Heer
Im hohen Norden

Fernspäher allein im Eis

Fernspäher allein im Eis

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Die Winterkampfübung Cold Response 2022 in Norwegen hat begonnen. Rund 30.000 Soldatinnen und Soldaten aus 27 Nationen üben die Verteidigung und militärische Verstärkung des Landes. Die Bundeswehr ist dabei. Während das Großmanöver Fahrt aufnimmt, befinden sich die Fernspäher der Luftlandeaufklärungskompanien 260 aus Lebach und 310 aus Seedorf bereits vor Ort.

Ein Soldat mit Rucksack und Waffe läuft auf Skiern in einer verschneiten Landschaft.

Winterausbildung: Ein Fernspäher bewegt sich durch die Berge Nordnorwegens

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Abseits vom Übungslärm haben die Fernspäher in der Eiswüste Nordnorwegens Beobachtungsverstecke bezogen. Sie operieren tief im Feindesland – man nennt sie auch das „Auge des Heeres“. Ihr Kernauftrag ist es, Schlüsselinformationen hinter feindlichen Linien für die militärische Führung zu gewinnen. Dabei sind sie nah am Feind und informieren über dessen Stärke, Lage und Bewaffnung. Sie erfüllen ihren Auftrag in jeder Klimazone.

Die Übung Cold Response nutzen die Spezialisten, um nördlich des Polarkreises zu üben. Dabei sind sie im Trupp mehrere Tage auf sich allein gestellt, ohne logistische oder medizinische Unterstützung von außen. Einige Soldaten erleben zum ersten Mal die arktische Kälte. Sie stehen noch am Anfang ihrer Fernspähkarriere. Deshalb steht die Ausbildung der jungen Kameraden im Fokus der Übung.

In der Regel besteht ein Trupp aus mehreren Soldaten mit verschiedenen Spezialisierungen – zum Beispiel: Funker (Fernmeldespezialist), Medic (Rettungssanitäter), Scharfschütze, JTACJoint Terminal Attack Controller (Joint Terminal Attack Controller) und einem Hochgebirgsspezialisten.

Eiswüste, soweit das Auge reicht

Soldaten in Schneetarnanzügen laufen auf Skiern durch eine verschneite Landschaft.

Auf Skiern geht es für die Fernspäher in Richtung Versteck

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Fernspäher bewegen sich an jede Klimazone angepasst auf unterschiedliche Weise fort, um ihr Aufklärungsziel zu erreichen. Sie springen im Freifallsprung von mehreren Tausend Metern Höhe aus einem Flugzeug oder bewegen sich amphibisch über Wasser. Im verschneiten Norwegen geht es auf Skier vorwärts, um lange Distanzen zurückzulegen. In der Regel bewegen sich Fernspäher tagsüber nicht außerhalb ihres Verstecks. Nur nachts absolvieren sie Patrouillen und bewegliche Aufklärungsmissionen. Bei der Ausbildung in Norwegen üben die Soldatinnen und Soldaten diese Fortbewegung bei Tageslicht. Oberste Fernspäher-Priorität: nicht aufgeklärt werden. Ihre gut getarnten Verstecke werden so angelegt, dass sie auch tagsüber die Fühlung zum Feind halten und durchgängig Informationen über ihn und das Gelände sammeln können.

Enorme Marschleistung

Soldaten mit Rucksäcken und Waffen laufen auf Skiern durch eine verschneite Landschaft.

Beobachtungshalt der Fernspäher in den Bergen

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Während einer Mission sind Marschleistungen von 20 bis 30 Kilometer keine Seltenheit. Inhalt und Gewicht des mitgeführten Gepäcks unterscheidet sich je nach Auftrag. In Abhängigkeit von der Witterung kann der Rucksack dann auch jenseits der 50 Kilogramm wiegen. Besonders auf Skiern ist das große Gewicht eine Herausforderung, vor allem, wenn man es immer wieder verlagern muss.

Gerade für das Bewegen im Schnee beziehungsweise unter arktischen Bedingungen ist ein Hochgebirgsspezialist unabdingbar. Er klärt die Marschstrecke im Gebirge auf und erkennt frühzeitig Gefahren wie potenzielle Lawinenabgänge. Gerade mit schwerem Gepäck ist ein geübtes Auge wichtig, um das Marschziel möglichst schnell und ohne Verluste zu erreichen.

Verwundet – jetzt zählt jede Sekunde!

 Soldaten in Winterkleidung legen einen anderen Soldaten in einen Schlafsack.

Jetzt muss es schnell gehen: Ein verletzter Fernspäher muss erstversorgt, gewärmt und abtransportiert werden.

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Abgeschnitten von der Außenwelt und von wichtiger medizinischer Versorgung müssen alle Handgriffe des Medics, also eines sanitätsdienstlich ausgebildeten Soldaten, sitzen. In einer erbarmungslosen Umgebung, wie den Bergen Norwegens, sind die Kameraden des Trupps die einzige Überlebensgarantie, die der Verwundete hat. Auch hier gilt der Grundsatz: Niemand bleibt zurück! Nachdem die Erstversorgung des Patienten erfolgt ist, wird der Schlafsacküberzug zur Transporthülle umfunktioniert. Bei zweistelligen Minusgraden spielt auch der Wärmeerhalt eine entscheidende Rolle.

Die malerische Landschaft ist trügerisch

Ein nasser Soldat wird aus einem Eisloch gezogen. Ein zweiter Soldat sichert ihn an einer Leine.

Bricht ein Kamerad unerwartet in ein zugefrorenes Gewässer ein, stehen die anderen Fernspäher unter enormem Druck

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Ein Schritt, der Boden knackt und plötzlich scheinen tausend Nadeln in den Körper zu stechen. Eiseinbruch! Auf sich allein gestellt, ist es für die Fernspäher eine lebensbedrohliche Situation. Jetzt heißt es, Ruhe bewahren, um den Kameraden aus der eiskalten Wasserhölle zu befreien. Doch auch nach einer Rettung ist die Gefahr längst nicht gebannt. Bei Temperaturen im zweistelligen Minusbereich drohen sehr schnell Erfrierungen. Nur an einem Lagerfeuer können die Soldaten dann ihre Ausrüstung trocknen. Problem: Es darf jedoch nicht zu groß sein, sonst könnte der Feind die Fernspäher entdecken, ihre Mission wäre beendet.

Jeder Handgriff sitzt

Ein Soldat im Schneetarn richtet eine Kamera aus.

Fotografieren gehört zum Fernspähtrupp wie Eis zur Arktis. Die Fernspähkräfte sind auf solche „winterfeste“ Ausstattung auch angewiesen.

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Ein wichtiger Bestandteil der Aufklärung ist das Erstellen von Fotos oder Videos. Hier geht es nicht nur darum, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Die Soldaten müssen ihr Handwerk beherrschen. Dazu zählt, dass sie in der Lage sind, auch bei Dunkelheit einwandfreie Fotos oder Videos zu machen. Denn die erstellten Daten dienen vor allem der Bestätigung von Aufklärungsergebnissen. Doch das beste Material nutzt nichts, wenn es nicht zur Verifizierung weitergegeben werden kann. Dazu müssen die Informationen schnell digital übertragen werden. Hinzu kommt die klassische Meldung über Funk. Die Fernspäher müssen auch im letzten Winkel der Erde in der Lage sein, ihre Informationen zu versenden. Dazu nutzen sie verschiedene Übertragungstechniken, unter anderem die Satellitenkommunikation. Alle Arbeitsschritte der Beobachtungsmission müssen ineinandergreifen, sonst kann der Auftrag am Ende nicht erfüllt werden. 

von PIZ Heer
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