Wie arbeiten sie in der Pandemie, Herr Oberstabsfeldwebel Walterich?
Wie arbeiten sie in der Pandemie, Herr Oberstabsfeldwebel Walterich?
- Datum:
- Ort:
- Rheinbach
- Lesedauer:
- 4 MIN
Ich bin Oberstabsfeldwebel Guido Walterich und im Betriebszentrum ITInformationstechnik-Systeme der Bundeswehr als Kompaniefeldwebel des Stabsquartiers eingesetzt. Als Spieß bin ich verantwortlich für etwa 570 Soldatinnen und Soldaten in den Dienstgradgruppen Mannschaften, Unteroffiziere mit und ohne Portepee.
Wie arbeiten Sie in der Pandemie?
Meine Arbeit als Kompaniefeldwebel im BITSBetriebszentrum IT-System hat sich trotz der Pandemie bis heute nicht bemerkenswert verändert. Ich bin täglich vor Ort, um den Unteroffizieren und Mannschaften weiterhin in allen dienstlichen und privaten Fragen beratend und unterstützend zur Seite zu stehen – überwiegend in einem persönlichen Gespräch. Zudem betreue ich den immer stetig wechselnden ITInformationstechnik-Nachwuchs vom Gefreiten Feldwebelanwärter oder Gefreiten Offizieranwärter bis zum Stabsunteroffizier Feldwebelanwärter beziehungsweise Obermaat Bootsmannanwärter. Dieser Nachwuchs umfasst zurzeit 21 Soldatinnen und Soldaten. Häufig schließt dies auch die Zusammenarbeit mit den personalführenden Stellen, dem Sozialdienst der Bundeswehr, der Militärseelsorge oder dem Sanitätsdienst ein. Darin äußert sich meine hohe Verantwortung für die Betreuung und Fürsorge aller Angehörigen des BITSBetriebszentrum IT-System, die ich in meiner Rolle als Spieß zusammen mit dem Personalrat und den Vertrauenspersonen wahrnehme. Weiterhin, trotz Pandemie, unterstütze und arbeite ich dem Kommandant Stabsquartier in Fragen der Inneren Führung, Ausbildung, Erziehung, bei der Durchsetzung der soldatischen Ordnung, der Bearbeitung von Beschwerden und Disziplinarangelegenheiten sowie Anträgen, Gesuchen oder Meldungen zu. Durch den sehr hohen Anteil der Unteroffiziere und Mannschaften im BITSBetriebszentrum IT-System ist die Überwachung und Bearbeitung von Personalangelegenheiten eine meiner Hauptaufgaben.
Ebenfalls ist das Mitwirken bei der psychologischen Betreuung der Soldatinnen und Soldaten in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Gestellung der jeweiligen Auslandseinsätze ein immer weiterlaufender Prozess. Meistens liegt die Herausforderung für die Soldatinnen und Soldaten nicht nur im bevorstehenden Einsatz, sondern auch in der aktuell vorab erforderlichen vierzehntägigen isolierten Unterbringung mit all ihren Einschränkungen und Entbehrungen.
Inwiefern unterscheidet sich das von Ihrer bisherigen Tätigkeit?
Ich empfinde keine erheblichen Unterschiede in meiner Tätigkeit vor und während der Pandemie, obwohl ich selbst erst im Oktober 2020 aus einem anderen Verband ins BITSBetriebszentrum IT-System gewechselt bin. Die Herausforderung ist und bleibt der wichtige und unumgängliche persönliche Kontakt mit den Soldatinnen und Soldaten in Zeiten der Pandemie und des Home-Office.
Welche Schwierigkeiten ergeben sich daraus?
Die Schwierigkeiten für meinen Bereich sind, dass durch die Verlagerung der Arbeit ins Home-Office bestimmte Laufwege von Anträgen zeitlich verlängert werden müssen. Das erhöht das Arbeitsaufkommen und erfordert ein hohes Maß an zusätzlicher Konzentration, um unnötige Wege zu vermeiden. Ich bin sehr froh, dass meine Teileinheit jeden Dienstag vor Ort präsent ist, um einen möglichst fehlerfreien Ablauf zu erzielen. Auf der anderen Seite finde ich den Spagat für Eltern, insbesondere für alleinerziehende Elternteile, die Kindererziehung, Homeschooling und den Beruf unter Pandemiebedingungen unter einen Hut bringen müssen, sehr schwierig.
Wenn ich mich mit meinen Soldatinnen und Soldaten, die aus den oben genannten Gründen von zuhause arbeiten, unterhalte, kann ich ihre Probleme sehr gut nachvollziehen. Der Sonderurlaub ist sehr schnell „verraucht“, und ich kann verstehen, dass die Soldatinnen und Soldaten nicht zu 100% ihren Dienst verrichten können, da die Kinder gerade jetzt Aufmerksamkeit, Unterstützung und Hilfe benötigen. Kleinkinder verstehen es noch nicht, dass Papa oder Mama nun von Zuhause aus arbeiten. Sie freuen sich eher darüber, dass die Eltern zu Hause sind und sie rund um die Uhr Aufmerksamkeit bekommen. Da fliegt dann mal ein Dinosaurier, eine Barbie oder ein Spielzeugauto über die Tastatur und es folgen zügig die Worte: „Mama, Papa spiel mit mir“. Auch wenn ein Elternteil den Lehrer oder die Lehrerin ersetzt, insbesondere bei Schulaufgaben, die man erst einmal selbst verstehen muss, kostet das zusätzliche Anstrengung und Zeit. Das kann man für einen gewissen Zeitraum organisieren, aber nach einigen Wochen gerät man an seine Grenzen. Natürlich hat jede Dienststelle eine Möglichkeit zur Unterstützung in diesen Fällen entwickelt.
Aber das Formen der Einheit zu einer Gemeinschaft und das Fördern der Kameradschaft bleibt zurzeit auf der Strecke und muss nach der Pandemie wieder organisiert und umgesetzt werden.
Welche Erfahrungen nehmen Sie aus der Pandemie mit?
In der Pandemie hat sich mir ganz deutlich gezeigt, wie schnell und effektiv sich die Bundeswehr in der Pandemie-Lage auf viele Probleme eingestellt hat. Die Corona-Fälle sind sehr gering, und den Soldatinnen und Soldaten ist bewusst, dass sie Einschränkungen im Privatleben in Kauf nehmen müssen. Ansonsten hätten wir andere Fallzahlen. Dadurch, dass es keine Wehrpflicht mehr gibt, ist die Unterstützung der Soldatinnen und Soldaten als „Helfende Hände“ eine große Bereicherung für das Ansehen der Bundeswehr in unserer Bevölkerung.
Nach der Pandemie müssen wir wieder das innere Gefüge der Einheit, den Zusammenhalt sowie das Führungsverhalten der Unteroffiziere fördern und ausbauen.