Den SARSearch and Rescue-Dienst verstärkt für das Heer nutzen
Den SARSearch and Rescue-Dienst verstärkt für das Heer nutzen
- Datum:
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- Stadtallendorf
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Heer und Marine übernehmen neue Rettungshubschrauber. Beide Teilstreitkräfte sollen den Such- und Rettungsdienst wieder aktiver in den militärischen Dienst integrieren. Wir sprechen darüber mit Oberst Andreas Pfeifer, General Flugbetrieb Heer und stellvertretender Kommandeur der Division Schnelle Kräfte.
Herr Oberst Pfeifer, was sind die treibenden Zukunftsthemen beim Such- und Rettungsdienst, Search and Rescue (SARSearch and Rescue)?
Oberst Andreas Pfeifer: Der Fokus liegt bei Heer und Marine zunächst auf der Einführung der neuen Hubschraubergeneration für den SARSearch and Rescue-Dienst. Bei der Marine ist dies die Übernahme des Mehrzweckhubschraubers NHNATO-Helicopter-90 Sea Lion als Nachfolger für die Mk41 Sea King. Im Heer haben wir bereits begonnen, den Leichten Unterstützungshubschrauber (LUHLight Utility Helicopter) SARSearch and Rescue als Nachfolger für die Bell UH-1D in Betrieb zu nehmen. Dafür müssen zunächst die personellen Voraussetzungen für den Betrieb dieser hochmodernen Luftfahrzeuge geschaffen werden. Das bedeutet: Alle Piloten, Besatzungen und Luftfahrzeugtechniker müssen zeitlich abgestimmt ausgebildet werden, sodass für den SARSearch and Rescue-Dienst der Bundeswehr ein bruchfreier Übergang gewährleistet werden kann. Einhergehend mit der technologischen Neuausrichtung überprüfen wir das Konzept des SARSearch and Rescue-Dienstes. Für den Bereich SARSearch and Rescue Land wollen wir untersuchen, wie der SARSearch and Rescue-Dienst wieder aktiver in den militärischen Auftrag integriert werden kann und Synergien im Einsatzverbund der Streitkräfte – auch vor dem Hintergrund von Landes- und Bündnisverteidigung – erzielt werden können.
Im April wurde der vierte von sieben bestellten Hubschraubern des Airbus H145 LUHLight Utility Helicopter SARSearch and Rescue ausgeliefert, der die Bell UH-1D ablöst. Was bedeutet das für die Einsatz- und Leistungsfähigkeit des SARSearch and Rescue-Dienstes über Land?
Die zivile H145 ist ein sehr leistungsfähiger und vielseitig einsetzbarer Hubschrauber, der zum Beispiel in der zivilen Luftrettung aber auch im Polizeieinsatz etabliert ist. Der LUHLight Utility Helicopter SARSearch and Rescue vereint darüber hinaus durch sein auf den militärischen SARSearch and Rescue-Einsatz abgestimmtes, modulares Ausrüstungs- und Missionskonzept eine Vielzahl von Fähigkeiten in einer Plattform. Modernste Avionik und Sensorik sowie Kommunikations- und Datenfunkverbindungen wurden technologisch zusammengeführt und ermöglichen es uns zukünftig, abgestürzte und/oder überfällige Luftfahrzeuge zu suchen und deren Besatzungen zu retten, sicher und in kürzester Zeit auch unter schwierigsten Bedingungen.
Die SARSearch and Rescue-Leitstellen Land und See erhalten auch neue Technik. Welche verbesserten oder neuen Fähigkeiten hat das System?
Die SARSearch and Rescue-Leitstellen in Münster und Glücksburg haben eine moderne und zukunftsfähige Leitstellentechnik erhalten. Sie umfasst eine digitale Kommunikationsausstattung sowie ein speziell auf den SARSearch and Rescue-Dienst abgestimmtes Führungssystem. Dieses Führungssystem SARSearch and Rescue dient der Unterstützung der Einsatzführung, der Einsatzdokumentation und ist in Teilen automatisiert. Darüber hinaus ist ein Echtzeit-Luftlagebild mit umfangreichen Datenanbindungen sowie Such- und Filtermöglichkeiten Teil dieses in Deutschland so einmalig vorhandenen Systems. In einem nächsten Schritt werden die Schnittstellen zwischen der Leitstellentechnik und der neuen SARSearch and Rescue-Hubschraubergeneration verbessert, um eine größtmögliche Verzahnung zwischen den Leitstellen und den SARSearch and Rescue-Einsatzmitteln zu erzielen. Dies wird die Effektivität im SARSearch and Rescue-Dienst der Bundeswehr weiter wesentlich verbessern.
„Für den Bereich SARSearch and Rescue Land wollen wir untersuchen, wie der SARSearch and Rescue-Dienst wieder aktiver in den militärischen Auftrag integriert werden kann und Synergien im Einsatzverbund der Streitkräfte – auch vor dem Hintergrund von Landes- und Bündnisverteidigung – erzielt werden können.“
Obwohl heute alles digital und aus der Ferne steuerbar ist: Warum gibt es nach wie vor eine SARSearch and Rescue-Leitstelle für den Landbereich und eine für den Bereich See?
Zunächst einmal hat jede SARSearch and Rescue-Leitstelle ihren eigenen, national und international abgestimmten Verantwortungsbereich, die sogenannte Search and Rescue Region. Die SARSearch and Rescue-Leitstelle Glücksburg hat den Einsatzschwerpunkt im Bereich der deutschen Küstengewässer, also Nord- und Ostsee sowie Schleswig-Holstein und Hamburg. Die SARSearch and Rescue-Leitstelle Münster ist für den gesamten übrigen Teil von Deutschland zuständig, einschließlich den deutschen Alpenraum. Sollte eine SARSearch and Rescue-Leitstelle einmal ausfallen, kann die andere, wie zuvor erwähnt, die Aufgaben sofort übernehmen. Diese Redundanz ist wichtig für den operativen Dauereinsatz rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr.
Durch die neue Leitstellentechnik sind die SARSearch and Rescue-Leitstellen Münster und Glücksburg erstmalig in der Lage, gemeinsam auf einem sogenannten Führungssystem SARSearch and Rescue zu arbeiten. Welche operationellen Vorteile sehen Sie in dieser Neuerung?
Zum einen stellt die Nutzung eines gemeinsamen SARSearch and Rescue-Führungssystems die von der internationalen Zivilflugorganisation geforderte Standardisierung der Verfahren und Abläufe in den Leitstellen sicher. Zum anderen werden die Einsätze im gleichen System geführt und dokumentiert. Zudem kann nun bei Ausfall einer SARSearch and Rescue-Leitstelle, die andere den Auftrag bruchfrei übernehmen, ohne dass Daten oder Einsatzdetails verloren gehen beziehungsweise die Führung der SARSearch and Rescue-Hubschrauber unterbrochen wird.
Der nationale SARSearch and Rescue-Dienst arbeitet in weiten Teilen eng mit zivilen Partnern zusammen. Wo gibt es hier noch Entwicklungspotenzial oder Kooperationsmöglichkeiten?
Der nationale SARSearch and Rescue-Dienst (ICAO/IMOInternational Maritime Organization) ist nur ein Teilauftrag des militärischen SARSearch and Rescue-Dienstes der Bundeswehr. Um die Suche und Rettung erfolgreich durchführen zu können, bedarf es immer einer Unterstützung und damit einer Zusammenarbeit mit entsprechend ausgebildeten maritimen Einheiten oder Bodenkräften. Für den nationalen SARSearch and Rescue-Dienst bedeutet dies eine Fortsetzung der bestehenden Ausbildungskooperationen zum Beispiel mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger oder der Bergwacht. Damit einhergehend ist ein grundsätzlicher Erfahrungs- und Verfahrensaustausch mit anderen Akteuren im Bereich der Suche und Rettung, wie zum Beispiel die Polizeihubschrauberstaffeln (Bund/Land) oder der zivilen Luftrettungsorganisation, wie ADAC und DRF Luftrettung, nötig. Die bisher bestehenden Kooperationsmöglichkeiten haben sich bewährt und werden als ausreichend bewertet. Zukünftig werden wir versuchen, mehr Ressourcen im Rahmen der militärischen Einsatzunterstützung einzubringen, um die zwingend erforderlichen Fähigkeiten des militärischen SARSearch and Rescue-Dienstes bei Bedarf auch in den Einsatzgebieten im Ausland zur Verfügung zu stellen.
Neue Hubschrauber und neue Technik: Welche Themen müssen Sie mittel- und langfristig noch angehen?
Notwendig wären mehr Hubschrauber und gegebenenfalls mehr Personal, um wegen der angepassten militärischen Doktrin für alle Szenarien im In- und Ausland den militärischen SARSearch and Rescue-Dienst gewährleisten zu können und um auf zukünftige Herausforderungen bestmöglich vorbereitet zu sein.
Welche Neuerungen wird es am Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum in Bückeburg mit der Einführung des LUHLight Utility Helicopter SARSearch and Rescue geben?
Mit der Einführung wird es keine Änderungen geben. Kurz- bis mittelfristig sind jedoch in Bückeburg die Voraussetzungen zu schaffen, um die Regenerationsausbildung von Luftfahrzeugbesatzungen SARSearch and Rescue in der militärischen Ausbildungsorganisation zu hinterlegen.