Heer
Ausbildung in der Mongolei

Deutsche Mission für mongolische Gebirgsjäger

Deutsche Mission für mongolische Gebirgsjäger

Datum:
Ort:
Ulaanbaatar
Lesedauer:
6 MIN

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„Salaa davschiltad! Wir greifen an!“ Blitzartig bricht in der Steppe vor Ulaanbaatar die Hölle los. Mongolische Gebirgsjäger eröffnen das Feuer aus einem Hinterhalt. Nach fünf Minuten ist alles vorbei. Ein deutscher Ausbilder schaut unzufrieden und macht sich Notizen. Bei der Ausbildungsunterstützung „Mobile Training Team Mongolei“ schulen deutsche Kameraden einheimische Soldaten und das bis 2024.

Ein deutsche und mehrere mongolische Soldaten stehen in der Steppe an einem taktischen Sandkasten.

Bei der Ausbildungsunterstützung Mongolei werden die Grundlagen des Jagdkampfes trainiert. Auch in der mongolischen Steppe startet alles mit dem klassischen Geländesandkasten.

Bundeswehr/Marco Dorow

Seit 2019 fliegen deutsche Gebirgsjäger jährlich in die über 6.500 Kilometer entfernte mongolische Hauptstadt Ulaanbaatar. Der Grund: Das Deutsche Heer unterstützt den Aufbau einer Gebirgsjägertruppe für die Mongolei. Um zu verstehen, wie es dazu kam, müssen wir knapp zehn Jahre zurückgehen. Die mongolischen Streitkräfte sind schon lange ein gewachsener und zuverlässiger Partner der Bundeswehr. Das haben sie immer wieder seit 2011 bei der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mission Resolute Support als Sicherungskompanie in Afghanistan unter Beweis gestellt. Für diesen Auftrag wurden sie über viele Jahre hinweg in der Mongolei von deutschen Soldatinnen und Soldaten ausgebildet. Auch die Gebirgsjägerbrigade 23 hat mehrfach diese Aufgabe übernommen. Bei den gemeinsamen Ausbildungen lernten die Mongolen die Fähigkeiten der deutschen Gebirgsjäger kennen und schon bald entstand der Wunsch nach einer eigenen Gebirgsjägertruppe. Im Jahr 2018 besuchte der damalige mongolische Verteidigungsminister Nyamaa Enkhbold den bayerischen Großverband in Bad Reichenhall und überzeugte sich selbst von dessen besonderen Fähigkeitsprofil. Bei dem anschließenden Treffen mit der ehemaligen Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen sagte diese der Mongolei eine Unterstützung beim Aufbau einer mongolischen Gebirgsjägertruppe zu. Geboren war das Mobile Training Team Mongolei.

Sechs aufeinander aufbauende Module

Ein deutscher und ein mongolischer Soldat stehen an einer Felswand und befestigen Kletterseile.

Die Gebirgsausbildung des Hochgebirgsjägerzuges aus Mittenwald findet für die mongolischen Kameraden im Terelj-Nationalpark statt, knapp 35 Kilometer östlich Ulaanbaatars

Bundeswehr/Marco Dorow

Insgesamt sechs Module, jedes Jahr ein Modul, durchlaufen die etwa 70 mongolischen Kameradinnen und Kameraden von 2019 bis 2024, maßgeschneidert nach deutschem Gebirgsfähigkeitsprofil. Der Kontingentführer und deutsche Ausbildungsleiter, Oberstleutnant Johannes Schwegler, erklärt die Grundidee der Mission im Lande des blauen Himmels: „Die modulare Gebirgsjägerausbildung ist ein aufeinander aufbauendes, sich fortentwickelndes und angepasstes Spezialtraining von alpinen Verfahrensweisen sowie gebirgsspezifischen Gefechtstechniken und Taktiken. Ziel dabei ist es, die Kameraden, die den Ausbildungsstand für ein Mittelgebirge haben, für das Hochgebirge fit zu machen.“ Die Ausbildung selbst erfolgt bis dato an zwei Standorten in unmittelbarer Nähe zur mongolischen Hauptstadt und wird gestemmt von knapp 50 deutschen Soldatinnen und Soldaten. Die Unterstützer kommen aus der Gebirgsjägerbrigade 23, den Gebirgsjägerbataillonen 232 und 233 sowie dem Sanitätsdienst Bischofswiesen.

Die Schieß- und Gefechtsausbildung wurde in das Peace Support Operation Training Center (PSOTC) gelegt, circa 40 Kilometer westlich von Ulaanbaatar. Das klassische alpine Gebirgstraining läuft im Terelj-Nationalpark, östlich der Hauptstadt. „Die Rahmenbedingungen und natürlichen Gegebenheiten könnten für die Ausbildungsinhalte an beiden Stationen nicht besser sein“, berichtet der Kommandeur des mongolischen Gebirgsjägerbataillons 331, Oberstleutnant Khorolgarav Zoljargal. Die Soldatinnen und Soldaten seines Verbandes bilden nahezu 100 Prozent der Ausbildungsgruppe. Ihre Teilnahme ist unabdingbar, denn sie sind das zukünftige Rückgrat der mongolischen Gebirgsjägertruppe. Dafür haben die Kameraden knapp 1.750 Kilometer Anreise auf sich genommen. Denn das Gebirgsjägerbataillon 331 ist eigentlich in Sagsai, im Westen der Mongolei, beheimatet. Wenn alles nach Plan verläuft, findet dort ab nächstem Jahr die Hochgebirgsausbildung statt.

Ein mongolischer und ein deutscher Stabsoffizier sind in der Steppe im Gespräch.

Die deutsch-mongolische Führung hinter der Ausbildungsunterstützung Mongolei: Oberstleutnant Khorolgarav Zoljargal, Kommandeur des Gebirgsjägerbataillons 331 (l.), und der deutsche Kontingentführer, Oberstleutnant Johannes Schwegler

Bundeswehr/Marco Dorow

Der Verband feiert in diesem Jahr erst sein sechsjähriges Bestehen. 2016 in den Dienst gestellt, befindet sich der kleine Gebirgsverband derzeit noch im Aufbau. Gerade deswegen freut es den Bataillonskommandeur Zolijargal besonders, dass die deutschen Gebirgsprofis in der Mongolei der noch jungen Truppe beim Aufbau hilft: „Insbesondere die taktische Gebirgsausbildung durch die Heeresbergführer in den mongolischen Gebirgen und die Verfahren zum alpinen Bergsteigen bringen unseren Soldaten unglaublich viel. Das war für uns alles komplett neu. Deswegen bin ich sehr dankbar für die deutsche Unterstützung.“ Wenn 2024 die Ausbildung erfolgreich beendet sein wird, sind die mongolischen Ausbilder dazu befähigt, als Multiplikatoren das Erlernte in der eigenen Truppe weiterzugeben und dann selbst Gebirgsjäger auszubilden.

Vom Jagd- bis zum Gebirgskampf

Zwei mongolische Soldaten liegen mit Waffen im Anschlag flach auf einem Felsvorsprung.

Hinterhalt in der mongolischen Steppe: Auf dem Übungsplatz des Peace Support Operation Training Center lernen mongolische Soldaten die Grundlagen des Jagdkampfes

Bundeswehr/Marco Dorow

In diesem Jahr läuft bereits das vierte Modul an. Nachdem in den Jahren zuvor der Fokus auf den Grundlagen der Sicherungs- und Kletterausbildung sowie Schießausbildungen gelegt wurde, geht es in diesem Jahr ans Eingemachte. Das heißt: sechs Wochen hochintensive Ausbildung im Jagd- und Gebirgskampf. Dafür werden die mongolischen Kameraden in zwei Ausbildungsgruppen unterteilt und jeweils drei Wochen am PSOTC (Gefechtsausbildung) und drei Wochen im Terelj-Gebirge (Gebirgsausbildung) trainiert. In der Steppe westlich Ulaanbaatars lernen die jungen Gebirgsjäger die Grundlagen des Jagdkampfes und werden durch erfahrene Ausbilder in den Einsatzgrundsätzen Handstreich, Hinterhalt und Versteckaufbau geschult. Das Erlernte gilt es dann, am Ende der drei Wochen, in einer großen Abschlussübung anzuwenden. Dafür verantwortlich sind in diesem Jahr Kameraden des Gebirgsjägerbataillons 232. Feldwebel Matthias Keis leitet die Station Hinterhalt, bei der eine Gruppe Soldaten aus einer Deckung heraus dem Feind auflauert und ihn bekämpft. Keis sieht viel Potenzial in den mongolischen Gebirgsjägern: „Es klappt zwar nicht immer sofort alles, aber das muss es auch nicht. Mit viel Geduld und einem realistischen Training werden wir die Ausbildungsziele erreichen. Die Motivation ist jedenfalls groß und der Lernwille klar vorhanden.“

„Kommuniziert wird mithilfe von Sprachmittlern. Dafür haben die mongolischen Streitkräfte uns insgesamt sieben Kameraden zur Verfügung gestellt, die alle selbst in Deutschland an der Offizierausbildung teilgenommen haben“, erklärt Kontingentführer Schwegler. Im Terelj-Nationalpark läuft es ähnlich wie im Training Center. Unter Führung des Hochgebirgsjägerzuges aus Mittenwald verfestigen die Mongolen innerhalb von 21 Tagen alpine Techniken und Grundsätze militärischer Operationen im Gebirge. In diesem Jahr neu hinzukommen sind die planmäßige Bergrettung und das Arbeiten mit der Faserseilwinde. Nach drei Wochen wechseln dann die geteilten Ausbildungsgruppen auf die jeweils andere Seite Ulaanbaatars. Knapp 15 militärische Führer verbleiben jedoch durchgängig im Terelj-Nationalpark. Sie erhalten ein gesondertes Sechs-Wochen-Training im militärischen Bergsteigen und Gebirgskampf. Dabei ist das Ausbildungsniveau weit höher als bei vergleichsmäßigen Lehrgängen in Deutschland. Das ist auch nötig, denn diese Kameraden sollen später die eigene Gebirgsausbildung im Heimatstandort im Westen des Landes übernehmen.

Eine Win-win-Situation

Eine Nahaufnahme von zwei sich schüttelnden Hände.

Gebirgsexpertise versus Erfahrungsgewinn: Die Ausbildungsunterstützung in der Mongolei ist für beide Nationen eine Win-win-Situation

Bundeswehr/Marco Dorow

Die mongolischen Kameraden sind hoch motiviert, arbeiten außerordentlich gut mit und sind vom Mindset her sehr professionell. Das ist schon beeindruckend und macht Freude auf mehr“, berichtet Stabsfeldwebel Sebastian Sachse. Er ist der Ausbildungsleiter des Hochgebirgsjägerzuges im Terelj-Nationalpark. Die ausgebildeten Kameraden jedenfalls sind begeistert von den deutschen Gebirgsjägern. „Wir sind froh, von dieser großen Erfahrung und Expertise profitieren zu können. Das ist eine gute Basis für die eigene Gebirgsausbildung in unseren Heimatbergen“, erzählt Feldwebel Erdene Tumur-Otschir kurz nachdem er im Handstreich einen feindlichen Lkw samt Besatzung erfolgreich überwältigt hat. Aber auch die deutschen Soldatinnen und Soldaten nehmen viel mit von der Ausbildung im Land der Winde. So sind beispielsweise die geografischen Gegebenheiten für die Soldaten des Hochgebirgsjägerzugs völlig andere als in sonstigen Einsätzen oder in Deutschland. „Es gibt vieles, was wir hier dazulernen. Zum Beispiel die langen Distanzen, die man hier zurücklegen muss, oder auch die Besonderheiten einiger Gesteinsarten. Hier gibt es eine Art Sandstein, der in Verbindung mit der UV-Strahlung und der Witterung dem Gebirgsmaterial sehr zusetzt und es verschleißt. Auch das Bohren von Löchern für Haken wird durch diesen Typ erschwert. Das sind alles neue Erfahrungen, die wir auch mit nach Deutschland nehmen werden und von denen wir profitieren“, ist sich Sachse sicher. Generell scheint die Ausbildung in der Mongolei eine Win-win-Situation zu sein. Letztlich ist der Aufbau von Beziehungen und das Kennen der jeweiligen militärischen Standards für beide Streitkräfte ein klarer Vorteil bei zukünftigen gemeinsamen Einsätzen. 

Im Jahr 2023 geht es dann für alle Beteiligten ins Hochgebirge, um das Erlernte in einem gesteigerten Schwierigkeitsgrad anzuwenden. Dafür prädestiniert ist der Heimatstandort des Gebirgsjägerbataillons 331 in Sagsai. Das dortige Gelände bietet optimale Bedingungen, um die Ausbildung auf die nächste Stufe zu heben und dem Ziel näherzukommen, dass die mongolische Armee ab 2024 über eine einsatzbereite Gebirgsjägertruppe verfügt. Klar ist: Beide Seiten werden alles dafür tun, dass das Gebirgstraining auch zukünftig erfolgreich gemeistert wird. Klar ist aber auch: In zwei Jahren wird die Ausbildungsunterstützung durch das Deutsche Heer enden. Was danach kommt, liegt in den befähigten Händen der mongolischen Kameraden.

  • Eine Großstadt mit kleinen Blechhütten im Vordergrund und Hochhäusern im Hintergrund

    Seit 2019 läuft die Ausbildungsmission Mongolei. Dafür reisen Soldatinnen und Soldaten der Gebirgsjägerbrigade 23 jährlich in die Hauptstadt Ulaanbaatar.

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Zwei mongolische Soldaten liegen mit Gewehr auf Felsen in einer Steppe.

    Die Gefechtsausbildung in der Mongolei findet in der Steppe knapp 40 Kilometer westlich Ulaanbaatars statt

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Eine felsige Landschaft mit grüner Wiese im Vordergrund

    Im Terelj-Nationalpark, knapp 35 Kilometer östlich Ulaanbaatars, trainieren deutsche Gebirgsjäger mongolische Soldaten im militärischen Bergsteigen

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Ein Rollenspieler liegt auf dem Boden. Ein mongolischer Soldat durchsucht diesen.

    Als wichtiges Element im Jagdkampf lernen die mongolischen Soldaten das Verhalten beim Handstreich

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Ein mongolischer Soldat seilt sich an einer Felswand ab.

    Nach dem Aufstieg folgt der Abstieg. Hier lernen mongolische Soldaten das richtige Abseilen in übersichtlichem felsigem Gelände.

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Vor zwei Zelten spielen mongolische und deutsche Soldaten in Sportkleidung Volleyball.

    Sie sind nicht nur in der Ausbildung ein Team. Auch nach dem Dienst kommen deutsche und mongolische Kameraden zusammen, wie hier beim Volleyball.

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Mongolische Soldatinnen und Soldaten sitzen als Gruppe vor einem taktischen Sandkasten.

    Die Soldatinnen und Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 331 aus Sagsai wollen 2024 als Gebirgsjägertruppe einsatzbereit sein

    Bundeswehr/Marco Dorow
von Maximilian Kohl

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