Heeressoldaten im Hochwassereinsatz
Heeressoldaten im Hochwassereinsatz
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Fallschirmjäger aus Zweibrücken, Heeressoldaten des Panzerpionierbataillons 130 aus Minden, der Panzerbrigade 21 aus Augustdorf, des Panzergrenadierbataillons 371 aus Marienberg und der Gebirgsjägerbrigade 23 – sie gehören zu den insgesamt rund 1.000 Bundeswehrsoldaten, die seit dem 14. Juli in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern die Städte und Gemeinden bei der Beseitigung der schweren Unwetterschäden unterstützen.
Noch ist das ganze Ausmaß der Hochwasserkatastrophe in Deutschland nicht vollständig abzusehen. Aber bereits jetzt steht fest: Mindestens 170 Menschen starben, Hunderte wurden verletzt – sie wurden auf den Straßen, in ihren Autos und Kellern von hereinbrechenden Fluten überrascht. Zeitweise gab es mehr als 2.500 Vermisste.
Sie machen die Wege frei
Das Wasser steht nach heftigen, ergiebigen Regenfällen in kürzester Zeit in Erftstadt, Schuld, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Bad Münstereifel, Hagen, Altenburg, Schönau und weiteren Orten teils meterhoch in den Straßen. Häuser und Brücken sind eingestürzt, Fahrbahnen über- und unterspült. Hunderte Autos sind im Hochwasser gestrandet. Eine dicke Geröll- und Schlammschicht liegt auf Plätzen, Wegen und Straßen – kein Durchkommen. Die Heeressoldaten rücken mit schwerem Räumgerät, wie Bergepanzern und watfähigen Radpanzern und Radladern, Lkws und Kippern an. Sie schleppen damit große Transporter ab, sichern abdriftende Container, bergen Autos aus dem Hochwasser, beseitigen Geröll- und Schlammmassen und machen damit wieder die Straßen frei für weitere Bau- und Unterstützungsmaßnahmen ziviler Kräfte.
Militärischer Katastrophenalarm
Kurz nach der Ausrufung des militärischen Katastrophenalarms, der Voraussetzung für die Amtshilfe der Bundeswehr ist, retten Hubschrauber des Heeres Menschen von Dächern, die sich dorthin flüchten mussten. Sie bringen Trinkwasser und Nahrungsmittel in Dörfer, die von der Außenwelt abgeschnitten sind. Denn häufig sind in den Städten und Gemeinden auch die Strom-, Gas- und Trinkwasserversorgung ausgefallen. Soldaten helfen auch bei der Suche von Vermissten, Bergung von Leichen und Transport von Verletzten in Krankenhäuser.
„Das ist eine furchtbare Katastrophe. Aber ich bin froh, dass die Bundeswehr in der Lage ist, hier den Menschen in der Region zu helfen“, sagt Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Sonntag nach einem Besuch in Erftstadt in Rheinland-Pfalz, einem der am schwersten betroffenen Orte. Auch der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant, Alfons Mais, dankt den Soldaten vor Ort und sagt: „Verwüstung und Hoffnung liegen nah beieinander. Wir sind bei den Menschen, vor Ort und in Gedanken.“ Kramp-Karrenbauer hatte angeordnet, dass alle anderen Aufträge, die nicht unmittelbar mit den Auslandseinsätzen verbunden sind, hintenangestellt werden und alle schnell verfügbaren Kräfte und geeignetes Material in die Hochwasserregion gebracht werden.
Immer neue Amtshilfeanträge
Damit die Amtshilfe der Bundeswehr so unbürokratisch wie möglich angefordert werden kann, stellte das Bundesverteidigungsministerium das entsprechende Antragsformular über die Onlineplattform Twitter schnell bereit. Auch wenn niemand ahnen konnte, dass das bestehende Kontaktnetz der Bundeswehr mit den zivilen Rettungskräften so schnell wieder beansprucht werden würde. Die Amtshilfeverfahren sind durch die Monate der Bekämpfung der Coronapandemie gut eingespielt und auf sie kann auch bei dieser Katastrophenlage verlässlich zurückgegriffen werden.
Neben dem Kommando Territoriale Aufgaben in Berlin, das die Bundeswehrhilfe zentral koordiniert, spielen die Landeskommandos der Bundeswehr in diesem Fall von NRWNordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine wesentliche Rolle. „Bereits Mittwochnachmittag erreichte uns die erste Bitte um Amtshilfe aus Hagen in Nordrhein-Westfalen und 21.30 Uhr waren wir mit einem Bergepanzer vor Ort, um Straßen zu räumen“, sagt Brigadegeneral Torsten Gersdorf, Kommandeur des Landeskommandos NRWNordrhein-Westfalen, in einem Radiointerview. Immer wieder liefen neue Hilfeanträge ein, die systematisch in Zusammenarbeit mit den zivilen Katastrophenschutzzentren abgearbeitet würden.
Männer und Frauen der ersten Stunden
Die Heeressoldaten sind mit ihrem schweren Gerät und vor allem mit ihren Pionier- und Versorgerfähigkeiten gefragt. Sie kommen aus verschiedenen Einheiten und sind an vorderster Front die Männer und Frauen der ersten Stunde. Sie beseitigen die größten Hindernisse bereiten die Infrastruktur vor für den späteren zivilen Wiederaufbau und unterstützen die Versorgung der Bevölkerung. So bauen Pioniere der Pionierschule in Ingolstadt in Essen eine 30 Meter lange Brücke über einen Kanal und Soldaten des Panzerpionierbataillons 1 bringen eine 200 Meter lange provisorische Faltstraße aus.
Rettungshubschrauber unterstützen
200 Soldaten der Panzerbrigade 21 aus Ahlen und Unna räumen mit Bergepanzern die B265 von 100 Pkw frei, die im Wasser versunken sind und die Bundesstraße versperren. Vier Mehrzweckhubschrauber NHNATO-Helicopter-90 und zwei Rettungshubschrauber LUHLight Utility Helicopter SARSearch and Rescue (Search and Rescue) helfen bei der Suche und Rettung in Not geratener Menschen. Die Heereshubschrauber aus Faßberg und Bückeberg starten in Zusammenarbeit mit der Luftwaffe vom Stützpunkt Nörvenich aus und transportieren Hilfsgüter aller Art. Mehr als 200 Heeressoldaten verschiedener Verbände helfen in allen drei Bundesländern bei der Räumung von Gebäuden. Sie pumpen Wasser ab, beseitigen Schlamm, helfen bei der Trümmerbeseitigung. Versorger der Deutsch-Französischen Brigade bauen Feldküchen auf, andere transportieren Feldbetten für Notunterkünfte.
Sind wir für den Zivilschutz gut aufgestellt?
Für Kramp-Karrenbauer ist klar, wenn die größten Aufräum- und Hilfsarbeiten der Bundeswehr im Westen des Landes beendet sind, gelte es, „die Lektionen aus der Coronapandemie und dieser Hochwasserkatastrophe zu lernen“. Die Bundeswehr müsse sich dann fragen, ob sie neben der Bündnis- und Landesverteidigung, die im Fokus steht, auch für den Zivilschutz gut aufgestellt ist. Es sei insbesondere eine Aufgabe für den Heimatschutz und die Reserve kritische Infrastruktur in Zukunft zu schützen. Aber jetzt erst einmal „bleibt die Bundeswehr im Hochwassergebiet, solange sie gebraucht wird“, versichert die Ministerin.