Ohne Fallschirmspezialzug keine Luftlandeoperation
Ohne Fallschirmspezialzug keine Luftlandeoperation
- Datum:
- Ort:
- Letzlingen
- Lesedauer:
- 3 MIN
Minus fünf Grad Außentemperatur, 3.700 Meter über dem Boden und über 50 Kilogramm Ausrüstung im Gepäck: Das sind die Ausgangsdaten, als sich die Heckrampe des Airbus A400M bei den letzten Sonnenstrahlen am späten Abend öffnet. Der Fallschirmspezialzug springt jetzt hinter die feindlichen Linien bei der Übung Komet 2023 ab.
Der Fallschirmspezialzug wird den eigenen Kräften voraus, auf sich allein gestellt eingesetzt. Dafür sind seine Soldaten im Sprung mit einem Flächenfallschirm ausgebildet, um aus großen Höhen über mehrere Kilometer unerkannt in das Feindesland zu kommen – zu infiltrieren, wie es militärisch heißt. Hinzu kommen Ausrüstung und schweres Gepäck. Der Zug soll Landezonen für Flugzeuge oder Absprungzonen für Fallschirmjäger erkunden. Das bedeutet, er sammelt so viele Informationen wie möglich vor Ort – von Wetterdaten bis hin zu Informationen über Infrastruktur und Gegner im Gebiet. Der Zug kann auch zur Unterstützung von Spezialkräften wie dem Kommando Spezialkräfte oder den Kampfschwimmern eingesetzt werden.
Vorbereitung ist alles
In einem alten Hangar einer Kaserne sind die zwei Fallschirmspezialzüge der Luftlandebrigade 1 untergebracht. Mit großen Rolltaschen und noch größeren Rucksäcken betreten sie ihren neuen Arbeits- und Schlafplatz für die nächsten Tage. Innerhalb kurzer Zeit sind sie arbeitsbereit. Die Spezialisten schaffen es, aus einer alten Halle einen durchstrukturierten Bereich zu schaffen, um ihre Operation zu planen. In akribischer Kleinstarbeit wird die Ausrüstung vorbereitet, Funkgeräte werden programmiert, das Einsatzgelände auf einer fünf mal fünf Meter großen Plane nachgebaut und die Operation an Notebooks geplant. Aber sie sind nicht ganz allein. Kameraden vom österreichischen Bundesheer, ein Team aus einem Arzt plus einem Notfallsanitäter und Kameraden der elektronischen Kampfführung, unterstützen den Fallschirmspezialzug bei der Operation.
Einer ihrer wichtigsten Aufträge ist es, eine 23-Millimeter-Flugabwehrkanone mit zwei Rohren zu vernichten. Diese steht kurz vor der einzunehmenden Ortschaft und ist gegen niedrig fliegende Luftfahrzeuge stationär eingesetzt. Und weil auch mit gepanzerten Fahrzeugen des Gegners zu rechnen ist, wird der Auftrag immer umfangreicher. Genauso wie die Ausrüstung müssen jetzt auch Panzerfäuste mit ins Gepäck.
In den frühen Morgenstunden wird der Operationsplan dem Kommandeur der Luftlandebrigade 1, Brigadegeneral Andreas Steinhaus, persönlich vorgestellt und genehmigt.
Mobile Wetterstation und mobiler Flugtower
Nach einer guten Stunde Flugzeit öffnet sich die Heckrampe des Transportflugzeugs A400M. Kalter Wind strömt durch die Maschine und die Soldaten machen sich fertig. Der Fallschirm sitzt, das Gepäck, das nicht selten halb so groß wie die Soldaten selbst ist, hängt an ihnen dran, die Waffe ist verstaut und die letzten Sicherheitschecks werden gemacht. Es geht an die große Heckrampe und alle machen sich fertig. Der Absetzleiter zählt nun runter und dann geht es los mit dem Absprung in die Dämmerung. Der Wind steht günstig und somit fliegt der gesamte Zug nicht selten über 100 Kilometer pro Stunde Bodengeschwindigkeit.
16 Kilometer Strecke werden in wenigen Minuten zurückgelegt. Unten angekommen, gibt es kaum noch Tageslicht. Die Nachtsichtgeräte werden heruntergeklappt – es geht los hinter die feindlichen Linien. Der Fallschirmspezialzug splittet sich in mehrere Elemente auf. Die einen erkunden jetzt die Landezone für mehrere Hundert Fallschirmjäger, die bereits in zwei Tagen in der Nacht abspringen werden. Die anderen suchen die Flugabwehrkanone und gewinnen erste Informationen über die Ortschaft, das heißt sie klären auf. Ohne die Aufklärungsergebnisse sowie den Betrieb der Landezone für die noch kommenden Fallschirmjäger würde die Luftlandeoperation scheitern.
Am Tag verstecken, in der Nacht operieren
Im Zug gibt es eine Gruppe, die in der Lage ist, einen behelfsmäßigen Flugplatz zu betreiben: das Combat Control Team, kurz CCT. Es führt Hilfsmittel mit, um die Bodenbeschaffenheit für eine Landebahn zu prüfen, Messgeräte, um Wetterdaten zu ermitteln und Funkgeräte, um mit Flugzeugen und anderen Leitstellen kommunizieren zu können. Diese Gruppe ist ein wandelnder Flugplatz inklusive einer mobilen Wetterstation und einem „Flugtower auf zwei Beinen“, denn der Gruppenführer ist ein lizenzierter Fluglotse. Er koordiniert die Bewegungen im Luftraum, wenn Verstärkung nachgezogen wird.
Aktuell lauern sie alle draußen im Wald. Sie verstecken sich tagsüber und operieren nachts im Schutz der Dunkelheit. In etwas mehr als 24 Stunden wird sich zeigen, ob sie gute Arbeit geleistet haben.