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Stationskreislauf

Handgranaten, Kanaldeckel und eine Leiter

Handgranaten, Kanaldeckel und eine Leiter

Datum:
Ort:
Lehnin
Lesedauer:
4 MIN

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Drei Soldaten, mit dem Gewehr G 36 schussbereit im Anschlag, gehen vorn. Ein vierter Soldat folgt mit einer Leiter. Zielstrebig und unter Deckung der restlichen Gruppe wird schnell das „Flughafengebäude“ erreicht. Dann fliegt eine Handgranate in den ersten Stock, detoniert und über die Leiter gelangen die Soldaten nacheinander ins Haus.

Drei Soldaten gehen mit vorgehaltenen Gewehren durch einen Raum.

Orts- und Häuserkampf: Jeder kennt seinen Wirkungsbereich und ermöglicht so das geschützte Vorgehen im Gebäude. Die Ortskampfanlage 1 in Lehnin bietet dazu beste Trainingsmöglichkeiten.

Bundeswehr/Mario Bähr

Die Soldatinnen und Soldaten gehören zur 2. Kompanie des Panzergrenadierlehrbataillons 92 aus Munster. Für zwei Wochen ist die Kompanie auf dem Truppenübungsplatz Lehnin, der circa 35 Kilometer südwestlich von Potsdam liegt und vor allem für den Orts- und Häuserkampf genutzt wird.

Für die Kompanie stehen damit die „Grundlagen Urbane Operationen“ auf dem Dienstplan. Dazu gehören „Türaufstellung“, „Raum – Raum“, „Stockwerk – Stockwerk“ oder „Vorgehen in Straßenzügen“. Vor allem die Ortschaft Rauhberg, besser bekannt als Ortskampfanlage Rauhberg, bietet mit ihren Straßenzügen und Gebäuden optimale Voraussetzungen, um den Kampf im urbanen Gelände zu üben. Denn Bahnhof, Supermarkt, Schule, Gericht, Uhrmacher oder Imbiss ermöglichen sowohl Übungsszenarien für Spezialisten als auch für eine Erst- oder Wiederholungsausbildung. Diese Ortskampfbahn 1 (OKA 1), wie sie offiziell genannt wird, hält mit ihren Möglichkeiten viele und besondere Optionen bereit, wozu die Kanalisation oder auch das Abseilen an Gebäuden gehören. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Am Anfang steht das Lehrgespräch

Vor einem Holzhaus stehen Soldaten mit Leiter. Einer wirft eine Handgranate in den ersten Stock.

Der Stoßtrupp in der entscheidenden Phase: Am „Flughafengebäude“ angekommen wird zuerst die Handgranate zielsicher in den ersten Stock geworfen, um dann anschließend mit der Leiter ins Haus zu gelangen.

Bundeswehr/Mario Bähr

Die 2. Kompanie beginnt in der ersten Woche mit den Grundlagen für den Orts- und Häuserkampf. Dazu gehören selbstverständlich auch Unterrichtseinheiten und erste, kleine praktische Übungen, militärisch: das Stellen von Bildern. Anschließend werden alle Details zu einem Gesamtbild zusammengeführt und in der OKA 1 geübt. Schritt für Schritt vertiefen und festigen die Soldaten in Trupp- oder Gruppengröße ihr Wissen. Das Ziel dabei ist einfach und klar: Jeder muss wissen, was er beispielsweise beim Überqueren einer Straße oder bei der Erstürmung eines Hauses zu machen hat. Nur dann ist am Ende der Erfolg gesichert. Und Erfolg heißt dabei, den Auftrag ohne Verluste von Personal und Material auszuführen. Daher ist es folgerichtig, dass die Zugführer die einzelnen Abschnitte als Stationsausbildung angelegt haben. Jeder durchläuft mehrmals einen Ausbildungsabschnitt, mittags wird dann gewechselt.

Eine Hauswand hinablaufen

Deshalb begibt sich der Stoßtrupp, der gerade mit der Leiter das erste Stockwerk eines Hauses erfolgreich genommen hat, wieder in die Ausgangsstellung. Dort bereitet der Gruppenführer seinen Trupp erneut auf den bevorstehenden Gefechtsauftrag vor und spricht Details an, die beim vorherigen Durchgang gut waren oder nun verbessert werden sollten. Nach einem „Noch Fragen?“ sind alle Vorbereitungen getroffen und der Ausbildungsabschnitt beginnt erneut: Drei Soldaten mit dem Gewehr G 36 schussbereit im Anschlag gehen vorn. Ein vierter Soldat folgt mit einer Leiter

Manchmal muss man auch einfach etwas Glück haben. In der OKA 1 werden zeitgleich Feldjäger der Bundeswehr zum Thema Abseilen weitergebildet. Da auch dies für die Panzergrenadiere relevant sein kann, erhalten zehn Soldaten der 2. Kompanie die Möglichkeit, an der Ausbildung „Wie komme ich von oben in ein Haus hinein?“ teilzunehmen. Während dieser Erstausbildung legen alle unter Anleitung eines sehr erfahrenen Ausbilders das notwendige Gurtzeug an. Doppelt an Seilen gesichert geht es dann an der Außenwand des zwölf Meter hohen Postgebäudes zurück zum Boden. Die Herausforderung dabei? Den Schritt über die Dachkante zu machen, sich (gut gesichert) erstmal waagerecht in die Seile zu hängen und dann die Wand herunterzugehen. Alle schaffen es.

Von ganz unten auf die andere Straßenseite

Ein Soldat in Flecktarnuniform steht auf einer Wiese und hebt einen Kanaldeckel von der Erde hoch.

Der Stoßtrupp hat die Ausgangsposition verlassen. Nun muss unter Sicherung der Zugang zur Kanalisation geöffnet werden. Danach geht es unterirdisch zum gegenüberliegenden Haus, das genommen werden soll.

Bundeswehr/Mario Bähr

Beim urbanen Kampf wird normalerweise oberirdisch gekämpft. In jedem Gefecht gibt es aber Situationen, in denen man mit einer ungewöhnlichen Maßnahme den Durchbruch schaffen kann und so einen Vorteil gegenüber dem Gegner hat. In der OKA 1 wird daher ebenfalls geübt, ein Gebäude „aus dem Untergrund“ zu stürmen.

Vor Ort gibt es eine Kanalisation, die den Angriff auf die gegenüberliegende Straßenseite ermöglicht. Das ist anspruchsvoll. Denn der Durchmesser des Röhrensystems bietet jeweils nur einer Person Platz. Die Soldaten des Stoßtrupps müssen daher hintereinander kriechend, mit einem Seil verbunden den Weg zum Zielobjekt zurücklegen. Das setzt eine entsprechende Fitness voraus. Knapp 200 Meter sind stark gebückt oder auf den Knien, mit der Waffe in einer Hand zu bewältigen. Die Waffe wirkt dabei sicher eher störend, aber nur so kann später schnellstmöglich mit ihr auch geschossen werden. Die Geschwindigkeit des Vormarsches bestimmt der erste Soldat und sie ist an die Feindlage anzupassen. Der Trupp muss zugleich am Ende des Tunnels noch kampffähig sein. Denn der eigentliche Kampf fängt prinzipiell erst nach dem Verlassen der Kanalisation an, da ein einstöckiges Haus genommen werden muss.

Immer schön leise

Die Bedingungen sind fordernd, alle müssen diszipliniert sein. Enge, Dunkelheit, Schmutz und Stress dürfen nicht dazu führen, dass sich der Trupp zu laut in der Kanalisation bewegt. Denn eine Kanalisation wirkt wie ein Lautsprecher; bin ich zu laut darin unterwegs, wissen die Gegner bereits vor meinem Eintreffen, dass ein Angriff auf die Stellung im Gange ist – damit hat er einen wesentlichen Vorteil und kann sich entsprechend vorbereiten.

Bei dieser Station versetzt der Gruppenführer, der gleichzeitig auch der Ausbilder ist, seine Gruppe in die notwendige Ausgangslage und legt fest, wer wo seinen Platz hat und wie das Vorgehen beim Einstieg sowie bei der Durchquerung der Kanalisation ist. Und er legt fest, wie nach dem Verlassen der Röhre das Haus zu nehmen ist – soweit dies von außen ersichtlich ist. Spätestens an dieser Stelle merken die Soldaten, dass „am Ende des Tunnels“ viele unbekannte Details auf sie warten. Auch diese Station wird mehrmals durchlaufen und alle erarbeiten sich auch für dieses Ausbildungsthema die notwendige Handlungssicherheit.

Orts- und Häuserkampf: Drüber, Drinnen und Drunter

  • Soldaten stehen auf einem Platz. Im Vordergrund ist das Wappen einer Bundeswehreinheit zu sehen.

    Zwei Wochen übt die 2. Kompanie vom Panzergrenadierlehrbataillon 92 den Orts- und Häuserkampf auf dem Truppenübungsplatz Lehnin. Mit einer Stationsausbildung werden die Grundlagen dazu gelegt und gefestigt.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Vier Soldaten in Flecktarnuniform stehen, jeweils mit einem Gewehr bewaffnet, in einer Häuserruine.

    Nach der ersten Ausbildung sind schnell Ausbildungsfortschritte zu sehen. In sehr kurzer Zeit verinnerlichen die Einzelschützen die Abläufe und können so als Trupp oder Gruppe im Häuserkampf bestehen.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein bewaffneter Soldat läuft von einer Häuserwand weg, an der kniet ein anderer Soldat und sichert.

    An verschiedenen Gebäudetypen in der Ortskampfanlage trainieren die Soldaten ihr schnelles Vorgehen immer wieder und koordinieren es mit anderen Soldaten

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Zwei Soldaten stehen vor einer Hauswand. Einer wirft eine blaue Übungsgranate in ein Fenster.

    Ist der Handgranatenwurf sicher, verschaffen sich die Soldaten einen wesentlichen Vorteil beim Orts- und Häuserkampf. Sie müssen genauso sicher das Erdgeschoss wie auch den ersten Stock treffen.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Soldat steigt einen Kanal am Boden. Dabei sichert in ein zweiter mit seinem Gewehr.

    Der Stoßtrupp hat die Ausgangsposition verlassen. Nun steigen die Soldaten unter Sicherung in die Kanalisation hinab. Danach geht es unterirdisch zum gegenüberliegenden Haus, das genommen werden soll.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Soldat liegt zwischen zwei Wasserröhren und zielt mit seinem Gewehr in eine der Röhren.

    In der Kanalisation: Enge, Dunkelheit und Schmutz beeinflussen das Vorgehen in der Röhre. Wie im freien Gelände wird aber auch hier an jeder Ecke gestoppt und das Vorfeld beobachtet.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Mann leuchtet mit einer Taschenlampe in eine lange, dunkle Röhre.

    Blick in eine Röhre der Kanalisation: Um besser zu sehen, hat hier ein Ausbilder die Taschenlampe an. Diese Lichtquelle wird der spätere Stoßtrupp nicht nutzen können, da er sich damit frühzeitig beim Feind verraten kann.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Soldat verschwindet in einem Erdkanal und zieht den Kanaldeckel über sich zu.

    Wie im richtigen Leben: Der letzte Soldat des Stoßtrupps macht „den Deckel drauf“ und schließt den Eingang zur Kanalisation. So ist man auch vor unangenehmen Überraschungen geschützt.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein bewaffneter Soldat geht mit einem Gewehr von draußen in einen dunklen Raum.

    Eine typische Situation beim Orts- und Häuserkampf: Volle Konzentration beim Betreten eines Raumes. Der Soldat muss aus dem Hellen ins Dunkle treten.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Aufnahme von oben: Sieben Soldaten stehen jeweils mit einem Gewehr bewaffnet in einem großen Raum.

    Der Stoßtrupp ist im Zielhaus. Hier kennt nun jeder Soldat seinen Bereich, für den er zuständig ist. In der Mitte steht der Ausbilder (mit Feldmütze) und koordiniert in dieser Wiederholungsausbildung das Vorgehen und Verhalten seiner Soldaten.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Soldat in Flecktarnuniform hängt mit einem Seil an einer Häuserkante.

    In dieser Erstausbildung lernen die Soldaten die Grundlagen für das Abseilen. Zwölf Meter Höhe bedeuten für jeden, die Angst vor dem Schritt „ins Nichts“ zu überwinden und sich auf die Ausrüstung zu verlassen.

    Bundeswehr/Mario Bähr
  • Ein Soldat hängt mit einem Seil und lässt sich an der Außenwand eines Hauses abseilen.

    Perspektivwechsel: Von unten sehen zwölf Meter Höhe eigentlich gar nicht so hoch aus. Der Soldat am Seil muss, nachdem er über die Dachkante abgeseilt ist, an der Außenwand bis zum Boden „laufen“.

    Bundeswehr/Mario Bähr


von Ralf Heberer

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