Heer
Technische Kontrolle

Die Alles-Prüfer vom Amt

Die Alles-Prüfer vom Amt

Datum:
Ort:
Strausberg
Lesedauer:
5 MIN

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Drum prüfe, wer sich ewig bindet … Das gilt nicht nur im persönlichen Bereich. Auch mit seiner Ausstattung pflegt ein Soldat oft sehr lange Beziehungen. Und damit da alles möglichst harmonisch läuft, gibt es das Amt für Heeresentwicklung in Köln. Seine Beschäftigten sind die Alles-Prüfer.

Zwei Soldaten in grüner Uniform schauen aus der Luke ihres mit Tannenzweigen getarnten Panzers.

Erst nachdem ein Rüstungsprojekt spezielle Einsatzprüfungen durchlaufen hat, darf die neue Technik bei der Truppe eingesetzt werden

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Denn alles an Ausrüstung und Gerät muss extrem robust sein und auch unter Gefechtsbedingungen immer funktionieren. Ob im staubigen Wüstensand oder unter eisiger Kälte im arktischen Norden. Bevor Helme, Funkgeräte und Fahrzeuge im Einsatz oder in Deutschland auf Übungen benutzt werden dürfen, müssen sie in verschiedenen Einsatzprüfungen zeigen, was sie leisten können. So testet das Heer sein Material von morgen.

Jeder kennt das Labor, in dem der charismatische Ingenieur Q die Ausrüstung der britischen Doppelnull-Agenten testet. Was bei James Bond reine Fiktion ist, wird bei der Bundeswehr in Teilen zur Wirklichkeit. Das Heer hat eine eigene Einrichtung, die sich speziell mit der Ausrüstung von morgen beschäftigt.

Verlässlich und robust

Doch bevor ein Waffensystem der Zukunft wirklich in den Einsatz geht, muss es erst einmal definiert, entwickelt und dabei gemeinsam mit der Truppe und der Industrie regelmäßig auf Herz und Nieren getestet und weiterentwickelt werden. Schließlich soll das Material dem Soldaten helfen, seinen Auftrag auszuführen und die Arbeit erleichtern. Es muss verlässlich und robust sein, um dem Soldaten einen Vorteil im Gefecht zu verschaffen. Einen Doppelnull-Agenten auf seine Mission vorzubereiten dauert im Film wenige Minuten. Ein gesamtes Heer voranzutreiben, ist in der Realität eine gewaltige Herausforderung. Der Geist von Q ist trotzdem spürbar.

Outdoor-Einsatzprüfung: Das grüne Labor

Ein Soldat läuft vor grünen getarnten Panzern.

Bei der Taktischen Einsatzprüfung muss der Prototyp des Pumas VJTFVery High Readiness Joint Task Force 2023 gegen den normalen Puma im Vergleich antreten

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Aus der Entfernung ist das Grummeln mehrerer Panzer zu hören. Mitten im weiten Kiefernwald Niedersachsens schrauben Soldaten und zivile Mechaniker auf einer Betonparkfläche gemeinsam ein letztes Mal an den Fahrzeugen und bereiten die neue Technik auf den Test vor. Wir sind auf dem Übungsplatz bei Bergen. Heute soll der Schützenpanzer Puma, das Hauptwaffensystem der Panzergrenadiere, ein Testszenario durchlaufen. In dieser neuesten Konfiguration soll der Puma bald für die Schnelle Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization, der Very High Readiness Joint Taskforce, kurz VJTFVery High Readiness Joint Task Force 2023, zur Verfügung stehen.

An diesem Tag im Visier der Testcrew: ein Teil der optronischen Anlage, die der Besatzung später helfen soll, den Gegner aufzuklären und mit den beiden Turmwaffen zu bekämpfen. Die Tests laufen unter Gefechtsbedingungen mit scharfer Munition. Sollten die Systeme im Test nicht den Anforderungen der Truppe entsprechen, muss die Industrie nacharbeiten und verbessern.

So arbeitet das Amt für Heeresentwicklung

Drei Soldaten und ein Zivilist stehen auf einem Panzer.

Gemeinsam mit zivilen Mechanikern wird der Schützenpanzer auf die Prüfung vorbereitet

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Gemeinsam mit der Truppe und der Industrie macht das Amt für Heeresentwicklung in Köln Waffensysteme und Ausrüstungsgegenstände fit für den Einsatz. Soll ein neues Waffensystem beschafft werden, macht das Amt die Vorgaben, was das System leisten muss. Aber auch nach der Einführung entwickelt es die Systeme ständig weiter, damit die Soldaten auch in Zukunft professionell ausgestattet sind.

Es geht aber nicht nur um Material, sondern um die Zukunftsfähigkeit des gesamten Heeres. Das Amt ist vergleichbar mit einem Fernlicht bei einem Auto, das einen weiten Blick in die Zukunft ermöglicht. Die Spezialisten in Köln fragen sich: Wie muss das Heer in zwanzig Jahren ausgestattet, aufgestellt und ausgebildet sein? Um Antworten auf diese Frage zu erhalten, haben sich die Frauen und Männer mit ihrer Einrichtung vielseitig aufgestellt. Aus jedem Bereich des Heeres gibt es Vertreter, die aus einer langjährigen Erfahrung in der Truppe schöpfen und gemeinsam in einem ganzheitlichen Ansatz zusammenwirken. Damit können die Entwickler die verschiedenen Rüstungsprojekte des gesamten Heeres aufeinander abstimmen.

Weiterentwicklung heißt Zusammenarbeit

Fünf Soldaten und ein ziviler Mechaniker stehen im Halbkreis auf dem Übungsplatz.

Gemeinsam mit der Puma-Besatzung geht der „Prüfer vom Amt“, Oberstleutnant Christoph Wallner, den Ablauf durch

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Soll ein Waffensystem eingeführt oder weiterentwickelt werden, arbeiten die Entwickler im Amt für Heeresentwicklung eng mit der obersten Beschaffungsbehörde der Bundeswehr, dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung Bundeswehr in Koblenz, kurz BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, und der Truppe selbst zusammen. Das BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr ist der Einkäufer der Bundeswehr. Es regelt die Beschaffung, währenddessen das Amt für Heeresentwicklung definiert, was die Truppe künftig an Ausstattung brauchen wird.

Die Truppe ist der Kunde, der das Produkt am Ende erhält. Das Bundesministerium der Verteidigung leitet aus dem politischen Prozess heraus den Auftrag und ein Fähigkeitsprofil ab, also was die Bundeswehr können muss, um ihren politisch gegebenen Auftrag umzusetzen. Danach richten sich auch die Fähigkeitsentwickler im Amt für Heeresentwicklung. Sie nutzen das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr als Leitschnur.

Wann ist ein Projekt fertig?

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Wie läuft eine Einsatzprüfung? Oberstleutnant Kim Werner Feilcke vom Amt für Heeresentwicklung in Köln erklärt den Test.

Rüstungsprojekte sind langfristige Vorhaben. Die Langfristigkeit hat einen Grund. Die internationale Bedrohungslage sowie weitere Faktoren, wie die technologische Benchmark, an der sich das Waffensystem immer messen muss oder auch finanzielle Rahmenbedingungen können sich ständig ändern. Viele unterschiedliche Faktoren beeinflussen die Weiterentwicklung eines Waffensystems maßgeblich. Es wird also nicht immer gleich der gesamte Panzer neu konzipiert, sondern schrittweise auf den aktuellen Stand gebracht.

Reif für den ersten Einsatz

Ein Schützenpanzer Puma fährt im Gelände auf dem Übungsplatz Bergen.

Optisch macht das Vorserienmodell ein gutes Bild im Gelände. Was zählt ist die Einschätzung der Truppe und der Einsatzprüfer.

Bundeswehr/Michel Baldus

Die Produktweiterentwicklungen, die im Automobilbereich oft als Modellpflegen oder Facelifts bekannt sind, heißen bei Rüstungsprojekten Ausbaustände. Gemeinsam mit der Truppe und der Industrie checkt das Testteam in Einsatzprüfungen, ob das Produkt für den Einsatz in der Truppe taugt und der Hersteller die vertraglich festgelegten Leistungen auch erfüllt. Neben der Einsatzprüfung im Gelände muss sich jedes Waffensystem aber auch noch im Labor der Wehrtechnischen Dienststellen des BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr beweisen.

Einsatzprüfungen werden, genau wie auch die Labortests, immer nach einem bestimmten, objektiven Verfahren ausgeführt. So durchläuft auch der jüngste Puma sämtliche Tests. Sind die Prüfergebnisse ausgewertet, wird entschieden. Es geht schlicht darum: Hat das Projekt den Schritt vom Vorserienmodell zur Serienreife geschafft – oder nicht?

Einsatzprüfung Puma

Arm eines Soldaten mit einem Patch

Bei einer taktischen Einsatzprüfung arbeiten die Entwickler mit der Truppe zusammen. Für den VJTFVery High Readiness Joint Task Force-Puma sind die Soldaten des Panzergrenadierbataillons 112 aus Regen vor Ort.

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Im Juli 2020 wurde auf dem Truppenübungsplatz Bergen die taktische Einsatzprüfung sowie die technisch-logistische Untersuchung in Aachen am Ausbildungszentrum Technik Landsysteme zum „System Panzergrenadier“ (bestehend aus den Teilkomponenten „Schützenpanzer Puma VJTFVery High Readiness Joint Task Force“ und „Infanterist der Zukunft-ES VJTFVery High Readiness Joint Task Force“) durchgeführt. Die insbesondere bei der taktischen Einsatzprüfung im Vergleich zum 1. Los Puma Serie zu verzeichnenden, sichtbaren Fortschritte bei Qualität, Zuverlässigkeit und Fähigkeitsgewinn haben das Vertrauen in dieses für das Heer so wichtige Rüstungsprojekt bestätigt und gestärkt.

Im Zuge der taktischen Einsatzprüfung ergaben sich aber immer noch eine Reihe von Mängeln und Fehlfunktionen, die einer uneingeschränkten Nutzung entgegenstehen und einer zwingenden und zeitnahen Abstellung bedürfen. Für beide Teilkomponenten des „Systems Panzergrenadier“ gilt: Erst wenn die Mängel aus den getesteten Vorseriensystemen am Seriengerät beseitigt sind, kann die taktische Einsatztauglichkeit des „Systems Panzergrenadier“ insbesondere im Hinblick auf die uneingeschränkte Nutzung für die VJTFVery High Readiness Joint Task Force 2023 attestiert werden.

Ziel ist es, die Soldatinnen und Soldaten für die VJTFVery High Readiness Joint Task Force (L) nicht nur bestmöglich auszubilden, sondern auch bestmöglich auszustatten, damit sie als Teil der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Speerspitze bestehen können. Der Einsatz des Schützenpanzers Puma VJTFVery High Readiness Joint Task Force bereits in der NRFNATO Response Force (L) 2022-2024 ist daher für uns weiterhin eine mögliche Option.

Mit dem Puma erhält die Bundeswehr den weltweit modernsten und leistungsfähigsten Schützenpanzer. Er soll im Jahr 2025 voll einsatzfähig sein.

Einsatzprüfung – ein Gemeinschaftswerk

  • Mehrere Soldaten mit Helmen und Sprechsatz stehen in Linie nebeneinander.

    Auch die neue persönliche Ausrüstung eines Soldaten muss sich in Einsatzprüfungen bewähren

    Bundeswehr/Maximilian Schulz
  • Vier Soldaten stehen im Wald und besprechen sich.

    Während der Einsatzprüfung hält das Entwicklungsteam enge Verbindung zur Truppe

    Bundeswehr/Katrin Hanske
  • Ein Schützenpanzer Puma steht im Gelände auf dem Übungsplatz Bergen.

    Ein getarntes Fahrzeug ist im Gelände mit dem bloßen Auge schwer zu erkennen. Mit der neuen Optronik kann die Besatzung binnen kürzester Zeit trotz Tarnung Ziele aufklären.

    Bundeswehr/Katrin Hanske



von Peter Müller

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