Wie arbeiten sie in der Pandemie, Herr Hauptmann Ojda?
Wie arbeiten sie in der Pandemie, Herr Hauptmann Ojda?
- Datum:
- Ort:
- Rheinbach
- Lesedauer:
- 3 MIN
Ich bin Hauptmann Ojda und im Betriebszentrum ITInformationstechnik-System der Bundeswehr als Kommandant Stabsquartier eingesetzt. In dieser Funktion bin ich der Disziplinarvorgesetzte für circa 570 Soldatinnen und Soldaten in den Dienstgradgruppen Mannschaften und Unteroffiziere mit und ohne Portepee.
Wie arbeiten Sie in der Pandemie, Herr Hauptmann?
Durch meine Arbeit als Kommandant Stabsquartier bin ich täglich vor Ort am Standort präsent. Gerade, um in einer Lage wie der Pandemiezeit, die wir alle jetzt seit einem Jahr erleben, bei Sorgen und Nöten der mir unterstellten Soldatinnen und Soldaten für diese auch persönlich da zu sein. Aber auch, um für alle notwendigen truppendienstlichen Maßnahmen, wie etwa Personalmaßnahmen, in Bezug auf mein unterstelltes Personal agieren und reagieren zu können. Hierbei gilt es, mit täglicher Kontinuität und Vorsicht alle Regeln der Hygiene und die damit verbundenen gültigen Empfehlungen zum Gesundheitsschutz zu befolgen. Zusätzlich bin ich für meine Soldatinnen und Soldaten Ansprechstelle für alle mit der Pandemie verbundenen Fragen.
Inwiefern unterscheidet sich das von Ihrer bisherigen Tätigkeit?
Nach meiner Bewertung unterscheidet sich Truppendienstliche Führung von Soldatinnen und Soldaten in der Pandemie eklatant zu allem, was ich bisher erlebt habe. Menschenführung benötigt den persönlichen Kontakt, auch das persönliche Gespräch, unter anderem, um Aufträge koordinieren zu können. Das BITSBetriebszentrum IT-System hat den Auftrag, an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr, das ITInformationstechnik- System der Bundeswehr im In- und Ausland und auch in allen Einsatzgebieten der Bundeswehr zu betreiben. In einer solchen Dienststelle ist nicht nur die fachliche, sondern eben auch die truppendienstliche Führung zwingend erforderlich. Dazu ist es gerade in „schwierigen Zeiten“ erforderlich, dass Disziplinarvorgesetzte mit gutem Vorbild vorangehen und die Nähe zu ihren unterstellten Soldatinnen und Soldaten suchen. Ganz egal, ob diese im Home-Office oder der Dienststelle ihren Aufgaben nachgehen.
Welche Schwierigkeiten ergeben sich daraus?
Wenn Soldatinnen und Soldaten, bei denen es die Aufgabe erlaubt, ihren Dienst anstatt aus Großraumbüros heraus, im ortsunabhängigen Dienstbetrieb, sprich im Home-Office, leisten, ist das sicherlich dem Gesundheitsschutz zuträglich. Bezogen auf alle Herausforderungen des militärischen Alltags, erschwert diese räumliche Trennung den täglichen Dienstbetrieb und somit auch die Führung. Laufzeiten von Anträgen aller Art, Weitergabe von Unterlagen wie z.B. Kommandierungen, um nur zwei Beispiele zu nennen, verlängern sich. Das erfordert ein höheres Maß an Koordination und Konzentration in unserer täglichen Arbeit. Zudem kommt allen Soldatinnen und Soldaten, die mit Personalangelegenheiten betraut sind, eine größere Verantwortung zu, um eine möglichst fehlerfreie „Normalität“ sicherzustellen. Doch mit den getroffenen Maßnahmen sehe ich meinen Bereich hier gut aufgestellt.
Dazu kommen Sorgen der Soldatinnen und Soldaten, die auch für mich neu sind. Familien haben zusätzliche Sorgen und Nöte, wenn es darum geht, dass ihre Kinder nicht in Kindergärten oder Schulen gehen können. Engpässe in der Versorgung der Familie treten auf, wenn der Ehepartner in Kurzarbeit geht oder sogar die Arbeit verliert. In aller Regel gelingt es uns aber die Erfordernisse von Familie und Beruf zu vereinen.
Welche Erfahrungen nehmen Sie aus der Pandemie mit?
Grundsätzlich nehme ich für mich aus der immer noch anhaltenden Pandemie mit, dass die truppendienstliche Führung mit all ihren Facetten, insbesondere der Fürsorge, eine sehr große Rolle im militärischen Alltag einnimmt. Die Auftragserfüllung gelingt nur mit gesunden, sowie physisch und psychisch belastbaren Soldatinnen und Soldaten. Vertrauensbildung zwischen Vorgesetzten und Untergebenen und umgekehrt bedarf der „Nähe“, gerade wenn es um Kameradinnen und Kameraden geht, die neu dazu kommen.
Ich ziehe nach einem Jahr Pandemie mit all den wechselnden Herausforderungen für mich das Resümee, dass sich auch hier die Auftragstaktik innerhalb der Bundeswehr grundsätzlich bewährt hat, es aber wesentlich mehr an Konzentration, eigener Motivation und vor allem auch Zeit bedarf, den mannigfaltigen Anforderungen an einen Disziplinarvorgesetzten gerecht zu werden.