Der Kälte trotzen
Der Kälte trotzen
- Datum:
- Ort:
- Schweden
- Lesedauer:
- 3 MIN
In der anstrengenden Kälte Schwedens bewähren sich die Hubschrauber NHNATO-Helicopter-90 und Tiger bei tiefen Temperaturen von mehr als minus 20 Grad. Wie aber ertragen Piloten und Crews an Bord der Maschinen sowie das Bodenpersonal diese eisigen Temperaturen? Um darauf Antworten zu geben, begleitet ein Team rund um Oberfeldarzt Dr. med. Andreas Werner die Einsatzprüfung in Nordschweden.
Techniker und Prüfoffiziere kümmern sich um die Technik der Hubschrauber und werten fast rund um die Uhr gesammelte Daten und Erfahrungen aus. Oberfeldarzt Dr. med. Andreas Werner und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter, Hauptfeldwebel Marco Schlehahn, gehen einer anderen wichtigen Frage im verschneiten Schweden nach.
„Wir untersuchen, wie stark und wie schnell sich Einwirkungen der Kälte auf unsere Soldaten auswirken“, erklärt Werner. Piloten, Bordtechniker, aber auch Soldaten am Boden seien bei Hubschraubereinsätzen in Eis und Schnee extremen Temperaturen ausgesetzt. Unterkühlungen an den Extremitäten oder im Gesicht seien eine ernste Gefahr. Kälteschäden oder sogar Erfrierungen müssten unbedingt ausgeschlossen werden. Werner ist Facharzt für Physiologie und flugmedizinischer Sachverständiger der Bundeswehr am Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe und Leiter der Flugphysiologischen Diagnostik und Forschung in Königsbrück. Sein Team verstärkt auch Frank Jaspers von der Wehrtechnischen Dienststelle 91 aus Meppen.
Temperaturmessung an Soldaten
„Mit dem schon mehrfach in der Bundeswehr verwendeten feldtauglichen mobilen physiologischen Labor nehmen wir eine Reihe von Daten auf. Hauttemperaturmessungen an den Extremitäten wie an Unterarm und Unterschenkel, Fingern und Zehen sowie auf der Gesichtshaut und die Körperkerntemperatur stehen für uns hier in der Kälte natürlich im Vordergrund“, beschreibt Werner. Eigens für die Einsatzprüfung Arctic Trial tragen die Soldaten besonders ausgesuchte Kleidung, die in die Bundeswehr eingeführt ist. Handschuhsysteme von bis zu drei übereinander zu ziehenden Schichten oder Neoprengesichtsmasken und warme Unterwäsche sollen die Soldaten bei ihren Aufträgen schützen. Die Sensoren auf der Haut der Soldaten messen, wie kalt es trotz dieser Schutzvorrichtungen wirklich wird. Hierbei spielt nicht nur der absolute Wert eine Rolle, sondern vor allem die Geschwindigkeit einer Auskühlung und der zeitliche Verlauf der Kälteeinwirkung.
Mobile Labore sammeln Daten
„Die Schutzwirkung dieser Kleidung, also der persönlichen Ausrüstung, wollen wir überprüfen. Kälte wird von jedem etwas anders wahrgenommen, manchmal auch gar nicht, insbesondere an den Fingern und den Zehen. Wenn man verschwitzt aus einer warmen Umgebung zügig in die Kälte muss, ist diese Feuchtigkeit eine weitere Gefahr für das noch schnellere Auskühlen einer Person. Mit unseren Daten erhalten wir klare, in der Realität gewonnene, feldphysiologische Aussagewerte.“ Mit Temperaturmessungen und Thermografie untersucht das Team rund um Werner die Einwirkung der Kälte im Flugbetrieb. Zurück am Boden werden die Daten der kleinen mobilen Labore gesammelt und ausgewertet. Die Bodencrews werden mit genau den gleichen Messsystemen untersucht, wenn sie rund um die Maschine oder unterhalb des Hubschraubers wie beispielsweise beim Winchen, wenn Menschen an einem Seil hochgezogen werden, arbeiten. Zusätzlich werden die subjektiven Bewertungen der Soldaten nach der Nutzung der Schutzkleidung mittels Fragebogen festgehalten. Beides bildet die Grundlage zur Überprüfung und stetigen Verbesserung der Ausrüstung.
Check: Alle Systeme einsatzbereit
Was Werner und sein Team für die Soldaten ist, ist Hauptmann André Bubel für den Mehrzweckhubschrauber NHNATO-Helicopter-90. Er ist Systemprüfoffizier für Hubschrauber. Seine Aufgabe ist die Überprüfung aller Systeme. „Wir suchen nach Fehlern, nach Punkten, an denen die Kälte unseren Hubschraubern zu schaffen macht.“ Dauerfrost sei ein Punkt dieser Einsatzprüfung, erklärt der Hauptmann. Feuchtigkeit und Kälte seien gerade für die Elektronik der Hubschrauber eine große Gefahr. Aber auch die Bildung und Ablagerung von Eis an den Außenwänden des Hubschraubers, die Veränderung der Eigenschaften von Gummis oder Ölen sowie Schwierigkeiten der Geräte am Boden wegen der Kälte können eine Herausforderung sein. Aus diesem Grund wird der Hubschrauber, genau wie seine Bodendienstgeräte, während der Einsatzprüfung mehrfach beim Cold Soak Test über Nacht den arktischen Umgebungsbedingungen ausgesetzt. Nach einer Nacht Dauerfrost bei Temperaturen von mehr als minus 20 Grad Celsius checken die zuständigen Soldaten ihre Maschinen. Das Ergebnis: startklar.