Luftlandepioniere bei Torgelow im Gefecht
Luftlandepioniere bei Torgelow im Gefecht
- Datum:
- Ort:
- Jägerbrück
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Südlich Torgelow: Im Schutz der Dunkelheit und ohne Licht rollen die Luftlandepioniere in ihren Verfügungsraum. Nur das spärliche Licht von Knicklichtern und Tarnbeleuchtung lässt erahnen, zwischen welchen Bäumen die Soldatinnen und Soldaten in ihren Gefechtsfahrzeugen unterziehen: Landesverteidigung steht auf dem Dienstplan der Luftlandepionierkompanie 270 aus Seedorf. Rund 100 Pioniere und 30 Fahrzeuge sind beteiligt.
Luftlandepioniere, ihre Fahrzeuge und Ausrüstung werden per Flugzeug oder Hubschrauber in den Einsatzraum geflogen. Im Deutschen Heer gibt es mit den Luftlandepionierkompanien 260 in Saarlouis und 270 in Seedorf zurzeit zwei Kompanien, sie sind der Luftlandebrigade 1 direkt unterstellt. Beide sind aufgrund ihrer Ausrüstung in der Lage, direkte Pionierunterstützung für Luftlandeeinheiten zu leisten.
„Mit dieser Kompanieübung fassen wir all unsere Fähigkeiten zusammen“, beschreibt Kompaniechef Major Stefan B., während das Vorauskommando weiteren Einsatzfahrzeugen wie dem Mungo, dem Enok und dem Waffenträger Wiesel Stellflächen im Wald zuweist. Der Major fährt fort: „In vielen Übungen unterstützen wir in Einzelabstellungen mit unseren Fähigkeiten. Hier in dieser Woche verbinden wir alle unsere Fähigkeiten in einem Gefecht. Wir üben unsere Fähigkeiten – das Pionierhandwerk.“ Es gehe darum, die eigene Einsatzfähigkeit zu festigen und Fähigkeiten für die Landesverteidigung auszubauen. Dazu gehörten in dieser Woche im Speziellen das Überwinden von Gewässern, der Kampf mit Panzerabwehrminen, das Sprengen und natürlich das Gefecht.
Kurz vor Mitternacht steht der letzte Mungo im Verfügungsraum. In oder neben ihren Fahrzeugen verbringen die Luftlander die Nacht. Für einige wird sie besonders kurz.
Den Fluss bezwingen
Die Uecker, der fast 100 Kilometer lange Fluss, verhindert das Vorankommen der gesamten Kompanie – das Ziel: der Truppenübungsplatz Jägerbrück. Dort ist in zwei Tagen das Gefecht für die Pioniere geplant. In der taktischen Lage sind alle Brücken nicht passierbar.
„Die Erkundung anhand der Karte hat gezeigt, dass wir zwei Möglichkeiten haben, die Uecker zu queren. Auftrag: vor Ort beide Möglichkeiten erkunden und schnellstmögliche Vorlage der Erkundungsergebnisse an den Chef“, so formuliert der Kompanieeinsatzoffizier noch in der Nacht den Auftrag zum Überqueren des Flusses. Der Luftlandepioniermaschinenzug ist für den Übergang verantwortlich. Im Morgengrauen erkunden die ersten Pioniere die Uecker. „Mehrere Punkte sind wichtig für uns“, so ein Zugführer. „Breite, Tiefe, Strömungsgeschwindigkeit und, ganz wichtig, die Ufer mit den Böschungswinkeln. Unsere Fahrzeuge müssen ungehindert auf die Brücke auf- beziehungsweise abfahren können.“ Die Überfahrt müsse später zügig funktionieren. Das sei immer ein neuralgischer Punkt und biete dem Gegner eine Angriffsmöglichkeit. Nach der Auswertung durch den Chef steht fest: „Möglichkeit 2 ist wegen der flacheren Uferböschung die Stelle für den Übergang.“
Mit leichtem Gerät
Die Bezeichnung Luftlandepioniere steht für sich. Alle Fahrzeuge wie auch die technische Ausstattung sind so dimensioniert, dass sie per Hubschrauber oder Flugzeug an jeden beliebigen Ort gebracht und dort abgesetzt werden können. „Schweres Brückengerät wie etwa Brückenlegepanzer oder Verlegefahrzeuge sind bei uns nicht denkbar. Für unsere Übergänge nutzen wir etwa das Jetfloat-System“, erklärt der Zugführer.
Es besteht aus modularen Schwimmkörpern. Daraus bauen die Pioniere Pontonbrücken oder auch Fähren zusammen, die mit Außenbordmotoren angetrieben werden. Je nach Bauweise sind dabei auch Tragfähigkeiten möglich, die weit über das der leichten Fahrzeuge der Luftlandetruppe hinausgehen. Der Übergang der Uecker liegt gewollt abseits von militärischem Übungsgebiet. Das sei ein weiterer Übungszweck. In der auch zivil genutzten Umgebung sei der Einsatz der Technik für die Soldaten noch einmal schwieriger, schaffe aber auch mehr Verbundenheit mit der Bevölkerung, so der Kompaniechef.
„Übergang einsatzbereit!“ geht es per Funk an den Kompaniegefechtsstand. Mit fast 170 Jetfloat-Schwimmkörpern haben die Pioniere ein knapp 25 Meter langes Ponton gebaut, das als selbstschwimmende Kriegsbrücke genutzt wird. Der Weg für alle Fahrzeuge der Luftlandepioniere ist frei. Zügig rollen die Mungos ihrem Auftrag, dem Gefecht in Jägerbrück, entgegen.
Achtung, ich zünde!
Der Gefechtsstreifen auf dem Übungsplatz Jägerbrück fordert die Pioniere in neuer Weise. Auf einer Breite von fast 700 Metern öffnet sich das nur mit niedrigem Heidekraut bewachsene Gelände. Es bietet kaum Schutz, dazu eine schmale Baumschneise am Waldrand. Das gesamte Gelände wählt der Kompaniechef für die Verteidigungsstellung aus. Schnell formuliert der Major seine Absicht: „Die Baumschneise – auf Befehl dichtmachen – Baumsperre zur Sprengung vorbereiten! Auf dem freien Gelände: Panzerabwehrverlegeminen dreifach anlegen, das gesamte Gelände aus eigenem Stellungsraum überwachen, Abschluss aller Maßnahmen und gefechtsbereit: 1800.“
Das Anlegen von Sperren ist eine der Hauptaufgaben der Pioniere. Auf dem Mungo Mehrzweck mit Anhänger etwa transportieren die Soldaten bis zu 360 Panzerabwehrverlegeminen, es sind keine Antipersonenminen. Vom Fahrzeug aus verlegt, sind selbst sehr große Entfernungen schnell mit Minen bestückt. Auch das Laden und Sprengen von Bäumen ist für die speziell geschulten Sprengmeister kein Problem. „Wir haben für jeden Baum die Ladung ausgerechnet und werden sie genau positionieren. Mit der Ladung bestimmen wir die Fallrichtung der Bäume. Optimal kreuzen sie sich im Fallen, das macht ein Überwinden für den Gegner unmöglich“, erklärt einer der Pioniere, während er die letzten Ladungen am Stamm befestigt.
Feindliche Schützenpanzer vor eigener Stellung
Die Sprengung wird mit Befehl nun ausgelöst. Dadurch kann sich der Gegner nur eingeschränkt bewegen. Im Idealfall wird er sogar gestoppt: ein wichtiger Beitrag für die Planung eines Gefechts.
„Schützenpanzer vor eigener Stellung!“ kommt nun für alle hörbar über den Funkkreis. Noch 100 Meter sind es, bis die Minensperre komplett geschlossen ist. Die Anspannung ist deutlich zu spüren. 250 Minen haben die Pioniere bis dahin in der Sperre verlegt. „Alle Kräfte Verteidigungslinie und Zündstelle beziehen!“, befiehlt der Chef kurz und knapp. Der Plan geht auf. Die wuchtige Explosion der fast 20 Sprengladungen macht aus der Waldschneise ein unüberwindbares Gewirr aus Baumstämmen. Sie liegen kreuz und quer. Auf der weiten Fläche fährt der Feind auf die Minensperre auf, die Pioniere bekämpfen mit immer wiederkehrenden Feuerkommandos die Spitzen der feindlichen Kräfte. Die Baum- und die Minensperre zeigen Wirkung.
„Gelände für eigene Kräfte gangbar machen oder auch Gelände für den Gegner zu sperren, ist das Merkmal der Pioniere und genau das haben wir geübt“, resümiert der Kompaniechef.