Feuer – Sturm – Einbruch: Infanterie bei der Übung in Litauen
Feuer – Sturm – Einbruch: Infanterie bei der Übung in Litauen
- Datum:
- Ort:
- Pabrade
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An jeder Häuserecke knien Jäger mit ihren Waffen im Anschlag. „Fire – Fire – Fire!“, brüllt der französische Sergent. Deutsche und französische Infanteristen kämpfen gemeinsam und erwidern das Feuer, das aus verbarrikadierten Gebäuden in der kleinen Ortschaft auf sie niedergeht. Ein Zurück gibt es nicht. „Ausweichen ist keine Option“, so der Sergent.
Soldatinnen und Soldaten der Deutsch-Französischen Brigade üben den Orts- und Häuserkampf. Der binationale Verband beteiligt sich mit rund 600 Soldatinnen und Soldaten an der Übungsserie Quadriga 2024. Speziell dafür wurde eine binationale Taskforce unter Führung des Donaueschinger Jägerbataillons 292 gebildet. Seit Januar laufen dafür Übungsvorhaben.
Im litauischen Pabradė üben die Infanteristen ihre ureigenste Aufgabe: den Kampf. „Die Struktur unserer Brigade, in der Deutsche wie auch Franzosen gemeinsam kämpfen, ist einzigartig. Sie ist eine binationale Infanteriebrigade, gesprochen wird Englisch. Verbände und Einheiten der Brigade sind in Standorten beider Länder stationiert. Sie vereint also deutsche und französische Truppen“, erklärt ein Offizier des Brigadestabes. Diese Brigade ist damit ein wichtiges Element in der Reaktionsfähigkeit der NATONorth Atlantic Treaty Organization für die Landes- und Bündnisverteidigung.
Jäger und Husaren – Schulter an Schulter
„Im Schwerpunkt setzen wir hier bei der Übung in Litauen unsere Soldatinnen und Soldaten des Jägerbataillons 292 aus dem deutschen Donaueschingen sowie die Husaren des im französischen Metz stationierten 3. Husarenregiments ein“, sagt ein deutscher Planungsoffizier. Die Jäger der Brigade trainieren hier ihre Hauptfähigkeiten, um so ihre Ergebnisse im Gefecht zu verbessern. Das bedeutet: Sie kämpfen bei dieser Übung im schwierigen Gelände, im Wald, in der Ortschaft und im Grabensystem.
Aber auch das hochmobile Gefecht auf dem GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer, als Teil der Mittleren Kräfte, machen die Jägertruppe aus. „Eine besondere Herausforderung ist, dass die Soldatinnen und Soldaten aus beiden Ländern miteinander agieren, sodass wir in Taktik, Kommandosprache und Leistungsfähigkeit eine gemeinsame Basis für das Gefecht haben und diese weiter festigen werden“, so der Heeressoldat zuversichtlich.
Zurück in die Ortschaft. Die Befehlsausgabe vom französichen Offizier ist klar und knapp formuliert: „Wir gehen mit zwei Zügen rein. Die Husaren machen die Spitze und die Jäger folgen rechts tief. Im Schwerpunkt müssen wir das Feuer zusammenfassen und werden gemeinsam, überschlagend vorgehen.“ Diese taktischen Vorgaben sind die Voraussetzung dafür, dass später im Kampf von Haus zu Haus jeder weiß, worauf es ankommt.
Deckungsfeuer und los
Das Bild, das sich den Jägern nach der Annäherung an die Ortschaft bietet, ist trostlos. Die Anlage wirkt alt und verlassen, gezeichnet von Konflikten und Gefechten in der Vergangenheit. Überall liegen Haufen mit Geröll, Schutt und Autowracks. In den Gebäuden fehlen Fenster und Türen, die teilweise mit Brettern und Kisten verbaut sind.
Auch die bis zu drei Etagen hohen Gebäude machen es schwierig, den Feind sofort zu lokalisieren. Und schon fallen die ersten Schüsse – nicht aus den eigenen Waffen. „Contact!“, brüllen die Jäger laut. Sofort ist allen klar: Feind! Ab jetzt pumpt das Adrenalin die Gruppen nach vorn. Nun sind Koordination und kühler Kopf beim Kampf durch die Ortschaft gefragt.
Innerhalb der Gebäude arbeiten die Sturmtrupps schnell und präzise. Türen oder Barrikaden öffnen die Soldatinnen und Soldaten mit tausendfach eingeübten Handgriffen. Ist der Raum geöffnet, ein schneller Blick, kurze Feuerstöße und weiter. „So gehen wir von Raum zu Raum, von Etage zu Etage. Ist das Haus frei, kurz sammeln und Absprache mit den anderen Trupps, dann Sturm und Einbruch auf das nächste Gebäude“, beschreibt einer der Husaren grob das taktische Vorgehen.
Die Enge und Unübersichtlichkeit im Gebäude sowie der Wechsel zwischen Gebäude und Gelände fordern die Soldatinnen und Soldaten ganz besonders. Sie müssen sehr aufmerksam, konzentriert und stressresistent sein. Erst nach zwei Stunden stehen die beiden Züge vor dem letzten Haus, dem Ziel ihrer Mission.
Hauptwaffensystem Handwaffe
Tage zuvor auf einer Schießbahn in Pabradė: „Der Kern unseres Auftrags ist der Kampf. Dichtes, unübersichtliches Gelände, Kälte, Hitze, schlechte Sicht, Dunkelheit – alles, was das Gefecht erschwert, sind Parameter, bei denen die Jäger beweisen müssen, dass sie ihr Handwerk beherrschen“, beschreibt einer der Ausbilder. Das bedeutet, die Jäger müssen trotz widriger Umstände durchsetzungsstark in Gefechte gehen.
Die Grundlage dafür ist blindes Vertrauen in Ausrüstung und Ausbildung, im Speziellen in ihre Handwaffen. Das Gefecht der Jäger findet stets in der Bewegung statt: „Wir simulieren das Schießen im Gehen. Dabei geht es nicht nur darum, mit dem G36 schnell zu zielen, zu schießen und Deckungen zu nutzen. Auch Magazinwechsel müssen die Soldaten sicher durchführen und Störungen an der Waffe schnell beseitigen“, so einer der Ausbilder. Welche Waffe die Jäger am Ende nehmen, hängt vom Inhalt des Auftrags ab. Die einzelnen Stationen der Schießbahn bilden diese Aufträge ab. So kämpfen etwa die Jäger mit dem Maschinengewehr MG5 auf Lafette auf Entfernungen von bis zu einem Kilometer. Mit den Sprengsplitterpatronen der Granatpistole bekämpfen sie den Feind hinter Mauern oder in Gebäuden.
Das Training mit den Handwaffen legt dabei die Basis, damit Feuer und Bewegung, Sturm und Einbruch im Orts- und Häuserkampf funktionieren und sich die Infanteristen der Deutsch-Französischen Brigade im Gefecht erfolgreich durchsetzen.