Inspekteurbrief 30 Jahre Heer der Einheit
Inspekteurbrief 30 Jahre Heer der Einheit
- Datum:
- Ort:
- Strausberg
- Lesedauer:
- 3 MIN
Soldatinnen und Soldaten, Reservistinnen und Reservisten, zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Heeres!
Wir erinnern heute in einer kleinen Feierstunde hier in Strausberg an den Beitrag, den die Bundeswehr und das Heer zur Einheit unseres Vaterlandes geleistet haben.
Am 3. Oktober 2020 hat sich zum dreißigsten Mal der Tag gejährt, an dem die Nationale Volksarmee aufgelöst und der Schutzbereich der Bundeswehr auf die damals „neu“ genannten Bundesländer erweitert wurde. Die Bundeswehr übernahm an diesem Tag die militärischen Liegenschaften im Osten und die Verantwortung für 90.000 ehemalige Volksarmisten und 47.000 Zivilbedienstete der NVANationale Volksarmee. Am Ende dieses Integrationsprozesses der beteiligten Männer und Frauen aus Ost und West, die mit Mut zur Gestaltung das Heer der Einheit formten, stand die wohl erfolgreichste Integrationsleistung, die das auslaufende 20. Jahrhundert gesehen hat.
Es war ein gemeinsamer Verdienst und großartige Leistung aller. Die Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr, die in die neuen Bundesländer geschickt wurden und ausgesprochenes Gespür im Umgang mit der Situation beweisen mussten. Genauso aber auch der Verdienst der Offiziere und Unteroffiziere der ehemaligen NVANationale Volksarmee, ohne deren Mitwirkung und Rat ein geordneter und friedlicher Übergang nicht möglich gewesen wäre.
An der Spitze dieses Integrationsprozesses stand der im letzten Jahr verstorbene Generalleutnant, Staatssekretär im BMVgBundesministerium der Verteidigung und nachfolgend langjährige Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm. Durch seine Bestellung zum Befehlshaber des neuen Bundeswehrkommandos Ost im August 1990 war er über Nacht zum wichtigsten Mann in Uniform und verantwortlich für die Vereinigung zweier Armeen geworden. Völlig bescheiden stützte er die Umsetzung dieser enormen Aufgabe auf eine ganz einfache Feststellung. Er sagte ,„…, dass die Soldaten der Bundeswehr nicht als Sieger zu Besiegten kämen, sondern als Deutsche zu Deutschen.“ Diese weitsichtige, zutiefst menschenbejahende Haltung gegenüber den Kameradinnen und Kameraden der NVANationale Volksarmee legte nicht nur den Grundstein zum Erfolg der Armee der Einheit, sondern hat bis heute beispielgebenden Charakter für mein Verständnis eines Staatsbürgers in Uniform. Wie damals steht für uns im Heer gleichermaßen auch heute der Mensch, stehen Sie, die Angehörigen des Deutschen Heeres, im Mittelpunkt! Wir selbst sind auch ein Teil der Armee der Einheit. Zum einen, da viele von uns den Prozess der Vereinigung beider Armeen miterlebt und mitgestaltet haben. Aber auch, weil wir den damals angestoßenen Integrationsprozess fortführen. Für unsere Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit spielen Faktoren wie beispielsweise Herkunft und Biographie der Angehörigen des Heeres längst keine Rolle mehr. Was für uns zählt, ist die uneingeschränkte Verpflichtung des Artikel 1 Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Darauf beruhen Zusammenhalt und Kameradschaft. Kameradschaft, wie es sie so in wohl keinem anderen Beruf gibt und die heute – wie vor 30 Jahren – der Treibstoff für die anhaltende Integrationskraft des Deutschen Heeres ist. In diesem Geist stehen wir auch in der engen Kooperation mit unseren multinationalen Partnern bei Ausbildung, Übung und Einsatz Seite an Seite.
Heute steht das Deutsche Heer erneut, ähnlich wie vor 30 Jahren, vor großen Herausforderungen inmitten einer sicherheitspolitischen Zeitenwende. Die Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung wird eine ähnliche Kraftanstrengung, wie seinerzeit die Zusammenführung der beiden Armeen. Es kommt wieder darauf an, die Zukunft zu gestalten. Dies funktioniert nur gemeinsam. Jeder von Ihnen kann, soll und muss sich einbringen, damit wir die hohe Leistungsfähigkeit des Deutschen Heeres aufrechterhalten und weiter steigern. Hier baue ich auf Ihr Können, Ihre Kreativität und den gleichen Mut, den unsere Kameraden vor 30 Jahren hatten, um ihre Zukunft zu gestalten.
Wir sind das Heer der Einheit!