Breacher: Der besondere Schlüsseldienst
Breacher: Der besondere Schlüsseldienst
- Datum:
- Ort:
- Wildflecken
- Lesedauer:
- 4 MIN
Breacher, auch Öffnungstechniker genannt, sind Spezialisten für verschlossene Türen und Fenster. Sie verschaffen ihren Kameradinnen und Kameraden binnen kürzester Zeit mit unterschiedlichen Werkzeugen Zugang. Auf dem Übungsplatz in Wildflecken zeigt das Fallschirmjägerregiment 31 besondere Öffnungsverfahren – nichts für den normalen Schlüsseldienst.
Zügig bewegen sie sich von Straße zu Straße, von Haus zu Haus und von Raum zu Raum. Die Gefahr lauert hinter jeder Ecke. Das ist der Kampf im urbanen Gelände. In ihm stoßen Infanteristen, wie die Fallschirmjäger, oft auf Hindernisse, die sie schnell zur Seite räumen müssen, um nicht selbst zum Ziel zu werden. Hierfür haben sie Spezialisten, die sogenannten Breacher, wörtlich übersetzt Brecher. Sie machen den Weg frei durch Sperren, Türen und Fenster, die der Feind verschlossen hat. Für die Öffnung stehen unterschiedliche Hilfsmittel zur Verfügung. Mit ihrer speziellen Ausstattung und Ausbildung sind sie in der Lage, schnell zu entscheiden, ob die Barriere mechanisch, ballistisch oder sprengtechnisch geöffnet wird.
Die Verfahren üben die Soldaten der 2. Fallschirmjägerkompanie mit Erweiterter Grundbefähigung (EGBErweiterte Grundbefähigung) des niedersächsischen Fallschirmjägerregiments 31 aus Seedorf regelmäßig, damit im Ernstfall alles reibungslos abläuft.
Mechanischer Universalschlüssel
Türen, Fenster oder Wände sind für die spezialisierten Fallschirmjäger leichte Hindernisse. Sie können mechanisch geöffnet werden. Hierfür stehen dem Breacher eine Ramme oder das sogenannte Halligan-Tool zur Verfügung. Dieses Werkzeug wurde ursprünglich bei der Feuerwehr benutzt. Feuerwehrmann Hugh Halligan entwickelte es in den Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts zur Öffnung brennender Häuser. Dabei handelt es sich um eine handliche, allerdings rund vier Kilogramm schwere Brechstange. Am ersten Ende der Brechstange befinden sich sowohl eine robuste Klinge als auch ein robuster Dorn. Am zweiten Ende verfügt das Tool über einen Kuhfuß, der auch als Blechschneider eingesetzt werden kann. Mit diesem multifunktionalen Werkzeug ist es möglich, Türen und Fenster schnell und effektiv auszuhebeln. Mit der sperrigen Ramme hingegen kann der Fallschirmjäger die maximale Kraft auf einen bestimmten Punkt ausüben, um so die eisernen Schlossfallen aus der Tür herauszubrechen. Das Werkzeug eignet sich sogar, um Leichtbauwände zu durchbrechen. Die Soldaten sind damit in der Lage, in Wohnräume schnell einzudringen und präzise vorzugehen. Weil es einfach zu transportieren und leicht anzuwenden ist, gilt es als beliebtes Hilfsmittel für den spezialisierten Luftlandesoldaten.
Ballistisches Anklopfen mit der Flinte
Dagegen ist die Mehrzweckflinte 1 (MZF 1), ein etwas anderer Türöffner. Die Schrotflinte, umgangssprachlich auch Pumpgun genannt, wird vom Breacher nicht als Waffe, sondern als Werkzeug eingesetzt. Mit spezieller Munition, die punktuell eingesetzt wird, können mit brachialer ballistischer Kraft, Türen und Fenster geöffnet werden. Man unterscheidet hierbei zwei Munitionsarten: ENTRY I und ENTRY II. Beide Sorten enthalten sogenannte Zinkpellets, die mit über 1.000 Bar Druck explosionsartig Richtung Türschloss freigesetzt werden. Bemerkenswert ist, dass die Munition gegen weiter entfernte Objekte und auch gegenüber entfernten feindlichen Soldaten nahezu wirkungslos ist. Die Flinte entfaltet ihre punktuelle Wirkung lediglich auf kurze Entfernung. Somit ist sie ein sehr effektives Werkzeug, mit dem besonders schnell und eindrucksvoll vorgegangen werden kann. Gerade Geschwindigkeit zählt im Angriff. Die Flinte bringt daher einen gewissen Vorteil, um den Angriffsschwung nach dem Sturm und Einbruch in das Gebäude so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Ein weiteres besonderes Merkmal dieser Waffe ist, dass die MZF 1 noch manuell geladen werden muss, anders als die meisten Bundeswehr-Handwaffen. Hier muss jede Patrone noch einzeln in das Rohrmagazin eingeführt werden. Das Rohrmagazin kann maximal vier Patronen aufnehmen.
Explosive Einbruchstelle
Um eine Einbruchstelle zu öffnen, nutzen die Profis in der Regel das sogenannte sprengtechnische Öffnungsverfahren. Dazu befestigt der Breacher eine präparierte Sprengladung an der Tür oder an einem Hindernis. Um den Überraschungseffekt zu nutzen und vor dem Eindringen ins Gebäude nicht gleich entdeckt zu werden, muss der Breacher dabei sehr vorsichtig vorgehen. Nachdem die Ladung an dem Objekt befestigt wurde, löst er das Zündschlauchsystem aus der Entfernung aus und begibt sich in Deckung. Anschließend zündet er auf Befehl die Ladung. Mit einer explosiven Wucht wird die Tür in zwei Hälften zerlegt. Hat alles reibungslos funktioniert? Nur wenig Zeit bleibt den Soldaten, um den Überraschungseffekt und die maximale Verwirrung, die durch den Explosionsknall, Splitter und Rauch entsteht, zu nutzen. Die schlechte Sicht fordert auch den erfahrensten Fallschirmjäger zusätzlich. Schnelles und entschlossenes Vorgehen ist daher der Schlüssel zum Erfolg. Eine Gefährdung von Unbeteiligten und der eigenen Truppe kann beim Aufsprengen nie ausgeschlossen werden. Jedoch ermöglicht dieses Öffnungsverfahren den Fallschirmjägern einen klaren Vorteil: Sie können auch stark befestigte Einbruchstellen öffnen und daher schnell vorgehen.
Der Breacher macht's möglich
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Breacher machen jeden Weg frei. Sie besitzen daher eine unverzichtbare Fähigkeit für den urbanen Kampf. Damit das Fallschirmjägerregiment 31 einsatzbereit bleibt, müssen die Breacher stetig trainiert werden, wie hier auf dem Übungsplatz Wildflecken. „Wir konnten ein gutes Ausbildungsergebnis erzielen. Sowohl die Erfahrenen unter uns als auch die neuen Soldaten in der Kompanie konnten viel Neues in den letzten Tagen mitnehmen“, sagt der Zugführer des Fallschirmjägerzuges nach einer mehrwöchigen Ausbildung.