Dem Lebenswillen ein Zuhause, der Seele eine Heimat
Dem Lebenswillen ein Zuhause, der Seele eine Heimat
- Datum:
- Ort:
- Düsseldorf
- Lesedauer:
- 3 MIN
In diesem Jahr war Düsseldorf in Deutschland der Austragungsort der Invictus Games. Hunderte Einsatzkräfte aus 21 Nationen, die in Ausübung ihres Dienstes an Körper, Geist oder Seele verwundet wurden, kämpften gemeinsam ihren Kampf zurück ins Leben. Darunter waren auch zwei Soldaten des Panzergrenadierbataillons 212 der Bundeswehr aus Augustdorf.
Auf Stabsfeldwebel Christian M. und Oberstabsgefreiter Daniel W. warteten spannende Tage. Endlich war es so weit – die Invictus Games 2023 begannen und beide hatten sich in vier Sportarten angemeldet. Stabsfeldwebel Christian M. absolvierte in sechs Tagen ein anspruchsvolles Programm: 1.500-Meter-Lauf, im Center Court Tischtennis-Doppel, Tischtennis-Einzel, Sitzvolleyball und abschließend auf die Radfahrstrecke. „Ich möchte gestärkt aus der Teilnahme hervorgehen“, wünschte er sich.
Auch Oberstabsgefreiter Daniel W. begnügte sich nicht mit einer Sportart: Diskuswurf, 50-Meter-Brustschwimmen, 50-Meter-Freistil-Schwimmen, Bogenschießen und Sitzvolleyball standen auf seinem mehrtägigen Zeitplan. „Sport tut mir auf vielen Ebenen gut“, erklärte er seine Motivation. „So merke ich, dass ich noch leistungsfähig bin.“ Diese Leistungsfähigkeit der beiden Soldaten war über viele Jahre keine Selbstverständlichkeit. Beide haben in ihren Einsätzen für die Bundeswehr traumatisierende Erfahrungen gemacht, die sie und ihre Familien plötzlich aus ihrem gewohnten Leben rissen. Diagnose: PTBSPosttraumatische Belastungsstörung. Es war ein Kampf, zunächst gegen sich selbst.
Durch Sport zurück ins Leben
Eines Tages fanden sie Halt in der Sporttherapie an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf. Durch Sport zurück ins Leben – ein Rettungsanker. Stabsfeldwebel Christian M. und Oberstabsgefreiter Daniel W. kämpften; für sich selbst und gemeinsam mit ihren Familien und ihren Betreuern. Sie machten so gute Therapiefortschritte, dass sie ausgewählt wurden für die diesjährigen Invictus Games in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Nur wenn absehbar ist, dass die an Körper und Seele Verwundeten den Stressoren und Reizen eines solch großen Events gewachsen sein werden, werden sie für die Spiele nominiert. Die beiden Augustdorfer waren es.
Nachdem sie nach der Nominierung erst einmal alle Sportarten ausprobiert hatten, legten sie sich fest. Schwimmen, Tischtennis, Sitzvolleyball, Radfahren, Bogenschießen und Leichtathletik wurden es. Dabei gibt es natürlich auch Lieblingsdisziplinen: Stabsfeldwebel Christian M. spielte früher schon aktiv Tischtennis und freute sich besonders auf diese Wettbewerbe. Für Oberstabsgefreiten Daniel W. ist vor allem Bogenschießen sein Ruhepol. Über ein Jahr bereiteten sich beide gemeinsam mit den anderen deutschen Athletinnen und Athleten auf die Spiele vor. Neben Einzeltraining standen auch mehrere Trainingslager auf dem Programm. Nun war es Zeit, dass es endlich losging – für alle 37 deutschen Sportlerinnen und Sportler und mit ihnen für die beiden Soldaten des Panzergrenadierbataillons 212.
Belohnung für einen langen, harten Kampf
Als eine der weltweiten Tischtennisnationen hatte Deutschland eine seiner Nationalsportarten für die Spiele in Düsseldorf vorgeschlagen. Seit 2023 gehört Tischtennis damit zum Wettkampfangebot der Invictus Games. Untermauert wurde dies gleich mit mehreren deutschen Medaillen. Zwei davon holte Stabsfeldwebel Christian M.: Silber im Einzel, Bronze im Doppel. Medaillen, die nicht nur die sportliche Leistung ehren, sondern vor allem ein ganz persönliches Geschenk auf dem langen Weg der Genesung sind. Auch Oberstabsgefreiter Daniel W. erreichte einen ausgezeichneten siebten Platz in seiner Lieblingsdisziplin Bogenschießen.
Ende der Spiele, doch der Kampf geht weiter
Mit dem Ende der Invictus Games 2023 endet auch die sportlich begleitete Therapie der beiden Soldaten des Panzergrenadierbataillons 212. Der Sport mit seiner antidepressiven Wirkung sollte beiden helfen, zurück in das eigene Leben zu finden, Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und die eigenen Therapieerfolge zu steigern. Beide haben diese Ziele erreicht. Beide sind zurück im Leben. Doch damit endet die eigene Therapie keineswegs. Besonders seelische Verwundungen sind anders als körperliche Verletzungen niemals vollkommen ausgeheilt. Den ersten Schritt auf ihrem Weg zu einer dauerhaften Gesundheit haben beide gemeistert. Nach diesen berauschenden Spielen voller Emotionen, Begeisterung und Teamspirit haben beide zunächst erst einmal eine gehörige Portion Muskelkater und Adrenalin im Blut. Und ihr Kampf geht weiter.