Keiner sieht sie, keiner hört sie: Die Fernspäher
Keiner sieht sie, keiner hört sie: Die Fernspäher
- Datum:
- Ort:
- Lebach
- Lesedauer:
- 3 MIN
Fernspäher sind die Augen des Heeres. Ihr Hauptauftrag ist das Gewinnen von Schlüsselinformationen in der Tiefe des Feindraums. Am Einsatzort wird ein Beobachtungsversteck eingerichtet und Aufklärungsergebnisse gewonnen.
Vom Leichten zum Schweren: Das Training beginnt mit Übungsdurchgängen bei Tag, noch ohne Gepäck. Sie legen den Grundstein für das taktische Vorgehen bei Nacht. Üblicherweise bewegen sich Fernspäher nach Möglichkeit im Schutz der Dunkelheit. Das Risiko durch feindliche Aufklärung entdeckt zur werden, wird dadurch auf ein Minimum reduziert. Das Übungsdorf Kefersheim in Baumholder ist für die Fernspäher der Luftlandeaufklärungskompanie 260 aus Lebach hervorragend dafür geeignet. Hier werden die Grundlagen der Annährung vertieft. „Unter größtmöglicher Eigensicherung unerkannt das Versteck zu beziehen, ist bei dieser Ausbildung oberstes Ziel“, erklärt Hauptfeldwebel Martin Müller*.
Schnell und vorsichtig zugleich
Gefechtsbereit und unter gegenseitiger Sicherung verlässt der Fernspähtrupp die Kanalisation. Die letzten knapp 30 Meter bis zum Versteck in einem Gebäude sind die Gefährlichsten. Doch zuvor gibt es noch eine Hürde zu überwinden: Sind die Räume des Gebäudes feindfrei? Halbtruppweise und unter gegenseitiger Sicherung prüfen die Fernspäher jeden Raum des Hauses. Nachdem das untere Stockwerk gesichert wurde, überwacht der Halbtrupp das Vorgehen im Obergeschoss. „Gebäude feindfrei!“ rauscht es nach einiger Zeit aus Müllers Funkgerät. „Die Abwägung zwischen Schnelligkeit und Vorsicht erfordert viel Erfahrung und eine gewisse Intuition“, erklärt Hauptfeldwebel Jan Schneider* später.
Gleiche Ortschaft, gleicher Auftrag, andere Uhrzeit
Die einsetzende Dunkelheit ermöglicht andere Vorgehensweisen im Gelände. Im bevorzugten Schutz der Dunkelheit und mit eigener Nachtsehfähigkeit wird der unbequeme Umweg durch den Abwasserkanal überflüssig. Der Truppführer entschließt sich für einen Weg durch teilweise bewaldete Geländeabschnitte, um sich dem Zielobjekt anzunähern. Immer wieder unterbricht der Trupp sein anschleichendes Vorgehen, hockt ab, sichert rundum und beobachtet die Umgebung. „Beobachtungs- und Horchhalte sind nachts überlebenswichtig, auch wenn dadurch die Annäherungsgeschwindigkeit deutlich sinkt. Wir sind in der Regel auf uns allein gestellt. Da vermeiden wir Feindkontakt, wann immer möglich“, betont Schneider. Mit dieser beschriebenen Vorsicht durchkämmt der Trupp dann auch das erreichte Gebäude, geht von Raum zu Raum, bevor er darin sein Versteck einrichtet.
Aufklärung von oben
Einige Tage später folgt die nächste Übung für die Fernspäher der Luftlandeaufklärungskompanie 260. Die Spezialisten für die optoelektronische Spezialaufklärung des Fernspähzuges trainieren die Aufklärung, von einem Hubschrauber heraus, mit der Kamera. Den dazu benötigten Mehrzweckhubschrauber NHNATO-Helicopter-90 stellt das Transporthubschrauberregiment 30 aus Niederstetten. Vor dem Abflug erläutert die Hubschrauberbesetzung den Aufklärern anhand einer Aircrew Coordination Checkliste alle für den Einsatz relevanten Punkte. Dazu gehören die richtige Sitzposition, das Verhalten in Notlagen und das Anlegen des Stehhaltegurtes. Er ermöglicht die gesicherte Bewegungsfreiheit während des Fluges.
Die Kunst wackelfreier Bilder
Nachdem alle Punkte der Checkliste abgehakt sind, besteigen die Fernspäher beim Hotload, so nennt man das Einsteigen bei laufenden Triebwerken und Rotoren, den Hubschrauber. Alle mitfliegenden Soldaten berühren sich dabei an der Schulter. Das ermöglicht eine koordinierte Reihenfolge beim Einsteigen. Denn hier wird am Tag das geübt, was bei Nacht irgendwo in Einsatz oder Übung taktisch und mit Gepäck beherrscht werden muss.
Dann erfolgt die Sicherung mit Stehhaltegurten, denn beim heutigen Flug bleiben die Seitentüren offen. Die Schwerpunkte der Ausbildung sind neben dem Erstellen von Luftaufnahmen, das Orientieren in der Luft und die Kommunikation zwischen Hubschraubercrew und Fernspähtrupp. Kurz vor Erreichen eines Aufklärungsziels gibt der Truppführer Handzeichen an die Spezialisten. „Die Geschwindigkeit des Helis ist weniger problematisch als die Vibration der Rotorblätter, die sich auf die Kamera überträgt“, erklärt der Truppführer. „Kurze Belichtungszeiten garantieren hier wackelfreie Aufnahmen.“
Flug über die Saarschleife
Dann fliegt der NHNATO-Helicopter-90 mit dem Fernspähtrupp über die Saarschleife, eine bundesweit einmalige touristische Sehenswürdigkeit. „Mit einem Hubschrauber über der berühmten Saarschleife zu fliegen und dabei einen Aufklärungsflug zu erledigen; da gibt es weitaus schlimmere Ausbildungen in der Bundeswehr“, scherzt einer der Übungsteilnehmer. Durch die räumliche Nähe der Luftlandeaufklärungskompanie 260, die sich in Lebach etwa 40 Kilometer von der Saarschleife entfernt befindet, bieten sich solche Highlights besonders während dieser Ausbildung an.
*Namen redaktionell geändert