Mit dem Schiff an den Einsatzort
Mit dem Schiff an den Einsatzort
- Datum:
- Ort:
- Kiel
- Lesedauer:
- 6 MIN
Für die Übung Griffin Lightning 2023 in Litauen nutzen die Soldatinnen und Soldaten der Panzergrenadierbrigade 41 auch den Seeweg. Eine Fähre bringt Mensch und Material von Kiel in die Hafenstadt Klaipėda. Wie läuft die Reise per Schiff für die Truppe ab? Wir begleiten die Soldaten bis zum Ablegen aus dem Kieler Hafen.
Der Blick geht auf die Uhr. In wenigen Minuten müssten laut Plan die ersten Fahrzeuge die Tore des Marinearsenals in Kiel passieren. Heute reisen sie aus ganz Norddeutschland an, die Soldatinnen und Soldaten auf ihren militärischen Fahrzeugen. Sie sind Unterstützungs- und Verstärkungskräfte für die Übung Griffin Lightning 2023 in Litauen. Der Plan: Nach der Fährfahrt wollen sie im 390-Kilometer-Landmarsch zum Truppenübungsplatz Pabradė gelangen, um dort direkt in die Übung durchzustarten.
Zurück im Marinearsenal. Gerade erreichen Pioniere vom Panzerpionierbataillon 803 aus Havelberg, Aufklärer vom Aufklärungsbataillon 6 aus Eutin, sowie die Hauptkräfte der 2. Kompanie des Versorgungsbataillons 142 der eVAenhanced Vigilance Activities-Brigade aus Torgelow den ersten Sammelpunkt. Die Verbände gehören zur Panzerbrigade 41 „Vorpommern“, die seit dem Sommer letzten Jahres als enhanced Vigilance Activity Brigade (eVAenhanced Vigilance Activities-Brigade) für den Schutz Litauens verantwortlich ist.
Hier in der Kaserne, die für die Marine tätig ist, wird die Truppe durch das Organisationsteam aufgenommen und auf ihre weitere Reise nach Pabradė vorbereitet. Zusätzlich werden fünf Schützenpanzer Marder des Panzergrenadierbataillons 401 aus Hagenow auf dem Seeweg nach Litauen verlegt. Diese stehen bereits transportfertig im Hafen. Das Panzergrenadierbataillon 401 gehört ebenfalls zur Panzergrenadierbrigade 41. Mit ihrem Schützenpanzer Marder sollen sie das Jägerbataillon 413 vor Ort verstärken. Letztere fahren vorher per Straßenmarsch nach Litauen.
Kraftstoff tanken und Ausweise abgeben
Es ist 13 Uhr. Mittlerweile sind alle Fahrzeuge, insgesamt 40, im Marinearsenal angekommen. Hier fahren sie zunächst in einer Art Kette auf. Am sogenannten Meldekopf geben die Soldaten ihre zusammengetragenen Personalausweise und Gefahrgutbescheinigungen in Briefumschlägen ab. Das Organisationsteam, gestellt vom Versorgungsbataillon 142, organisiert nicht nur die reibungslose Überfahrt der vielen Fahrzeuge, sondern auch die Verlegung des Personals. Jetzt heißt es für alle erst einmal kurz warten. Dann werden die Fahrzeuge abgerufen und betankt. Auf einer Betonfläche entsteht binnen kurzer Zeit eine mobile Tankstelle. An zwei Zapfanlagen erhalten alle Fahrzeuge Treibstoff, bevor es später auf die Fähre geht.
Am Nachmittag rollt die Kolonne in getrennten Gruppen, den Marschteileinheiten, los. Unter Blaulicht werden sie durch die Feldjäger auf ihrem Weg durch Kiel begleitet. Jetzt darf nichts schiefgehen. Um 16.15 Uhr erreichen die ersten Soldaten den Kieler Ostuferhafen. Sie liegen gut in der Zeit. Bis jetzt läuft alles nach Plan. Am sogenannten Gate wird es dem einen oder anderen noch mal kurz mulmig. Werden alle Fahrzeuge ungehindert passieren können? Schließlich ist die gesamte Kolonne angemeldet.
Ab in den Schiffsrumpf
Sie dürfen passieren. Am Kai fährt die Kolonne dann in vorgegebener Ordnung in mehreren Spuren auf. Gerade einmal eine Viertelstunde später erreicht auch die zivile Fähre, die fast 200 Meter lange „Athena Seaways“, die Anlegestelle. Nachdem das fast 24.000 Tonnen schwere Schiff mit Seilen am Festland arretiert worden ist, öffnet sich die dunkle Heckrampe. Zunächst verlassen unzählige Lastwagen, Container und Pkws den Rumpf. Die Szenerie erinnert ein wenig an einen Armeisenhaufen. Die routinierten Rangierarbeiten der Hafenmitarbeiter sind beeindruckend. Währenddessen wartet die Kolonne auf das Signal des Personals. Es wird dunkel. Die Scheinwerfer leuchten. Ein Mitarbeiter wird die Fahrzeuge jeden Moment abrufen und ihnen einen Parkplatz im Schiffsrumpf zuteilen.
Alexander ist Stabunteroffizier (FAFeldwebelanwärter), also Feldwebelanwärter, im Panzergrenadierbataillon 401 und überführt heute mit seinen Kameraden die Schützenpanzer. „Für die meisten von uns, die heute mit dabei sind, ist es die erste Fährverlegung mit Gefechtsfahrzeugen, denn normalerweise verlegen wir die Schützenpanzer per Gütertransport auf dem Gleis“, verdeutlicht der Soldat. „Das Auffahren auf den Waggon ist recht anspruchsvoll und ich bin gespannt, wie diesmal der Transport mit der Fähre laufen wird.“
Begrenzter Platz in der Fähre
Um 18.11 Uhr rollt der erste Transportpanzer Fuchs über die Rampe. Fahrzeug für Fahrzeug findet die Truppe Platz auf dem Schiff. Durch das hohe Gewicht der Fracht erfolgt das Abstellen penibel nach Ladeplan, gesteuert und beaufsichtigt durch zivile Einweiser. Die Athena Seaways ist zwar groß, aber der Platz unter Deck ist für rangierende Gefechtsfahrzeuge begrenzt. Hier kommt es auf das Geschick der Soldaten und auf das Zusammenspiel mit den Verladeprofis an.
Ist dies gemeistert, müssen die Soldaten den Laderaum zügig verlassen. Sie nehmen all ihr Gepäck auf, dass sie für die Reise brauchen, denn während der Fahrt ist der Parkbereich aus Sicherheitsgründen gesperrt. An Bord erhalten sie eine Kabine, in der sie übernachten. Um 21 Uhr beginnt die Seereise. Die gesamte Überfahrt dauert fast einen gesamten Tag. Um 17 Uhr Lokalzeit soll die Truppe den Hafen von Klaipėda erreichen.
Ohne Nachschub geht nichts
Während der Übung Griffin Lightning ist das Versorgungsbataillon 142 für die logistische Versorgung der Truppe verantwortlich. Darunter zählt auch die Betankung der Fahrzeuge während des Marsches und im Übungsbetrieb vor Ort. Hinzukommt die rasche Instandsetzung von Material unter enormem Zeitdruck. Das Fachpersonal muss sich im Vorhinein genau darauf einstellen, welche Austauschteile, Werkzeuge und Betriebsstoffe auf dem Transport nach Litauen unbedingt mitgeführt werden müssen.
Um Bundeswehrfahrzeuge zu bewegen, braucht es gemäß den Sicherheitsbestimmungen der Bundeswehr, Kraftfahrer und zusätzlich Einweiser. „Darüber hinaus gibt es bei jedem Seetransport, egal, ob militärisch oder zivil, konkrete nationale und internationale Bestimmungen, die bei einem solchen Gefahrguttransport eingehalten werden müssen“, erklärt Hauptmann Janine A. vom Versorgungsbataillon 142 aus Torgelow. Es sind Gefahrguttransporte, weil beispielsweise gefährliche Betriebsstoffe transportiert werden, die im schlimmsten Fall zum Risiko für Mensch und Natur werden können. Egal, ob Übung oder im Ernstfall: Die Soldaten des Versorgungsbataillons 142 liefern wichtige Fachexpertise und handwerkliches Geschick, damit die Truppe ihren Auftrag an jedem gewünschten Einsatzort ausführen kann. Doch auch für die erfahrenen Logistik-Fachleute ist diese Übung eine wertvolle Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln.
Das ist die Übungsserie Griffin
Die Panzergrenadierbrigade 41 nennt grundsätzlich ihre Übungsreihen Griffin, zu Deutsch Greif. Mit der Übung Fast Griffin, im vergangenen Jahr im Oktober, verlegte die Brigade erstmalig Kräfte des Jägerbataillons nach Litauen, damals ausschließlich per Fähre und per Flugzeug. Während dieser Übung wurde das Forward Command Element, die Führungszentrale der eVAenhanced Vigilance Activities-Brigade im litauischen Rukla durch die ehemalige Bundesministerin der Verteidigung Christine Lambrecht in Dienst gestellt. Nun soll die Griffin-Serie weiter aufwachsen. „Als eVAenhanced Vigilance Activities-Brigade wollen wir in 2023 zeigen, dass wir in der Lage sind, noch mehr Truppen binnen kürzerer Zeit an den Einsatzort zu verlegen“, erklärt Hauptmann Andreas H. von der Panzergrenadierbrigade 41. So werde aus Fast Griffin in diesem Jahr Griffin Lightning, wo wieder das Jägerbataillon 413 verlegt, diesmal aber mit mehreren Kompanien, und auch nicht nur per Luft- und Seetransport, sondern zusätzlich im Straßenmarsch. Das Ende dieser Griffin-Serie wird die Übung Griffin Storm im Sommer dieses Jahres sein, wo obendrein der Bahntransport und die Verlegung eines größeren Kräftekontingents hinzukommen werden.