Eine Blaulichteskorte zum Abschied
Eine Blaulichteskorte zum Abschied
- Datum:
- Ort:
- Veitshöchheim
- Lesedauer:
- 3 MIN
Auf der Autobahn eskortieren Feldjäger ein Abholkommando. Von der Autobahn rollen die Wagen über die Landstraße durch Veitshöchheim, um mit blinkenden Blaulichtern in die Balthasar-Neumann-Kaserne einzufahren. Kein Staatsgast, sondern Militärpfarrer Johannes Müller steigt aus der Limousine. Mit einem Feldgottesdienst wird er aus der Militärseelsorge verabschiedet.
Nach zehn Jahren ist Schluss. „Es ist unvorstellbar, wie schnell die Zeit vergangen ist“, sagt Pfarrer Müller vor seiner Gemeinde, den Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Veitshöchheimer Kaserne, die sich auf der Wiese zu einem Abschiedsgottesdienst unter Coronabedingungen versammeln. Alle stehen mit großem Abstand zueinander, aber unter dem Birkenkreuz, unter dem die Militärgeistlichen beider Konfessionen traditionell ihre Feldgottesdienste feiern. „Der Herr ist der Zeiten Anfang und ihr Ende“, sagt Müller, denn der Abschied von Weggefährten fällt ihm schwer.
Mit Pauken und Trompeten
Dass dieser Zusammenhalt auf Gegenseitigkeit beruht, zeigt diese Eskorte der Feldjäger. Die Spieß-Runde, eine informelle Zusammenkunft der Kompaniefeldwebel am Standort, dazu die Feldjäger der 5. Kompanie des Feldjägerregiments 3 haben sie organisiert. Müllers Familien-Rüstzeiten für die Feldjägerkompanie seien stets etwas Besonderes gewesen, erklärt deren Spieß, Stabsfeldwebel Thomas Fieder. Als Ehrendienst betrachtet es auch das Bläserensemble des Heeresmusikkorps Veitshöchheim, den Abschiedsgottesdienst musikalisch zu begleiten. Müller durfte sich sieben Musikstücke wünschen – und so wird der Militärpfarrer wortwörtlich mit Pauken und Trompeten verabschiedet.
Der militärische Jargon wird ihn begleiten
Die zwölf Jahre, die ein Pfarrer in der Militärseelsorge bleiben darf, hätte er gerne ausgeschöpft. Doch habe sich eine Stelle im nahen Ochsenfurt angeboten, die sich auch mit den Wünschen der Familie besser vereinbaren lässt, erklärt Müller. Der dortige Kirchengemeinderat habe gesagt: „Den wollen wir haben.“ Dabei hatte die Gemeinde keinerlei Vorbehalte gegen seine militärische Vergangenheit. Der Jargon aber, „der wird mich noch eine Weile lang begleiten“, ist sich Müller sicher. Wenn es beispielsweise nicht Pilot heiße, sondern „Luftfahrzeugführer“, von „Drehflüglern“ und „Starrflüglern“ die Rede ist. Auch sei der Spagat zwischen zwei Welten, der Kaserne und dem Privatleben nicht ganz so leicht ist, wie seine Frau Barbara erkennt, wenn sie ihn auffordert, wieder umzuschalten. Sie habe Müller damals erst überzeugen müssen: „Nein, zum Militär gehst du nicht“, habe seine Frau ihm gesagt. Inzwischen sind die Soldaten zur zweiten Familie geworden und Barbara Müller ist ganz selbstverständlich mit dabei. Sie habe sich dort stets wohlgefühlt, fügt sie an.
Vier Einsätze in zehn Jahren
Müller hat tatsächlich alles mitgenommen, was man als Militärpfarrer erleben kann: In vier Auslandseinsätzen hat er die eingesetzten Soldaten seelsorgerisch betreut – in Prizren im Kosovo, in Kabul in Afghanistan, in Koulikoro in Mali und zum Abschluss im litauischen Rukla. Unvergessliche Momente habe er erlebt, wie beispielsweise die Taufe eines Kameraden auf einem Berg in Mali. Oder er fuhr mit auf eine Patrouille im Allschutz-Transportfahrzeug Dingo mit angespannter Wachsamkeit und in stetiger Erwartung, angesprengt oder beschossen zu werden. Da habe er natürlich auch Angst gehabt. „Ich war Gott nie so nahe wie in diesem Dingo“, erinnert sich Müller und zitiert dabei Psalm 27: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?“ Eine wichtige Botschaft für den Militärpfarrer: „Das hat mich nie verlassen.“
Segensreich gewirkt
„Ich weiß, wie sehr ein Militärpfarrer im Einsatz geschätzt wird“, berichtet Brigadegeneral Michael Podzus, stellvertretender Kommandeur der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim. Deshalb habe die Division auch so sehr dafür gekämpft, dass die neue Mission in Litauen permanent von einem Militärpfarrer begleitet wird. Vier Einsätze in zehn Jahren, das sei „für einen Militärpfarrer eine ganze Menge“, bestätigt Müllers Vorgesetzter, der Leitende Militärdekan Dr. Ralf Zielinksi und stellt fest: Das Dekanat in München sei stets voll des Lobes gewesen, „du hast hier segensreich gewirkt“.
Ein Nachfolger steht noch nicht fest
Zielinski überreicht ihm dabei eine Dankurkunde des weltlichen Dienstherrn, also der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie des geistlichen Chefs, des evangelischen Militärbischofs Sigurd Rink, und entpflichtet den Militärpfarrer vom Dienst in der Militärseelsorge. Einen Segen gibt er ihm mit für sein Wirken in seiner künftigen Gemeinde. Seinen Dienst in der Ochsenfurter Christuskirche wird Müller am 1. Juni antreten. Einen Nachfolger für die Balthasar-Neumann-Kaserne hat das Militärdekanat noch nicht. Man habe einen Kandidaten im Auge, verrät Dekan Zielinski, müsse ihn aber erst noch zum Wechsel überzeugen.