Tiger lauern im Luftraum über der Oberlausitz
Tiger lauern im Luftraum über der Oberlausitz
- Datum:
- Ort:
- Sachsen
- Lesedauer:
- 4 MIN
Vier Tiger beanspruchen die Oberlausitz derzeit als ihr Revier. Sie zeigen Schnelligkeit und Präzision und erfassen sofort ihr Ziel – die Besatzungen der Kampfhubschrauber Tiger.
Auch während der Corona-Pandemie üben die Soldatinnen und Soldaten des Kampfhubschrauberregiments 36 „Kurhessen“ für einen möglichen Einsatz bei der Landes- und Bündnisverteidigung. 17 Piloten durchlaufen in einer Woche ein individuell angepasstes Schießen.
„Der Truppenübungsplatz Oberlausitz ist optimal für die Schießausbildung unserer Besatzungen. Mit knapp 170 Quadratkilometern und kurzen Distanzen zwischen der logistischen Basis der Hubschrauber und den Schießbahnen können wir sehr effektiv in der Ausbildung agieren“, erklärt Kommandoführer, Hauptmann Maik Hardwig*. Zu den vier Hubschraubern kommen noch knapp 30 Fahrzeuge und rund 100 Soldaten hinzu. Regulär würden hier bis zu 200 Soldaten eingesetzt. Doch, um die Hygienestandards einzuhalten, habe man den Übungsplatzaufenthalt anders geplant und sich entschieden, weniger Soldaten trainieren zu lassen, sagt Hardwig.
Einsatzbereit zu jederzeit
„Wir wollen und müssen die Einsatzbereitschaft unserer Soldaten und Hubschrauber jederzeit hochhalten“, macht Oberst Sönke Schmuck, der Kommandeur des Kampfhubschrauberregiments 36 deutlich. Die Kernaufträge des Regiments seien nationales Krisenmanagement sowie die Vorbereitung auf vereinzelte Einsatzverpflichtungen wie beispielsweise bei der Very High Readiness Joint Task Force (VJTFVery High Readiness Joint Task Force), also der Schnellen Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization. „Dieser Aufenthalt auf dem Übungsplatz ist wichtig für uns. Wir haben uns an die derzeitigen Herausforderungen rund um Corona angepasst, um hier in der Oberlausitz schießen zu können. Unsere Besatzungen brauchen dieses Training“, so Schmuck.
„Für 17 Piloten ist das Schießen ausgeplant. Wir gehen individuell auf den Stand der Ausbildung eines jeden Einzelnen ein“, erklärt Hauptmann Jens Schuman*. Piloten, die gerade erst ihre Ausbildung am Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum im französischen Le Luc abgeschlossen haben, aber auch sehr erfahrene Piloten, durchlaufen in der Oberlausitz speziell ausgeplante Schießübungen. Zusätzlich müssen die Besatzungen einen immer wiederkehrenden jährlichen Schießrhythmus nachweisen.
Der 42-jährige Schuman fliegt bereits seit 20 Jahren. Dementsprechend umfangreich ist seine Praxis: Über 1.600 Flugstunden hat er seit 2007 auf dem Kampfhubschrauber Tiger absolviert. Seine ersten Erfahrungen sammelte er als Panzergrenadier. Daher weiß er, worauf es bei der Unterstützung aus der Luft ankommt. „Im Einsatz kämpfen wir gemeinsam mit den Truppen am Boden. Unser Waffeneinsatz aus der Luft muss deshalb schnell und vor allem präzise sein. Wie die Panzer am Boden taktisch vorgehen, gehen wir taktisch in der Luft vor, um letztlich den Feind zu vernichten“, sagt er. Genau darauf ist das Schießen ausgelegt.
Alle Systeme gecheckt: Feuer frei!
„Der Hubschrauberversorgungspunkt (HVPVulnerable Point) ist unsere Basis“, erklärt Schuman auf dem Weg zum Hubschrauber. An seiner Seite ein junger Pilot, der gerade seine Ausbildung in Frankreich abgeschlossen hat. Auf dem HVPVulnerable Point wird der Hubschrauber für den Kampfeinsatz startklar gemacht. Waffenelektroniker, Fachleute für Avionik und Fluggerätemechaniker kümmern sich um die Maschine und konfigurieren die Waffenanlagen. Dazu werden die Hubschrauber betankt, mit Munition versorgt und startklar gemacht. „Von dem HVPVulnerable Point aus fliegen wir direkt auf die Schießbahn oder im Fall eines Einsatzes direkt in das Gefecht“, so Schuman. Er wird auf dem hinteren Platz, dem des Waffensystembedieners, sitzen, vorn auf dem Pilotenplatz sein jüngerer Kamerad. Grundsätzlich kann die Besatzung bis auf ganz wenige Optionen den Tiger von beiden Sitzen aus bedienen. „Wir mischen in der Ausbildung die Besatzungen, damit die erfahrenen Piloten ihr Wissen direkt an die jüngeren von uns weitergeben“, fügt Schuman hinzu.
Startgewicht sechs Tonnen
Je nach Auftrag sind verschiedene Konfigurationen der Bewaffnung möglich. „Die Waffentechniker können Luft-Luft-Flugkörper, Panzerabwehrflugkörper, bis zu 38 ungelenkte Luft-Boden-Raketen mit verschiedenen Gefechtsköpfen und noch zwei schwere Maschinengewehre mit dem Kaliber 12,7 Millimeter an den Waffenträgern der Helikopter montieren“, so Schumann. Mit dieser flexibel gestalteten Bewaffnung könne man die unterschiedlichsten Ziele bekämpfen. Dazu ist der Tiger nachtflug-, nachtkampf- sowie extrem manövrierfähig und das bei knapp sechs Tonnen Startgewicht. In diesem Durchgang werden die beiden Piloten ihre 70-Millimeter-Raketen und die Maschinengewehre einsetzen.
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Bis zu drei Kilometer beträgt die Zieldistanz bei diesem Schießen. Schuman erklärt mit einem Lächeln: „Für jüngere Piloten ist der Einsatz des Maschinengewehrs schon mit persönlicher Überwindung verbunden.“ Das Maschinengewehr wird im Wesentlichen mit dem gesamten Hubschrauber gelenkt. Der Tiger fliegt dabei steil nach unten, eine Art Sturzflug, um lang gestreute Maschinengewehrsalven zielsicher an den Feind zu bringen. Und das funktioniert bei Tag wie bei Nacht.
Nächste Besatzung, neue Aufgaben
Nach dem Schießen setzen die beiden Piloten kurz mit dem Tiger auf dem Waffen-, Sicherungs-, Kontrollpunkt (WSKP) am Rande der Schießbahn auf. Bei laufenden Rotoren schaut eine Bodencrew nach den Waffen des Tigers und stellt von außen Sicherheit an den Waffensystemen am Hubschrauber her. Im Tower auf der Schießbahn werden derweil die getroffenen Ziele dokumentiert und zur Auswertung vorbereitet. Nach der Sicherheitskontrolle fliegen die Piloten zurück zum HVPVulnerable Point: Die Hubschrauber werden wieder klargemacht und die nächste Besatzung startet zu neuen Schießübungen im Luftraum über dem Truppenübungsplatz Oberlausitz.
*Namen redaktionell geändert