Kampfmittelbeseitigung: Bomben, Geschosse und Sprengfallen sind die Gegner
Kampfmittelbeseitigung: Bomben, Geschosse und Sprengfallen sind die Gegner
- Datum:
- Ort:
- USA
- Lesedauer:
- 5 MIN
Wie neutralisiert man Blindgänger sicher? Und wie reagiert man, wenn eine improvisierte Sprengfalle (IEDImprovised Explosive Device) unter Beschuss liegt? Genau dieses spezielle Wissen war bei der „EODExplosive Ordnance Disposal Team of the Year Competition“ der U.S. Army in den USA gefordert. An dem internationalen Wettkampf nahm auch ein Team der Bundeswehr teil.
Im Deutschen bedeutet der Begriff „Explosive Ordnance Disposal“ (EODExplosive Ordnance Disposal) Kampfmittelbeseitigung. Ziel der Kampfmittelbeseitigung, einem Kernauftrag der Streitkräfte, ist es, nicht explodierte Kampfmittel inklusive improvisierter Sprengfallen unschädlich zu machen, wobei Sekundärschäden möglichst vermieden werden sollen.
Die EODExplosive Ordnance Disposal-Spezialisten der Bundeswehr trainieren deshalb regelmäßig mit Partnernationen – beim Wettkampf in den USA mit acht Mannschaften aus fünf Ländern. Neue Taktiken zur Bombenentschärfung oder der Einsatz innovativer Robotertechnik machen Einsätze effektiver und sicherer – und dienen der Landes- und Bündnisverteidigung. Die gewonnenen Erkenntnisse kommen allen zugute: der Bundeswehr, aber auch Behörden und Organisationen, die in Notlagen eng mit der Bundeswehr zusammenarbeiten.
„Ziel des Wettbewerbs ist es, die Zusammenarbeit bei der Kampfmittelbeseitigung innerhalb der verschiedenen Teilbereiche der USUnited States-Streitkräfte sowie mit unseren Alliierten und Partnern zu verbessen,“ erklärt Colonel George A. Hill. Er ist der Kommandeur der in Fort Campbell beheimateten 52nd Ordnance Group (EODExplosive Ordnance Disposal). Diese hatte den Wettkampf organisiert und umgesetzt.
Zerstörung einer Sprengfalle
Fort Campbell im USUnited States-Bundesstaat Kentucky, Schießbahn 44E: „Ich positioniere jetzt den Disruptor“, meldet Hauptfeldwebel Nils B. seinem Kameraden über Funk. Dann kniet er sich in einem 35 Kilogramm schweren Schutzanzug neben ein amerikanisches Postpaket. Vorsichtig beginnt er, das unhandliche Gerät auf eine Ecke des Pakets auszurichten. Der Disrupter ist eine Art ferngezündete Schrotflinte, mit der auch eine Wasserladung unter hohem Druck verschossen werden kann. Sie dient dazu, improvisierte Sprengfallen zu zerstören, bevor deren Zünder die Sprengladung auslösen kann.
Aus sicherer Entfernung verfolgt Hauptfeldwebel Malte W. an der Fernsteuerung eines Roboters jeden Schritt seines Kameraden. Über Funk kann er jederzeit Tipps geben oder ihn warnen, wenn er etwas Gefährliches wahrnimmt.
Das Neutralisieren eines IEDImprovised Explosive Device unter Einsatz eines Disruptors ist nur eine der Aufgaben bei der EODExplosive Ordnance Disposal Team of the Year Competition, die die beiden deutschen Kampfmittelabwehrfeldwebel Malte W. und Nils B. meistern müssen. Sie gehören zum Kampfmittelabwehrzug der Panzerpionierkompanie 550 der Deutsch-Französischen Brigade aus Stetten am Kalten Markt.
Fitness und militärische Grundlagen
Das Wettkampfprogramm hat es in sich und steht ganz unter dem Motto: „Brilliance in the Basics“. Der erste Wettkampftag beginnt morgens um fünf Uhr. Auf dem Programm der insgesamt acht am Wettkampf teilnehmenden Teams der USUnited States-Streitkräfte (4 Teams) sowie aus Brasilien, Deutschland, Großbritannien und Tunesien steht als erstes der Physical-Fitness Test der U.S. Army: Gewichtheben, Ballschleudern, Liegestütze, Pendellauf, bei dem mehrere Gewichte transportiert werden müssen, Unterarmstütz-Übung und ein Lauf über zwei Meilen.
Nach einer kurzen Regenerationsphase folgt ein Rucksackmarsch mit 16 Kilogramm Gepäck, der die Wettkämpferinnen und Wettkämpfer zu einer Schießbahn auf dem Truppenübungsplatz von Fort Campbell führt. Die zwei Soldaten vom deutschen Team kommen hier als Zweite ins Ziel, nur das Team aus Großbritannien liegt vor ihnen.
Auf der Schießbahn schießen dann alle im Wettbewerb mit verschiedenen Handwaffen des amerikanischen Heeres. Dabei belegt Hauptfeldwebel Nils B. mit der Pistole mit 40 von 40 möglichen Treffern den ersten Platz.
Zwölf Stationen Kampfmittelabwehr
Die Wettkampftage zwei bis vier stehen dann ganz im Zeichen der Kampfmittelabwehr. An insgesamt zwölf Stationen müssen die Wettkampfteams bei Tag und Nacht Aufträge aus dem Aufgabenbereich der 52nd Ordnance Group (EODExplosive Ordnance Disposal) abarbeiten, immer unter Zeitdruck. Eine der größten Herausforderungen für die vier internationalen Teams ist hierbei, dass sie mit der amerikanischen Ausrüstung arbeiten müssen, in die sie vor Wettkampfbeginn nur eine kurze Einweisung erhalten haben.
Die Aufgaben, die den Wettkampfteams gestellt werden, decken die ganze Bandbreite der Kampfmittelabwehr ab. So muss zum Beispiel an einer Station ein Handgranatenblindgänger gesprengt werden, ohne dass in fünf Meter Entfernung stehende Papierscheiben durch die Druckwelle oder Splitter beschädigt werden. An zwei anderen Stationen müssen Artilleriegeschosse und Bomben entschärft werden. Dabei schrauben die Teilnehmenden die Zünder der Kampfmittel auf Abstand heraus – zum Beispiel mit einer sogenannten Raketenklemme.
Eine ganz neue Erfahrung
Die Station „Chemical“ konfrontiert Nils und Malte mit einem Auftrag, der zwar zum Aufgabenportfolio der 52nd Ordnance Group (EODExplosive Ordnance Disposal) gehört, für den die Bundeswehr aber über eine darauf spezialisierte Einheit verfügt, und somit Neuland für die beiden Feldwebel ist: Ein leckendes Artilleriegeschoss, das einen chemischen Kampfstoff enthält, sollen sie unschädlich machen. Als Erstes gilt es aber festzustellen, um welchen Kampfstoff es sich handelt.
Mit ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske und Anzug betritt Nils B. den Raum, in dem sich das Geschoss befindet. Der Deutsche fährt mit einem Kampfstoffspürgerät, mit dem Haut- und Nervenkampfstoffe identifiziert werden können, von oben nach unten am Geschoss entlang. Das Gerät schlägt an. Um sicherzugehen, dass eine Kontamination vorliegt, wischt Nils jetzt mit Kampfstoffspürpapier über die feuchten Stellen am Geschoss. Sofort färbt sich das Papier rot. Jetzt ist alles klar: Ein Hautkampfstoff tritt aus dem Geschoss aus.
Die beiden Hauptfeldwebel nutzen eine spezielle Gaze, dichten damit das Leck ab und verpacken das Geschoss in mehreren dicken Plastiktüten. Schließlich kommt es in eine spezielle gefütterte Transporttasche – Auftrag ausgeführt.
Team der USUnited States-Armee siegt
Als Sieger aus der 2025 EODExplosive Ordnance Disposal Team of the Year Competition geht das Team der 754th Ordnance Company (EODExplosive Ordnance Disposal) des 192nd Ordnance Battalion (EODExplosive Ordnance Disposal) der U.S. Army hervor. Auch die Plätze zwei und drei gehen an amerikanische Mannschaften. Das deutsche Team des Kampfmittelabwehrzugs der Panzerpionierkompanie 550 belegt den ersten Platz unter den internationalen Teams.
„Für uns als bestes internationales Team war der Wettkampf ein voller Erfolg, doch noch viel wichtiger für uns war der internationale Austausch. Wir haben viel für unsere Arbeit mitnehmen können“, lautet das Fazit der beiden deutschen Teilnehmer.