Heer
Zum Schutz der NATO-Ostflanke

Deutsche und Litauer feuern aus allen Rohren

Deutsche und Litauer feuern aus allen Rohren

Datum:
Ort:
Pabrade
Lesedauer:
5 MIN

Deutsche und litauische Soldatinnen und Soldaten sind Verbündete. Sie bilden eine kampfstarke Einheit und haben ihre taktischen Verfahren und Standards für das gemeinsame Gefecht aufeinander abgestimmt. Mit der Übung Griffin Storm zeigt die eVAenhanced Vigilance Activities-Brigade, für die das Deutsche Heer gemeinsam mit den litauischen Streitkräften eingesetzt ist, wie schnell die Truppe zum Schutz des Bündnisses an der NATO-Ostflanke bereitsteht.

Zwei Panzer stehen auf einer weiten rehbraunen Sandlandschaft.

Durch gemeinsame Übungen, wie Griffin Storm, können die Alliierten im Ernstfall schnell und kampfkräftig das Baltikum verteidigen

Bundeswehr/Lea Bacherle

Für die Landes- und Bündnisverteidigung kämpfen Deutsche und Litauer als feste Einheit zusammen. Sie müssen ständig auf das Schlimmste, eine Aggression von außen, vorbereitet sein. Um binnen kürzester Zeit Seite an Seite eingesetzt werden zu können, müssen sie regelmäßig gemeinsam üben. Es geht um die Abstimmung aller nötigen Abläufe, beginnend bei der Alarmierung und Verlegung von Kräften von Deutschland nach Litauen bis hin zum Gefecht. Denn die Bedrohung ist nicht abstrakt, sondern real. Es geht schließlich um den Schutz des NATO-Bündnisgebietes. 

Panzer wühlen im Gelände

Auf dem weiten Übungsgelände bei Pabradė in Litauen wühlen sich aktuell daher Gefechtsfahrzeuge, darunter Kampfpanzer Leopard 2 A6 und Schützenpanzer Marder, durch den Sand und beziehen Stellung. Dieses Mal gehören sie nicht zur Battlegroup der enhanced Forward Presence (eFPenhanced Forward Presence) Mission der NATO, die hier üblicherweise und oft trainiert. Die Fahrzeuge und Soldaten gehören unter anderem zum Panzergrenadierbataillon 411 aus Viereck und sind Teil der sogenannten eVAenhanced Vigilance Activities-Brigade Litauen. Was verbirgt sich hinter der Abkürzung?

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Mit der binationalen Übung Griffin Storm wollen das deutsche und das litauische Heer zeigen, wie sie als eine Einheit kämpfen und zusammenarbeiten. Nach der Verlegung der eVAenhanced Vigilance Activities-Brigade nach Pabradė in Litauen geht es gemeinsam in die Gefechtsübung.

Die drei Buchstaben, eine englische Abkürzung, stehen für enhanced Vigilance Activities, also die militärische Verstärkung osteuropäischer Länder durch wachsame, verbündete Truppen. Für diesen Auftrag wurde die Brigade unter anderem mit Soldatinnen und Soldaten des Panzerbataillons 363 aus Hardheim verstärkt. 2021 haben die Panzerkräfte mit ihren Kampfpanzern Leopard in der Version 2 A6 zum ersten Mal gekämpft. Der junge Verband ist nun mit einer Kompanie in das Gefechtsbild integriert.

Insgesamt wird Litauen neben der multinationalen eFPenhanced Forward Presence-Battlegroup durch eine gesamte Brigade unter deutscher Führung unterstützt, die im Falle einer Alarmierung umgehend in den Einsatzraum verlegt wird und zusammen mit den Litauern dann das Gefecht aufnimmt. Allein bei der Gefechtsübung Griffin Storm sind circa 1.000 Soldatinnen und Soldaten mit mehr als 300 Fahrzeugen und Luftunterstützung beteiligt.

Wie kämpfen Litauer und Deutsche gemeinsam?

Viele Soldaten stehen draußen im Kreis vor Panzern im Gespräch.

Bei der Gefechtsübung wird eine litauische Infanteriekompanie mit dem Radpanzer Vilkas dem Panzergrenadierbataillon 411 aus Viereck unterstellt

Bundeswehr/Lea Bacherle

Zurück auf dem Übungsplatz: Eine Drohne vom Aufklärungsbataillon 6 fliegt über die eigenen Kampfpanzer hinweg und kreist wie ein Greifvogel über dem Gefechtsfeld. Sie liefert Luftbilder in Echtzeit von der Lage am Boden. Schnell wird klar: Der Feind walzt sich zügig im Angriff Richtung unserer Position. Dann fallen die ersten Schüsse aus der Bordkanone des deutschen Schützenpanzers. Die feindlichen Aufklärungskräfte, die unsere eigene Truppe finden und Informationen liefern sollen, werden im Übungsgefecht mit der 20-mm-Bordkanone vernichtet. Doch das war erst der Anfang: In wenigen Minuten wird es an derselben Stelle zu einem hochintensiven Gefecht kommen. 

Die Spitzen der feindlichen Hauptkräfte nähern sich. Wollen sich deutsche und litauische Truppen gegen diesen Gegner behaupten, müssen sie zunächst schnell reagieren. Es geht darum, das erste und zweite Fahrzeug umgehend zu stoppen, den Angreifer zur Entfaltung zu bringen und damit zu verlangsamen, ihm also den Schwung zu nehmen. Dann rücken deutsche Kampfpanzer in fester Einheit mit einer litauischen Kompanie auf schwer bewaffneten Radpanzern vor. Die Idee: Der Feind soll auf eine sogenannte Sperre, das eigene Minenfeld, auflaufen, um ihn in dieser nachteiligen Situation zu bekämpfen. 

Die letzten Schläge des Feindes

Ein getarnter Scharfschütze liegt draußen mit dem Gewehr auf dem Boden im Anschlag.

Die Scharfschützen unterstützen das Joint Fire Support Team mit Zielkoordinaten und Informationen über den Feind mit Blick durch die Optik

Bundeswehr/Lea Bacherle

Der Feind versucht umgehend, sich aus dem Minenfeld zu lösen und sich dem Feuer aus unseren Waffen und der gefährlichen Feuerunterstützung von oben aus der Luft zu entziehen. In dieser Situation liegt der Gegner sprichwörtlich „auf dem Präsentierteller“. Sofort versuchen die Angreifer auszuweichen. Es kommt dabei zu einer Stauung. Die eigenen Scharfschützen unterstützen jetzt nicht mit Präzisionsschüssen. Diesmal liefern sie dem Joint Fire Coordination Team und damit der litauischen Artillerie wertvolle Informationen über den Gegner und melden Zielkoordinaten per Funk. Die litauische Panzerhaubitze 2000, die bis auf geringe Unterschiede der deutschen Version entspricht, ist sofort feuerbereit.

Der Kommandeur nutzt jetzt die Chance, dem Angreifer die Initiative zu entreißen. Das bedeutet, er wird damit vom Reagierenden zum Agierenden, will das Gefecht für sich entscheiden. Mit dem frontalen Binden, zusammen mit einem Gegenangriff aus der Flanke, soll der Feind zerschlagen, also kampfunfähig gemacht werden. Dazu schaffen die Pioniere die Voraussetzung, öffnen umgehend und unter Feuer feindliche Minensperren mit dem Minenräumpanzer Keiler und legen Brücken zur Überquerung der Gewässer. Schnell müssen beschädigte Gefechtsfahrzeuge geborgen werden. Dafür bleibt wenig Zeit, denn der Gegner feuert weiterhin auf unsere Stellungen. 

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Der bewaffnete Radpanzer Vilkas der litauischen Infanterie teilt sich die Basis mit dem deutschen GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer. Das 35-Tonnen-Fahrzeug hat eine 30-mm-Maschinenkanone, eine Panzerabwehrwaffe des Typs Spike LR und kann einen Schützentrupp transportieren.

Dann geht alles ganz schnell. Während die litauische Artillerie, die Luftunterstützung und die zahlreichen Schützenpanzer Marder und Radpanzer Vilkas den Feind fixieren und in die Deckung zwingen, vernichten die deutschen Kampfpanzer den Feind. Frontal feuern die Verbündeten aus allen Rohren. Der Vilkas, litauisch für Wolf, ist das moderne Gefechtsfahrzeug der litauischen Infanteristen. Es gehört zu einer Kompanie des litauischen Algirdas-Infanteriebataillons, die dem Panzergrenadierbataillon 411 bei der Übung temporär unterstellt wurde. Der Radpanzer verfügt über eine automatische 30-mm-Bushmaster-Bordkanone und ist damit eine schwer bewaffnete Version des Gepanzerten Transportkraftfahrzeuges Boxer. Das deutsche System verfügt bislang noch über keine Bordkanone und wird bei den Mittleren Kräften der Bundeswehr eingesetzt. 

Für den Schutz des Baltikums und der Verbündeten

Zwei Panzer stehen auf einer weiten rehbraunen Sandlandschaft.

Durch gemeinsame Übungen, wie Griffin Storm, können die Alliierten im Ernstfall schnell und kampfkräftig das Baltikum verteidigen

Bundeswehr/Lea Bacherle

Nach der Gefechtsübung bestätigt sich: Deutsche und litauische Landstreitkräfte bilden gemeinsam mittlerweile ein starkes und reibungslos aufeinander abgestimmtes Team im Gefecht; das „Team“ will sich auch künftig weiterentwickeln. Eine beruhigende Erkenntnis, denn die NATO als Verteidigungsbündnis ist auf kriegstaugliche und durchsetzungsfähige Streitkräfte zur Abschreckung angewiesen. Deutschland schützt zusammen mit seinen alliierten Partnern das Baltikum und die NATO-Ostflanke gegen jede Bedrohung von außen. Das Heer bildet darin den Kern einsatzbereiter deutscher Landstreitkräfte. Aktuell wird dieser Auftrag durch die Panzergrenadierbrigade 41 wahrgenommen. Ab Januar 2024 wird anschließend die Panzerbrigade 21 die verantwortungsvolle Funktion übernehmen.

von Peter Müller

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