur ein Einzelaspekt für das Bestehen ausschlaggebend ist.

Ebenfalls neu sind die Stationen „Combat-Mindset-Gasse“, der „Tape Drill“ und der Ansatz „Leistung durch Regeneration“. Die Erfahrungen zeigen, dass körperliche Belastungen immer auch mit einem regenerativen Ansatz verbunden sein müssen; das heißt nach einer fordernden Gefechtsausbildung folgt immer auch die gezielte und angeleitete Regeneration. Belastungsbedingte Verletzungen, die einen Arztbesuch oder eine Krankschreibung zur Folge haben, kommen dann kaum noch vor und eine allgemeine Leistungssteigerung ist klar messbar. 

Frühes Wecken, keine Nahrung, kaum Pausen

Mehrere Soldaten laufen, mit Waffen und Rücksäcken bepackt, auf einer geteerten Straße

Der zweite 10-Kilometer-Eilmarsch erfolgt nach etwa zweistündiger Ruhepause in einzelnen Gruppen. Am Marschziel angekommen, wartet der „Tape Drill“ auf die Bewerber.

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Die Prüfungswoche selbst verlangt mit einem 7-Kilometer-Lauf (plus 20 Kilogramm Gepäck), zwei 10-Kilometer-Eilmärschen (einzeln und als Gruppe), Kleiderschwimmen, Abseilen, zweimal Hindernisbahn (einzeln und als Gruppe), einem Hallenhindernisparcours sowie der Station „Floßbau und Gewässerüberwindung“ viel von den Bewerbern.

Der gesamte dritte Tag ist stark an einem möglichen Einsatz der EGBErweiterte Grundbefähigung-Kompanie ausgerichtet; neben der körperlichen Leistungsbereitschaft sind das persönliche Mindset, im Sinne von Überzeugung und innerer Haltung, wichtig. Das bedeutet einen Tag lang ohne Verpflegung, frühes Wecken, individuelle Höchstanstrengungen und kaum Ruhephase für die Bewerber.

Kurz nach 4 Uhr sind somit die ersten Bewerber unterwegs. Sie müssen nach zehn Kilometern und maximal 80 Minuten die Combat-Mindset-Gasse erreichen. Dies ist ein schwarz folierter Gang, in dem nacheinander und selbstverständlich schnellstmöglich, 50 Liegestütze, 50 Squad Jumps (Hock-Strecksprünge) und ein Pendellauf (5x10 Meter, als Kurzsprints) auszuführen sind.

Zwei Stunden später sind die Bewerber als Gruppe erneut auf einem 10-Kilometer-Eilmarsch. Ist das Marschziel erreicht, erkundet jeder Bewerber bei der Station „Tape Drill“ den abgedunkelten Keller eines Hauses. Nur mit einer Taschenlampe als Lichtquelle soll in 60 Sekunden die Anzahl von „Freund“ oder „Feind“ festgestellt werden. Nach der Abschlussmeldung, wie viele Personen im Haus gezählt wurden, fährt die Gruppe in die Basis zurück. 

Ergebnisse

Blick über die Schulter: Ein Soldat hält eine Stoppuhr in der Hand.

Für das gesamte Potenzialfeststellungsverfahren gilt:
Jeder Bewerber ist freiwillig dabei. Zudem erzeugt die Transparenz der geforderten Leistungen in der zweiwöchige Vorbereitungs- und Einweisungsphase eine hohe Motivation der Teilnehmer.

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Über jeden der 118 Teilnehmer sprechen der Regimentskommandeur, der Kompaniechef und die OCs als Potenzialfeststellungsgremium. In der Summe bestehen am Ende 96 Bewerber und auch eine Bewerberin das Auswahlverfahren. Neun von 96 haben Auflagen erhalten und müssen beispielsweise „nachreichen“, dass sie die Hindernisbahn auch wirklich in 02:20 Minuten bewältigen können.

Wer am Ende des Auswahlverfahrens zur EGBErweiterte Grundbefähigung-Ausbildung zugelassen ist, hat selbstverständlich noch einen physisch und psychisch fordernden Weg vor sich. Nach etwa zwölf Monaten und dem Bestehen der Ausbildung bekommt man schließlich das Basecape der EGBErweiterte Grundbefähigung-Kompanie verliehen. Der EGBErweiterte Grundbefähigung-Status wird übrigens auch finanziell mit einer monatlichen Zulage von 500 Euro belohnt. Und wer als Unteroffizier später einmal vielleicht Berufssoldat werden will, hat mit dem EGBErweiterte Grundbefähigung-Hintergrund sehr gute Voraussetzungen. 

Was wird vom EGBErweiterte Grundbefähigung-Bewerber gefordert? 

  • Mehrere Soldaten stehen auf einer Wiese und vor einem Stein mit einem Kompaniewappen.

    Sie kommen aus ganz Deutschland und sind drei Wochen lang Teil der 2. Kompanie des Fallschirmjägerregiments 31 in Seedorf: 117 Bewerber und eine Bewerberin. Sie stellen sich den Herausforderungen, die man als EGBler bewältigen muss.

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
  • Ein grüner Militärrucksack hängt an einer Zugwaage.

    Nach der ersten Prüfungsdisziplin: ein 7-Kilometermarsch in Kampfschuhen, Feldanzug und mit 20 Kilogramm Gepäck auf dem Rücken. Dafür sind maximal 52 Minuten vorgesehen. Nach dem Marsch wird das Gewicht des Rücksacks kontrolliert.

    Bundeswehr/Ralf Heberer
  • Ein Mann in einem Schwimmbecken wirft einen Kleidersack an den Beckenrand.

    Die zweite Tagesstation: Kleiderschwimmen. Acht Bahnen, also 200 Meter, müssen unter acht Minuten geschwommen werden. Anschließend muss der Bewerber die Kleidung im Wasser ausziehen und über den Startblock an den Beckenrand werfen.

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
  • Ein Soldat klettert über eine Holzwand.

    Kennt jede Soldatin und jeder Soldat aus seiner eigenen Grundausbildung: die Hindernisbahn. Nach maximal 02:20 Minuten muss das Ende der Bahn, hier mit Helm, Waffe und Brille, erreicht werden. Ein Bewerber überwindet die Eskaladierwand.

    Bundeswehr/Ralf Heberer
  • Ein auf dem Boden knieender Soldat in Flecktarn-Uniform schlägt auf einen Sandsack.

    Am Ende der Combat-Mindset-Gasse und nach einem einminütigen Nahkampf: Ein auf dem Boden liegender Sandsack muss 60 Sekunden lang „bearbeitet“ werden

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
  • Vor einem Wald liegen grüne Rollen, ein Beil und weiteres Material, das man zum Floßbau benötigt.

    Bei der Aufgabe „Floßbau und Gewässerüberwindung“ muss zunächst das passende Material gefunden und verarbeitet werden. Dabei ist die Leistung der Gruppe und des Gruppenführers gefordert.

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
  • Zwei Soldaten überqueren auf einem kleinen Holzfloß einen See.

    Am Ende der Gruppenarbeit „Floßbau“ müssen alle Bewerber trockenen Fußes die andere Seite eines Sees erreichen. Das schaffen alle Gruppen.

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
  • Mehrere Soldaten laufen mit einer Transporttrage durch einen Wassergraben.

    Auch beim Überwinden der Hindernisbahn müssen alle Bewerber in den Gruppen perfekt zusammenarbeiten. Neben den Handwaffen werden Waffen, ein Funkgerät und eine Verletztentrage mitgeführt.

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
  • Vor einem Waldsee liegt ein hellbraunes Basecape auf einem Stein.

    Belohnung nach weiteren zwölf Monaten: Hat man den EGBErweiterte Grundbefähigung-Lehrgang bestanden und wird in die EGBErweiterte Grundbefähigung-Kompanie aufgenommen, erhalten diese Soldatinnen und Soldaten ein besonderes Basecape und eine Zulage von 500 Euro pro Monat

    Bundeswehr/Julia Dahlmann
von Ralf Heberer

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