Angriffsachsen, Ausweichwege, Hindernisse
Angriffsachsen, Ausweichwege, Hindernisse
- Datum:
- Ort:
- Niedersachsen
- Lesedauer:
- 3 MIN
Angriff, Verteidigung, Verzögerung: Es sind Begriffe, die einem Heeresoffizier nicht fremd sein dürfen. Doch was verbirgt sich hinter diesen Operationsarten auf Bataillonsebene? Die 10. Panzerdivision startete im Herbst 2019 einen Pilotlehrgang zur Heerestaktischen Weiterbildung der jungen Offiziere. Jetzt folgt der praktische Teil.
Hauptmann Marcel Herold steht auf einem Feld in der Nähe von Rotenburg an der Wümme. Sein Auftrag: Er soll das Gelände vor sich beurteilen. Der Naturraum Stader Geest ist dünn besiedelt und von sandigen Böden und zahlreichen Mooren durchzogen. Die weitläufigen Felder lassen eine weite Sicht zu. Mit seiner Gruppe prüft er die Umgebung, identifiziert mögliche Angriffsachsen des Feindes, Ausweichwege für die eigene Truppe sowie etwaige Hindernisse für Panzer und Infanterie. „Im Norden, 150 Meter, der Reithbach, dies ein Panzerhindernis“, führt er in seinem Vortrag aus. Seine Kameraden nicken zustimmend und zeichnen neue Symbole in ihre Lagekarten. „Der Bach sah auf der Karte gar nicht so groß aus“, hört man aus dem Hintergrund. Diese Erkenntnis steht exemplarisch für den ganzen Tag. „Dies macht die Notwendigkeit dieser Zusammenziehung deutlich. Denn die Lösung der Aufgabe war zwar aus der Ferne machbar, aber nun mit Blick ins Gelände hätte ich wahrscheinlich einige Entscheidungen anders getroffen“, resümiert Herold.
Gelände statt nur Kartensymbole
Mit der Entscheidung der Heeresführung, die Heerestaktische Weiterbildung (HTW) wieder intensiver anzugehen, startete auch die 10. Panzerdivision im September 2019 einen Pilotlehrgang. Er bestand aus zwei Teilen. Als Erstes wurde eine Fernaufgabe an die Lehrgangsteilnehmer versandt. Innerhalb von vier Wochen mussten sie ein Szenario in der Operationsart Verzögerung im Selbststudium lösen. Bei einer Verzögerung im militärischen Sinne weicht die eigene Truppe und bekämpft gleichzeitig die feindlichen Kräfte. Ziel ist es, Zeit zu gewinnen, um sich auf die eigentliche Verteidigung vorzubereiten.
Der zweite Teil findet nun in Form von Geländebesprechungen und Unterrichtseinheiten in der Region Rotenburg an der Wümme in Niedersachsen statt. So soll es den jungen Offizieren einfacher fallen, sich taktischer Problemstellungen anzunehmen. Besonders der Blick ins Gelände trägt wesentlich zum besseren Verständnis der taktischen Lage bei, da der Lehrgangsteilnehmer eben genau dort selbst steht, wo er vorher nur Symbole auf seine Karte gemalt hat.
In der Rolle des Kommandeurs
Doch bevor es hinaus in das norddeutsche Tiefland geht, werden in insgesamt vier Hörsälen der Führungsprozess der Landstreitkräfte und die Grundsätze der Operationsart Verzögerung anhand eines Panzergrenadierbataillons durchgesprochen. Je nach Aufgabenstellung entwickeln die Lehrgangsteilnehmer als Bataillonskommandeur oder Kompaniechef Lösungen und tragen sie vor.
Als Dozenten stehen den Lehrgangsteilnehmern je Hörsaal zwei Lehrstabsoffiziere sowie weitere Experten aus der Pionier- und Artillerietruppe zur Seite. Oberstleutnant Andreas Obst ist einer der Hörsaalleiter und hat im Vorfeld die Fernaufgaben seines Hörsaals korrigiert. „Wir haben ein gesundes Mittelmaß an taktischem Grundverständnis festgestellt und sehen jetzt hier bei den Geländebesprechungen eine hohe Qualität der Lösungsansätze.“
General Gante vor Ort
Während der Geländebesprechungen ist dann der Divisionskommandeur der 10. Panzerdivision, Generalmajor Harald Gante, bei seiner Truppe und überzeugt sich persönlich von der Qualität des Pilotlehrgangs sowie dem Wissensstand der Teilnehmer. „Zuallererst muss ich den Verantwortlichen ein großes Lob aussprechen. Es wurde mit sehr viel Engagement eine gut abgestimmte Weiterbildung innerhalb der Division geplant, um die taktische Lage erlebbar zu machen“, freut sich Gante und fügt hinzu: „Die hier gezeigten Bilder sollen den jungen Offizieren helfen, Entscheidungen zügig und lageorientiert zu treffen – denn darum geht es. Der Teilnehmer soll sinnvolle Bilder für sich mitnehmen und diese in die eigene Entwicklung als taktischer Führer einfließen lassen.“