Herr Hauptfeldwebel, schildern Sie doch einmal, was an diesem Tag genau passiert ist?
Ich habe am 25. Juli meine Tochter zu einer Freundin gefahren, die 500 Meter Luftlinie entfernt der Absturzstelle wohnt. Auf dem Weg zurück nach Hause sah ich ein sehr tief fliegendes Leichtflugzeug, das einen Fallschirm verlor. Kurz drauf gab es einen lauten Knall und Rauch stieg auf. Ich hielt am Straßenrand an und lief zu der Unfallstelle, wo ich sah, dass das Leichtflugzeug in den Dachstuhl eines Mehrfamilienhauses gestürzt war, welches sofort Feuer fing. Ich ging in das Mehrfamilienhaus, um Anwohner aus der Gefahrenzone zu schicken. Nachdem alle Bewohner, die sich im Flur befanden, aus dem Haus auf die Straße geführt wurden, ging ich zurück in das Haus und rief mit anderen Ersthelfern nach weiteren Bewohnern. Um der Feuerwehr Zeit einzusparen, entschied ich alle geschlossenen Wohnungstüren aufzubrechen, um zu prüfen, ob sich noch jemand in den Wohnungen befindet. Im Dachgeschoss angekommen, öffnete ich die Tür der Wohnung wo das Leichtflugzeug in den Balkon stürzte.
Durch die starke Rauchentwicklung war das Betreten der Wohnung ohne Schutzausrüstung leider nicht möglich. Ich verließ das Haus, um die eintreffenden Rettungskräfte ins Bild zu setzen. Während der Übergabe entschied ich mich mit dem Polizeibeamten nochmal in das Dachgeschoss zu gehen um eventuell Zugang durch die Nachbarwohnung zu bekommen, da sich dort eine Mutter mit Kind befinden sollte. Leider war dies nicht möglich. Nach Eintreffen der Feuerwehr gab ich meine Kontaktdaten an und verließ den Unfallort.
Was haben Sie in diesem Moment gedacht und gefühlt?
Im ersten Moment reagierte ich einfach auf die Geschehnisse und dachte, du musst dort versuchen, Schlimmeres zu verhindern und den Leuten helfen. Zu meinem Gefühl in dieser Situation kann ich nur sagen, dass trotz des hohen Adrenalinspiegels meine Handlungsweise sehr klar und strukturiert war. Durch die Ausbildung in meiner Dienstzeit, war es mir möglich mit dieser Ausnahmesituation gut umzugehen. Ich fühlte mich zu jeder Zeit handlungssicher und konnte zwischen möglich und unmöglich entscheiden, was mich dazu brachte, nicht ohne Schutzausrüstung in die Wohnung zu gehen, um nicht selbst Opfer der Rauchentwicklung zu werden.
Und was haben Sie dann gemacht?
Nach der Übernahme der Feuerwehr verließ ich den Absturzort und setzte meine Fahrt nach Hause fort, wo meine Frau auf mich wartete, um zu einem Junggesellinnenabschied gefahren zu werden. Ich redete mit ihr über die Situation und brachte sie dort hin. Auf der Rückfahrt erfuhr ich durch die Medien, dass das Kind in der Dachgeschosswohnung überlebte, was für mich eine gute Nachricht war, obwohl drei Menschen ihr Leben lassen mussten.
Sie wurden mit dem Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold mit rotem Rand ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Die Auszeichnung bedeutet mir sehr viel, da diese der Öffentlichkeit sowie meinen Kameraden zeigt, dass Zivilcourage in unserem Land gewürdigt wird. Ich bin Staatsbürger in Uniform und habe als dieser in meiner Freizeit mein eigenes Wohl hinter das der Betroffenen gestellt, weil das zu meinem Werteverständnis gehört. Es geht nicht darum, etwas für seine Tat zu bekommen, sondern zu zeigen, dass – egal in welcher Situation – handeln besser ist als zuschauen.