5 bis 5.500 Grad Celsius – Taucher im Starnberger See
5 bis 5.500 Grad Celsius – Taucher im Starnberger See
- Datum:
- Ort:
- Bayern
- Lesedauer:
- 3 MIN
Kaum sichtbar steigen Luftblasen aus dem dunklen Wasser nach oben und platzen an der Oberfläche. Sechs Meter weiter unten hängt ein Taucher an einer Leiter und atmet den Stickstoff ab, der sich während des Tauchgangs in seinem Körper angereichert hat. Pionier- und Kampfmittelabwehrtaucher des Pionierbrückenbataillons 130 aus Minden üben in den Tiefen des Starnberger Sees.
„Taucher auf 6“, hallt es über die „Percha“. Die „Percha“ ist eine Fähre mit Heimathafen im Taucherausbildungszentrum im Norden des Starnberger Sees. Mit dieser Fähre werden jedoch keine Autos übergesetzt. Sie transportiert Taucher. Gerade endet ein Tauchgang und der Taucher befindet sich sechs Meter unter der Wasseroberfläche. In einigen Minuten wird er auf drei Meter aufsteigen. Während er beim Auftauchen mehrere Stopps einlegt und minutenlang einfach nur atmet, hat der Körper Zeit, um den Stickstoff, der durch den Druck unter Wasser in das Gewebe eingedrungen ist, wieder aus dem Körper zu bekommen.
Der Druck in der Tiefe ist um ein Vielfaches höher als über Wasser und presst Stickstoff in sämtliches Gewebe und die Knochen des Tauchers. Kurz unter der Wasseroberfläche wird der Druck wieder geringer und Stickstoff entweicht aus dem Körper. Da der Körper diesen nicht benötigt, muss er abgeatmet werden, sonst droht eine durch den Stickstoff ausgelöste Dekompressionserkrankung.
Am Grund des Sees
„Das Tieftauchen ist für uns Taucher eine besondere Herausforderung“, beschreibt Hauptfeldwebel Andres B. Er ist stellvertretender Zugführer des Mindener Taucherzuges und taucht heute auch selbst. „Ab einer Tiefe von 30 Metern spricht man von Tieftauchen. Die Belastungen auf den Körper sind dabei enorm. Nicht nur die Dunkelheit macht einem zu schaffen, auch die Kälte.“ An diesem Tag sind es 7 Grad Celsius an Land. Unter Wasser sinkt die Temperatur auf 5 Grad Celsius ab. „Als Taucher der Pioniertruppe müssen wir in der Lage sein, in solche Tiefen zu tauchen, um tief unter Wasser auch schwere Arbeiten durchführen zu können.“
Aber auch in geringeren Tiefen ist der Einsatz von Tauchern wichtig und sehr vielfältig. Ein- und Ausfahrtstellen an Gewässern müssen auf Sprengfallen und andere schädliche Objekte erkundet werden, um beispielsweise mit der Schwimmschnellbrücke Amphibie M3 sicher einfahren zu können. „Ohne uns Taucher kann kein Kriegsbrückenschlag stattfinden“, merkt der Hauptfeldwebel an.
Einsatz des Brennschneiders
„Wir können nicht nur einfach tief hinabtauchen, wir können alles das, was an Land auch funktioniert, nur eben unter Wasser“, erklärt er weiter. Das Portfolio der Taucher kann sich sehen lassen: Schweißen, Bohren, Arbeiten mit der Kettensäge und eben auch Brennschneiden. Neben dem Tieftauchen ist dieses Schneidverfahren heute Teil der Übung. „Mit diesem Gerät können wir selbst Schiffsstahl durchtrennen“, sagt Andres B. und zeigt auf eine lange dünne Stange, die an einer Art Pistole befestigt ist. Diese wiederum hängt mit einem langen Schlauch an einer Sauerstoffflasche. Der Taucher entzündet unter Wasser den Sauerstoff, indem er die Lanze an eine Zündplatte hält. Die Flamme ist 5.500 Grad heiß und strahlt hell orangefarben. Der Dampf, der durch die Hitze entsteht, steigt auf und ist selbst an der Wasseroberfläche noch deutlich sichtbar.
12 Kilometer pro Stunde schnell
Und wieder wartet eine nächste Aufgabe auf die Mindener Taucher. „Neben dem Brennschneiden und Tieftauchen üben wir auch den Umgang mit der Unterwasserschwimmhilfe. Beim Umgang mit diesem Gerät darf man nicht die Orientierung verlieren“, so der Hauptfeldwebel. Der sogenannte Scooter habe zwar einen eingebauten Kompass, aber sich bei Sichtweiten von nur wenigen Metern zu orientieren, sei trotzdem eine besondere Kunst. Der Scooter erlaube Geschwindigkeiten von bis zu 12 Kilometer pro Stunde. Die Taucher würden sich dabei am Gerät festgurten, um mühelos auch längere Strecken zurücklegen zu können. „Etwa bei dem Erkunden feindlicher Brücken“, merkt der stellvertretende Zugführer an. „Der Scooter hilft uns dabei, größere Suchfelder schnell zu erfassen. Als Pioniertaucher ist einer unserer Aufträge, zum Lagebild – in diesem Fall eben dem unter Wasser – beizutragen. Diese Informationen müssen wir bereitstellen können, damit der militärische Führer vor Ort fundiert entscheiden kann.“
Und so wird es langsam Abend am Starnberger See. Der letzte Taucher ist gerade wieder an Bord gekommen und schon laufen die Vorbereitungen für den nächsten Tag. Hauptfeldwebel Andres B. grinst. „Auch wenn es manchmal kalt und dunkel ist, die Taucherei ist einfach etwas Schönes.“