Cyber- und Informationsraum
Künstliche Intelligenz

Im Interview: Zugführer Oberleutnant Yannick Z.

Im Interview: Zugführer Oberleutnant Yannick Z.

Datum:
Ort:
Nienburg
Lesedauer:
5 MIN

Oberleutnant Yannick Z. ist Zugführer im Labor für Künstliche Intelligenz des Bataillon Elektronische Kampfführung 912 in Nienburg/Weser. Neben seiner Ausbildung zum Offizier hat der 25-Jährige sein Masterstudium Cyber-Sicherheit an der Universität der Bundeswehr in München erfolgreich abgeschlossen. 

Ein Soldat steht vor einer Videowand und hält eine Karte in der Hand.

Oberleutnant Yannick Z. ist als Zugführer im Labor für Künstliche Intelligenz eingesetzt.

Bundeswehr/Michael Rupertus

Herr Oberleutnant, was sind Ihre Aufgaben als Zugführer?

Innerhalb des KIkünstliche Intelligenz-Labors gehören die Soldatinnen und Soldaten dem sogenannten KID-Zug an. KID steht dabei für Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Derzeit sind das elf Soldatinnen und Soldaten. Zwei weitere Soldaten befinden sich gerade in einer Test- und Prüfungsphase, ob sie von ihrem Leistungsbild künftig ebenfalls ihren Dienst hier im KIkünstliche Intelligenz-Labor leisten können. Wir wachsen langsam aber stetig auf. 
Neben den klassischen Aufgaben eines militärischen Vorgesetzten bin ich der verantwortliche Leiter der ITInformationstechnik-Projekte. Ich sorge dafür, dass die im Fokus stehenden Projekte weiter vorangetrieben werden und aktualisiere ständig diese Priorisierung. Ich bin im regelmäßigen Austausch mit den Endnutzern, um Input zu bekommen, wie aktuelle Projekte verändert oder nutzergerecht angepasst werden sollen. Darüber hinaus stehe ich in einem ständigen Austausch zu unseren Schwesterbataillonen der EloKaElektronische Kampfführung-Truppen, dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, den Universitäten der Bundeswehr und einer Vielzahl weiterer Dienststellen, die im Bereich ITInformationstechnik tätig sind.

Welche aktuellen Projekte werden derzeit bearbeitet und gibt es bereits Projekte, die den Weg in die Truppe gefunden haben?

Zuerst sei im Bereich KIkünstliche Intelligenz das Projekt Voice Activity Detector zu erwähnen. Mit dem Voice Activity Detector erhält der Operator künftig ein automatisiertes Tool, wodurch Störgeräusche wie beispielsweise Rauschen im Funkverkehr gefiltert werden. Insbesondere wenn mehrere Frequenzen gleichzeitig aufgeklärt werden, führt dies zu einer deutlich reduzierten Arbeitsbelastung bei gleichzeitig höherer Effizienz. Wir wollen das System verstetigen, also in den „Live-Betrieb“ bekommen. Anschließend erfolgen Fähigkeitsanalysen, um alle formellen Nachweise zu erbringen und dann hoffen wir natürlich auf die Freigabe zum Einsatz in der Truppe. 
Im Bereich der Automatisierung konnten wir mit einem Dashboard eine Möglichkeit schaffen, die Personallage, also wo befindet sich wer und welchen Auftrag hat der- oder diejenige gerade, der Bataillonsführung transparent zu machen. Gerade in einem so großen Verband wie dem EloKaBtlBataillon für Elektronische Kampfführung 912, mit vielen Fachaufgaben, Aufklärungseinsätzen oder Einsatzverpflichtungen – und das an vielen Orten und teils auf mehreren Kontinenten gleichzeitig – trug das Dashbaord wesentlich dazu bei, schnell, aktuell und umfassend die Verantwortlichen zu informieren.
Weitere Projekte sind bereits in der Entwicklung. Im Bereich Tastfunk gibt es großes Entwicklungspotenzial, beispielsweise kann die Aufzeichnung eines einstündigen Funkspruches durch ein Programm auf wenige Sekunden zusammengekürzt werden. Dazu kommt das Projekt Sparrow Tracking, das offene Informationen verarbeitet, um Flugrouten abzubilden. Im Großen und Ganzen sind die Möglichkeiten vielfältig und das wollen wir nutzen, um Arbeitsabläufe zu erleichtern und die Menschen am eigentlichen ITInformationstechnik-System zu entlasten.

Wie lange dauert es, bis erste Lösungen im KIkünstliche Intelligenz-Labor gefunden werden?

Die erste Fragestellung, die wir für uns beantworten müssen, ist, ob wir das Problem mit oder ohne KIkünstliche Intelligenz lösen wollen. Weiterhin muss betrachtet werden, ob das Ergebnis hier vor Ort in einer Referenzanlage, das heißt einer Test- und Simulationsumgebung, geprüft werden kann oder man es unmittelbar im Live-Betrieb verifizieren müsste. Fragestellungen, die mit KIkünstliche Intelligenz gelöst werden sollen, können mehrere Monate Zeit in Anspruch nehmen, bis ein Ergebnis vorliegt. Nehmen wir das Beispiel unseres Speech to Text-Moduls, hier dauert beispielsweise ein Anlernvorgang innerhalb unserer Anlage eine Woche. Anschließend erfolgen noch Nachtests, ob es den Forderungen entspricht. Damit die KIkünstliche Intelligenz besser wird und lernen kann, muss dieser Vorgang so häufig wie möglich wiederholt werden. Es müssen stets neue oder ergänzende Daten ins System eingepflegt und die Berechnungsvorgänge erneut wiederholt werden. Wir sprechen davon, dass das System angelernt wird, um einen Automatismus zu entwickeln. Dies ist sehr zeitaufwendig und daher können Lösungen nicht kurzfristig bereitgestellt werden.
Aus diesen Gründen geht es bei uns auch nicht ausschließlich um Künstliche Intelligenz, sondern häufig reicht es bereits Prozesse zu automatisieren, um die Endnutzerinnen und Endnutzer zu entlasten. Wenn Projekte „nur“ digitalisiert werden, geht es entsprechend schneller bis nutzbare Arbeitsergebnisse vorliegen. Ziel ist es, einen fertigen Prototypen zu entwickeln, der bei entsprechender Priorisierung etwa nach einem Monat zum Einsatz kommen könnte. Unser Fokus liegt natürlich darauf, dass unsere Ergebnisse für verhältnismäßig kleine Probleme gedacht sind. Es ist uns hier nicht möglich, die bestmögliche Lösung für die größtmögliche Anzahl an Nutzenden zu erarbeiten. Wir stellen hier kleine, aber schnelle und insbesondere kurzfristig Lösungen zur Verfügung, die dem Operator unmittelbar helfen. Also eine truppen- und einsatznahe Unterstützung.   

In ihrer Dienststelle, dem EloKaBtlBataillon für Elektronische Kampfführung 912, werden alle klassischen militärischen Dimensionen, Land, Luft und See, bei der Aufklärung abgedeckt. Inwieweit hilft dies gerade dem KIkünstliche Intelligenz-Labor?

Es liegt auf der Hand, dass dieses Alleinstellungsmerkmal unseres Verbandes auch für die Arbeit im KIkünstliche Intelligenz-Labor von großem Nutzen ist. Wir können uns mit dem gesamten Aufklärungsspektrum der EloKaElektronische Kampfführung-Truppe beschäftigen. Hier am Standort sind alle Ausbildungsanlagen vorhanden. Die Kameradinnen und Kameraden aus dem Bataillon, egal ob vom Heer, der Luftwaffe oder der Marine, gehen regelmäßig in die Aufklärungseinsätze. Bei der praktischen Tätigkeit, ob zu Land, Luft oder See, werden Optimierungsmöglichkeiten bei der Auswertung festgestellt. Wir besprechen diese und versuchen Lösungsansätze zu entwickeln. So arbeitet man Hand in Hand und bereits kleine Entwicklungsschritte können unmittelbar mit dem Nutzer besprochen und gegebenenfalls weiter optimiert werden.

Wie wird man Teil Ihres Teams?

Das KIkünstliche Intelligenz-Labor ist in seiner jetzigen Form ein gemeinsames Projekt des EloKaBtlBataillon für Elektronische Kampfführung 912, des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr. Aktuell gibt es noch keine formalen Dienstposten, was sich allerdings künftig ändern wird. Bis dahin rekrutieren sich unsere Teammitglieder aus interessierten Frauen und Männern, die dies auf freiwilliger Basis tun. Grundlage bildet natürlich die Lust am Programmieren und das Interesse, den Elektronischen Kampf und damit die Bundeswehr voranzubringen. Häufig tun sie das neben ihren eigentlichen militärischen und fachlichen Aufgaben in ihrer Einheit, weil sie wissen, dass sie hier einen Mehrwert schaffen können. Dieses Engagement, neben dem eigentlichen Auftrag, hochspezialisierte Entwicklungsarbeit zu leisten, macht mich stolz. Jeden Tag zeigt mir hier das Team, was Truppe kann.


von Michael Rupertus  E-Mail schreiben
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