Nachwuchskommandanten beim scharfen Schuss
Nachwuchskommandanten beim scharfen Schuss
- Datum:
- Ort:
- Klietz
- Lesedauer:
- 5 MIN
Die Ausbildung zu Kommandanten und Richtschützen auf dem Kampfpanzer gehört in einem Panzerbataillon zum täglichen Geschäft. Das scharfe Schießen mit dem Leopard 2 ist dabei der krönende Abschluss der Richtschützenausbildung. Für 23 Soldatinnen und Soldaten der 2. Kompanie des Panzerbataillons 393 aus Bad Frankenhausen wird es auf dem Truppenübungsplatz Klietz ernst.
Noch ist es still, Nebel liegt auf der Klietzer Heide. Die Soldaten der 2. Kompanie sind seit Stunden auf den Beinen. Es gilt, die Kampfpanzer für das Schießen fit zu machen, alle Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, jeder Handgriff sitzt. Seit Wochen haben die angehenden Richtschützen auf diesen Tag hintrainiert. Viele Stunden Unterricht und praktische Trainingseinheiten am Heimatstandort haben sie durchgestanden, um heute hier zu stehen.
Nur wer trifft, wird Richtschütze
Jetzt trennt sie nur noch eine letzte Prüfung vom Richtschützen auf dem Leopard 2. Der scharfe Schuss mit der 120-Millimeter-Glattrohrkanone krönt die lange Ausbildung. Die riesige Kanone bringt allein über dreieinhalb Tonnen auf die Waage und ermöglicht dem Richtschützen, Ziele auf bis zu vier Kilometer Entfernung zu vernichten.
Um sich Richtschütze nennen zu dürfen, muss die „Bordkanonen-Übung-1“ erfolgreich bestanden werden. Dafür müssen die Soldaten verschiedene Ziele unter Zeitdruck mit dem Kampfpanzer erfolgreich bekämpfen. Den angehenden Richtschützen, wie dem Oberstabsgefreiten Lee Roy Löbner, wird viel abverlangt, nur die Besten werden als Richtschützen eingesetzt. „Die Übung besteht nur, wer eine ruhige Hand und ein gutes Auge besitzt und den Bedienerplatz vollkommen beherrscht“, beschreibt der Leitende der Ausbildung. Alle seien mit sprichwörtlichem Feuereifer bei der Sache.
Am Morgen ist den Panzerbesatzungen die Nervosität anzumerken. Bis zu diesem Tag haben sie bereits Stunden im Simulator gesessen, um die richtige Bedienung der Waffenanlage zu erlernen. Und doch sei ein richtiger Panzer noch mal eine ganz andere Herausforderung, sagt einer der werdenden Richtschützen. Einer nach dem anderen sitzt auf den Kampfpanzer auf und verschwindet in der Luke. Der Richtschütze sitzt tief im Inneren des Leoparden, ein Blick nach draußen gelingt ihm lediglich durch die Optiken der Visiereinrichtung.
Leise surren die Elektromotoren
Jetzt wird es ernst, der Pulsschlag geht schneller. „Bravo 1 hier Leitung, klar zum Gefecht herstellen!“, krächzt es aus den Kopfhörern der Funkgeräte. „Leitung“ ist der Kompaniechef der 2. Kompanie. Der Chef ist für die Schießbahn, alle Panzer und das Personal verantwortlich, ohne ihn würde kein Schießen stattfinden. Mit einem leisen Geräusch öffnet sich die Tür zum Munitionsbunker im Inneren des Panzers. Bis zu 15 Patronen werden dort gelagert. „Sie sind sozusagen die Reißzähne des Leoparden“, so der Leitende. Schabende Geräusche von Metall auf Metall sind zu vernehmen. Der Verschluss hinter der geladenen Patrone schnappt zu: „MZ geladen, sicher getastet“, so der Ladeschütze. Der Ladevorgang der 24 Kilogramm schweren Mehrzweckpatrone (MZ) aus dem Munitionsbunker in die Kanone ist abgeschlossen. Wie jede andere Waffe hat auch der Kampfpanzer eine Sicherung, der Ladeschütze wird erst auf Befehl des Kommandanten den Schuss freigeben.
Jetzt heißt es, sich konzentrieren. Leise surren die Elektromotoren, die den Turm und die Kanone bewegen. Der Richtschütze beobachtet das Zielgelände, noch ist nichts vom Feind zu sehen. Unermüdlich schwenkt der Turm des Panzers von links nach rechts und wieder zurück. Feindkontakt: Plötzlich klappt eine Zielscheibe aus dem Boden hervor, der Richtschütze entdeckt sie sofort. Jetzt machen sich die vielen Stunden der Ausbildung bezahlt, die Besatzung weiß, worauf es ankommt. „Feindlicher Kampfpanzer in offener Stellung!“, ruft der Richtschütze. „Feuer tasten“ kommt es sofort vom Kommandanten. Der Ladeschütze entsichert die Bordkanone, „Feuer getastet!“, antwortet er während er den Knopf zum Entsichern der Waffenanlage drückt … „Achtung!“, brüllt der Richtschütze. Im nächsten Moment verlässt das Geschoss das Rohr, der Schuss des Leoparden bricht mit einem ohrenbetäubenden Knall. Das Gelände rund um den Panzer bebt.
Einsetzbar auf vier Plätzen
„Trefferblitz“ vermerkt der Kommandant. Er sitzt direkt hinter dem Richtschützen und hat den Schuss genau beobachtet. Der Ladeschütze schwitzt bereits und wuchtet die nächste Patrone ins Rohr. Gute Ladeschützen schaffen es, alle acht Sekunden die Kanone nachzuladen. Genau so läuft der Feuerkampf, das „Gefecht“ im Kampfpanzer. Jeder einzelne der angehenden Richtschützen muss diese Übung durchlaufen und bestehen.
Einigen der auszubildenden Soldaten ist das noch nicht genug. Zehn von ihnen wollen auf dem Übungsplatz ihr Bestes geben. Sie selbst haben sich das Ziel gesteckt, Kommandant auf dem Kampfpanzer zu werden. Wer sich Kommandant nennen möchte, muss auf allen vier Bedienerplätzen des Panzers – Fahrer, Ladeschütze, Richtschütze und Kommandant – ausgebildet sein. Für diese zielstrebigen jungen Soldaten ist diese Ausbildung und das Schießen in Klietz nur ein Teil des Weges ihrer Ausbildung.
Mit den Pionieren übers Wasser
Und noch ein Highlight steht nach dem Schießen mit den Kampfpanzern an: Pioniere vom schweren Pionierbataillon 901 üben die Überquerung von Gewässern mit den Panzerbesatzungen. Aus vier Schwimmschnellbrücken vom Typ M3 bauen sie eine Fähre, um die schweren Panzer über das Wasser zu setzen. Mit dieser Methode sind auch die über 100 Tonnen Gewicht, welche die beiden Kampfpanzer zusammen auf die Waage bringen, kein Problem. Eine Übung dieser Art, mit dem schweren Pionierbataillon, findet nicht alle Tage statt und brennt sich in das Gedächtnis der Soldaten der 2. Kompanie ein.
Der Nachschub rollt, auch im Panzerbataillon
Damit die Panzerbesatzungen schießen und die Pioniere die Kampfpanzer an das andere Ufer bringen, ist Nachschub und Logistik wichtig. So sind natürlich auch die Soldaten der 1. Kompanie des Panzerbataillons 393 auf dem Truppenübungsplatz Klietz zahlreich eingesetzt. Die Versorgungskompanie hat die Aufgabe, die kämpfende Truppe logistisch zu unterstützen. Dazu gehören der Nachschub mit Kraftstoff und Munition sowie die Instandsetzung der Gefechtsfahrzeuge.
Nicht mit dem Kampfpanzer, aber mit ihren eigenen Handwaffen müssen auch die Versorger zum Selbstschutz und dem Schutz ihrer Kameraden trainieren und ihre Schießleistungen regelmäßig verbessern, um Routine im Umgang mit den verschiedenen Waffen zu erlangen. Das neue Schießausbildungskonzept spielt dabei eine zentrale Rolle. Waffenhaltung, Körperhaltung und der Umgang mit moderner Schutzausrüstung üben die Soldaten auf der Schießanlage in Klietz so oft, bis die exakten Abläufe auch unter Stress angewendet werden können.