Heer
Näher an der Truppe

Erste Offizieranwärter durchlaufen reformierte Ausbildung

Erste Offizieranwärter durchlaufen reformierte Ausbildung

Datum:
Ort:
Munster
Lesedauer:
4 MIN

„Der Preis des Erfolges ist Hingabe, harte Arbeit und unablässiger Einsatz für das, was man erreichen will.“ Das Zitat des amerikanischen Schriftstellers Frank L. Wright beschreibt den Weg, den die Offiziersanwärter des Deutschen Heeres seit einigen Monaten bestreiten. Zudem sind sie der erste Jahrgang, der die veränderte Offizierausbildung durchläuft.

Zwei Soldaten stehen auf einem Panzer.

Noch vor einem Jahr haben sich die jungen Soldaten auf ihr Abitur vorbereitet. Jetzt besuchen sie den Fahnenjunkerlehrgang am Ausbildungszentrum Munster und durchlaufen die Offizierausbildung.

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Der lange Weg vom jungen Soldaten zum erfahrenen Offizier des Truppendienstes bedeutet seit jeher einen umfangreichen und fordernden Ausbildungsgang. Doch seit etwa neun Monaten durchlaufen die Offizieranwärter der Landstreitkräfte eine veränderte und mehr praxisorientierte Ausbildung. In insgesamt 67 Monaten werden aus den einstigen Rekruten Vorgesetzte von Feldwebeln, Unteroffizieren und Mannschaftssoldaten.

Zurück zur Truppe

Soldaten in Schneetarn laufen hintereinander durch einen verschneiten Wald, der letzte Soldat dreht sich um.

Die Offizieranwärter der Heeresaufklärungstruppe erlernen das taktische Verhalten im Gelände während des Gefechtsdienstes

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Nachdem das Deutsche Heer im Sommer 2020 die Ausbildung der Offizieranwärter umgestellt hat, hat sich für die jungen Soldaten viel verändert. Anders als ihre Vorgänger werden die Soldaten dezentralisiert in den Verbänden ihrer Truppengattungen ausgebildet. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Offizieranwärterbataillone ihre Soldaten gefordert und gefördert haben. Seit Juli vergangenen Jahres bilden die einzelnen Heeresverbände die Offizieranwärter selbst aus. „Die Entscheidung, die Ausbildung der Offizieranwärter umzustellen, war richtig, denn so generieren die jungen Soldaten eine engere Verbindung zu ihrer Truppengattung“, sagt der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais. Dabei betont er, dass die Offiziere bei dem früheren Ausbildungsmodell nicht schlechter ausgebildet worden seien. „Wir haben mit dem alten Ausbildungsgang gute Erfahrungen gemacht, die Ausbildung war nicht schlechter, sondern anders.“

Der Fahnenjunkerlehrgang

Soldaten hocken über einer Karte, die auf dem schneebedeckten Boden liegt.

Während des Fahnenjunkerlehrgang schaffen die Soldaten wichtige Voraussetzungen für den späteren Offizierlehrgang und den Zugführerlehrgang

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Die Bundeswehr stellt einmal pro Jahr junge Offizieranwärter ein, die eine langjährige und intensive Ausbildung innerhalb ihrer Teilstreitkraft durchlaufen. Neben zahlreichen militärischen Lehrgängen beinhaltet die Ausbildungszeit ein mehrjähriges Studium an einer der zwei Universitäten der Bundeswehr. Aktuell läuft der 90. Offizieranwärter-Jahrgang des Heeres. Nach ihrer dreimonatigen Grundausbildung von Juli bis September 2020 schloss sich für die Soldaten direkt die Spezialgrundausbildung an. Insgesamt sechs Monate verbrachten die Offizieranwärter in den Verbänden ihrer Truppengattung. Erfahrene Ausbilder gaben den jungen Soldaten den ersten militärischen Feinschliff und vermittelten grundlegende Kenntnisse des Soldatenberufs. Seit Januar 2021 befinden sich die Offizieranwärter auf ihrem 15-wöchigen Fahnenjunkerlehrgang, also einen Lehrgang für Offizieranwärter. Er findet an den Schulen und Ausbildungseinrichtungen der jeweiligen Truppengattung statt und beinhaltet zum Beispiel die Ausbildung zum Schießausbilder für Landoperationen und Unterricht zum Thema Wehrrecht. Hier treffen alle Offizieranwärter ihrer Truppengattungen zum ersten Mal zusammen und werden laufbahnbezogen ausgebildet.

Inspekteur des Heeres vor Ort

Ein Soldat mit roten Barett spricht mit zwei Soldaten, die neben und in einem Panzer stehen.

Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais (l.), besucht den ersten Fahnenjunkerlehrgang nach der Umstellung der Offizierausbildung und spricht mit den Ausbildern und Offizieranwärtern über deren erste Eindrücke

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Um sich persönlich ein Bild von der veränderten Offizierausbildung zu machen, besuchte Generalleutnant Mais kürzlich den Fahnenjunkerlehrgang in Munster. Am niedersächsischen Ausbildungszentrum begleitete er für einen Tag die Offizieranwärter der Panzergrenadiertruppe, der Heeresaufklärungstruppe und der Panzertruppe. Mais informierte sich im Gespräch mit dem Kommandeur des Ausbildungszentrums Munster, Brigadegeneral Ullrich Spannuth, und den Lehrgangsteilnehmern über Ausbildungsinhalte und die Herausforderungen des Lehrgangs während der Corona-Pandemie. Dabei stellten alle Beteiligten fest, dass die Covid-19-Schutzmaßnahmen während des gesamten Ausbildungsbetriebes große Flexibilität und planerischen Mehraufwand erfordern. Hausaufgaben, Blockausbildung, räumliche Auflockerungen, Ausbildung im Freien, Kleingruppenprinzip und Mund- und Nasenschutz waren Schlagworte der Gespräche.

„Offizierberuf ist ein Führungsberuf“

Zwei Soldaten stehen hinter aufgebauten Mauerresten und haben Gewehre im Anschlag.

Ein bekanntes Gesicht: Hauptgefreiter und Offizieranwärter Marc Fenchel (v.) wird beim Fahnenjunkerlehrgang so ausgebildet, dass er beim Handwaffenschießen als Leitungs- und Ausbildungspersonal eingesetzt werden kann

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Hauptgefreiter und Offizieranwärter Marc Fenchel ist Lehrgangteilnehmer des Fahnenjunkerlehrgangs der Panzergrenadiertruppe. Während seiner Spezialgrundausbildung lernten wir ihn bereits auf dem Truppenübungsplatz in Klietz kennen, als er über seinen militärischen Werdegang berichtete. Nun ist auch er auf seinem wichtigen Laufbahnlehrgang in Munster und sagt: „Es macht mir nach wie vor Spaß und ich bereue es nicht, mich für den Soldatenberuf und die Offizierlaufbahn entschieden zu haben. Natürlich verlangt der Lehrgang mehr Anstrengung und Leistungsbereitschaft. Die Erwartungen der Ausbilder an uns steigen merklich, aber, wenn man das will, dann schafft man das auch.“ Und auch das Fazit, dass Mais am Ende des Truppenbesuches zieht, stützt sich auf die Worte des jungen Offizieranwärters. „Ich habe motivierte Soldaten gesehen, die Freude an ihrem Job haben und wissen, was sie wollen. Die jungen Menschen wollen führen und Verantwortung übernehmen und das ist sehr wichtig, denn der Offizierberuf ist ein Führungsberuf.“

Kameradschaft und Karriere

Ein Soldat in Flecktarn läuft neben einem Soldaten in Schneetarn durch den Wald.

Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, spricht mit den Offizieranwärtern und gibt ihnen Ratschläge und Tipps für ihre intensive Ausbildungszeit

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Lernbereitschaft, Wissbegier und Neugier kennzeichnen die Offizieranwärter in Munster. Sie stehen noch am Anfang eines langen Weges, der von verschiedenen Ausbildungsabschnitten geprägt ist. Wenn sie im September ihr Studium beginnen, haben die jungen Soldaten in den Ausbildungseinrichtungen und in ihren Verbänden bereits erste grundlegende und prägende militärische Erfahrungen gesammelt. Nach knapp vier Jahren Studium werden sie dann, im Anschluss an den Offizierlehrgang, in die Verbände ihrer Truppengattungen zurückkehren. Mit dem Dienstgrad Leutnant und dem Bewusstsein als Offizier Führer und Vorbild zu sein, erwarten die Soldaten dann interessante Dienstposten und abwechslungsreiche Verwendungen. Im Hinblick auf die spannende Zukunft der Offizieranwärter und in dem Bewusstsein seines persönlichen Erfahrungsschatzes verabschiedete sich der Inspekteur des Heeres mit den Worten: „Holen Sie immer das Beste aus sich heraus und denken Sie daran, der Offizierberuf ist ein Karriereberuf, aber die Kameradschaft kennzeichnet einen guten Soldaten.“

von Elisabeth Rabe