Cyber- und Informationsraum

Betriebsführung, FMNFederated Mission Networking und Common Roof – Was ist das alles?

Betriebsführung, FMNFederated Mission Networking und Common Roof – Was ist das alles?

Datum:
Ort:
Storkow
Lesedauer:
6 MIN

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Major Sascha Dehnert aus dem Informationstechnikbataillon 381 ist Abteilungsleiter der Einsatzzentrale Informationstechnik und verantwortlich für die Übung Common Roof. Im Interview erklärt er, was sich hinter der Übung verbirgt und welche Übungsziele verfolgt werden.

Ein Soldat vor einem Fahrzeug

Major Sascha Dehnert ist im ITInformationstechnik-Bataillon verantwortlich für die Übung Common Roof.

Bundeswehr/Wanninger

Herr Major, Sie sind für die Planung und Durchführung der Übung Common Roof im ITInformationstechnik-Bataillon 381 verantwortlich. Können Sie uns einmal schildern, was diese Übung eigentlich genau ist?

Die Bereitstellung von ITInformationstechnik-Services war – trotz multinationaler Einbindung – immer eine nationale Angelegenheit. Jede Nation war für ihre eigene Informationstechnik verantwortlich. In Afghanistan hat sich gezeigt, dass dieses Konzept nicht zukunftsfähig ist. Der Austausch von Informationen in einem multinationalen Umfeld erfordert ein Umdenken. Die NATO hat ein Konzept entwickelt, wie nationale ITInformationstechnik-Infrastrukturen zukünftig zusammenarbeiten sollen: Federated Mission Networking, kurz FMNFederated Mission Networking. Eine FMNFederated Mission Networking-ITInformationstechnik-Infrastruktur basiert auf Standards für den Aufbau, den Betrieb und den Abbau der ITInformationstechnik-Systeme und -Services.
Das bedeutet, die an einer Mission beteiligten Streitkräfte bilden nicht nur auf technischer Ebene ein Netzwerk, sondern vernetzen sich auch in den Betriebsabläufen. Dies stellt hohe Anforderungen an die beteiligten Soldaten und an die Technologie, da diese auf mehreren Ebenen verschiedensten Anforderungen entsprechen müssen. Aufgrund der Komplexität sind innerhalb der Bundeswehr auch eine Vielzahl von Dienststellen involviert. Da es um multinationale Einsätze – insbesondere Stabilisierungsoperationen – geht, sind auch Nicht-NATO-Mitglieder eingeladen, sich an FMNFederated Mission Networking zu beteiligen.

Mit der jährlich stattfindenden Übungsserie Common Roof entwickeln die Streitkräfte Deutschlands, Österreichs und der Schweiz (DACH) eine Reihe von Regelungen zur Vereinheitlichung von Prozessabläufen.

Während der Übung stellt jede Nation ITInformationstechnik-Services für die eigenen Soldaten, aber auch für Soldaten der jeweils anderen Nationen zur Verfügung. Das entstehende Netzwerk ermöglicht die gegenseitige und nationenübergreifende Bereitstellung von ITInformationstechnik-Services. Vor allem entwickeln wir aber Verfahren und Prozessabläufe, sodass die Verantwortlichen bei Störungen eine schnelle Störungsbeseitigung in Zusammenarbeit mit den anderen Nationen durchführen können. Klassische ITInformationstechnik-Services sind beispielsweise die Bereitstellung eines Netzwerks oder einzelner Anwendungen, wie zum Beispiel Lotus Notes oder SharePoint.

Und welche weiteren Ziele verfolgt die Übung?

Der Schwerpunkt der Übung ist die Betriebsführung der gesamten ITInformationstechnik-Infrastruktur und damit die Evaluierung der bereits abgestimmten Verfahren und Regelungen. Daneben üben die eingesetzten Soldaten die Verlegung von Teilen einer ITInformationstechnik-Staffel in den Einsatzraum, um einen Service Delivery Point - SDPService Delivery Point aufzubauen.

Mit der Ausrichtung auf die Landes- und Bündnisverteidigung müssen die ITInformationstechnik-Kräfte wieder deutlich mobiler, flexibler und agiler werden.

Darüber hinaus üben wir die Verhinderung und Abwehr von Cyber-Angriffen. Dazu arbeiten wir mit dem Zentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr (ZCSBwZentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr) zusammen. Die Angehörigen dieses Zentrums bilden unsere Soldatinnen und Soldaten weiter und üben die Absicherung der eingesetzten ITInformationstechnik-Umgebung. Unsere Administratorinnen und Administratoren lernen somit die eigenen ITInformationstechnik-Systeme besser vor Angriffen zu schützen.


Sie sprechen von Betriebsführung. Was genau bedeutet denn eigentlich Betriebsführung im Bereich der Informationstechnik?

Zwei Soldaten an einem Rechner

Die Adminstratoren des German Mission Network üben während Common Roof die Betriebsführung ihres Systems.

Bundeswehr/Wanninger

Betriebsführung umfasst alle Handlungen zum systematischen Betrieb von ITInformationstechnik-Services. Wir wollen ITInformationstechnik-Services, wie beispielsweise ein Netzwerk, Endgeräte und Anwendungen zuverlässig, sicher und modern bereitstellen. Standardisierte und transparente Prozesse sorgen für einen durchgehenden und sicheren Betrieb sowie eine schnelle Störungsbeseitigung und damit zufriedene Nutzer. Unser Konzept der Betriebsführung beziehungsweise des ITInformationstechnik-Service-Managements basiert auf dem Rahmenwerk der ITInformationstechnik-Infrastructure Library (ITIL) in der Version 3. ITIL sind Best Practices der Industrie, die als eine Art Werkzeugkasten zu verstehen sind. Abgeleitet davon wurde bereits am 1. Januar 2020 als erster Schritt das Handbuch zur Betriebsführung vom Kommandeur des Kommandos Informationstechnik der Bundeswehr in Kraft gesetzt. Dieses Handbuch bildet die Basis für eine bundeswehrgemeinsame Zentralrichtlinie für die Betriebsführung des ITInformationstechnik-Systems der Bundeswehr. Denn nicht nur der Organisationsbereich CIRCyber- und Informationsraum stellt rund um die Uhr ITInformationstechnik-Services bereit, sondern auch Heer, Luftwaffe und Marine sowie der Sanitätsdienst und die Streitkräftebasis. Selbst die zivilen Organisationsbereiche betreiben Informationstechnik.

Federated Mission Networking – können Sie uns einmal kurz erklären, was das eigentlich ist?

Der Einsatz in Afghanistan hat gezeigt, dass der Informationsaustausch zwischen den Streitkräften verschiedener Nationen zur raschen Entscheidungsfindung ein Umdenken erfordert.

Federated Mission Networking (FMNFederated Mission Networking) ist die NATO-Fähigkeit, Menschen, Prozesse und Technologie so zu vernetzen, dass sich die Entscheidungsfindung zwischen Partnernationen in zukünftigen Operationen systematisiert, standardisiert und vereinfacht.

Die Fähigkeit ist dahingehend einzigartig, dass sie mittels gemeinsamer Standards zur Operationsführung zwischen der NATO, den NATO-Staaten und Nicht-NATO-Staaten interoperable Netzwerke schafft. Der Begriff „Federated Mission Networking“ klingt zunächst wie eine typische Wasserkopf-Worthülse. Aber bei genauerer Betrachtung ergibt sie durchaus Sinn:
„Federated“ bezeichnet die Zusammenarbeit unter Verzicht auf eine allzu komplexe Hierarchie. Jeder Partner bringt sich im Rahmen seiner bekannten und abgestimmten Möglichkeiten ein. Das bedeutet, dass die Nationen nicht mehr alle ITInformationstechnik-Services alleine bereitstellen müssen, sondern dass Synergien innerhalb der multinationalen Partnernationen genutzt werden. Zum Beispiel ist Deutschland einziger Provider für Audio und Video, Österreich ist einziger Provider von Sharepoint, die Schweiz ist einziger Provider von Friendly Force Tracking. Die Mitglieder und das Ziel einer Föderation können sich über die Zeit ändern, das Mittel der Zusammenarbeit jedoch nicht.
Die „Mission“ mit ihrem operationellen Bedarf treibt die Lösung. Ausgehend von den Zielen einer Mission werden die Informationen und Informationsaustauschbeziehungen definiert, die für eine erfolgreiche Operationsführung erforderlich sind. Auf dieser Basis wird das ITInformationstechnik-System mit seinen Anwendungen gebaut. Die Standards werden durch FMNFederated Mission Networking vorgegeben, welches immer die militärische Mission als Grundlage hat.

Und Networking?

„Networking“ bezeichnet ausdrücklich nicht nur Computernetzwerke oder andere Technologien, sondern gleichberechtigt auch Menschen und Prozesse. Ohne Menschen keine Mission, ohne Prozesse nur Chaos. Der Mehrwert von FMNFederated Mission Networking ist eine standardisierte und damit bessere Information und Kommunikation zwischen den Missionspartner.

Welche Aufgaben übernehmen Sie persönlich vor, während und nach der Übung?

Ein Soldat schaut auf eine IT-System

Major Dehnert hat den Aufbau der Systeme fest im Blick und weiß wo was zu stehen hat.

Bundeswehr/Wanninger

Während der Vorbereitung bin ich für die Planung der Übung im ITInformationstechnik-Bataillon 381 verantwortlich. In der Stabsabteilung „Einsatzzentrale Informationstechnik“ arbeiten wir in einem Projektteam an den verschiedenen Teilaspekten der Übung. Das beinhaltet ebenso den regelmäßigen Austausch auch mit unseren Partnern in Österreich und der Schweiz.
Während der Übung bin ich Teil des Coaching- und Evaluationsteams, das die Übung beobachtet. Hinzu kommt, die übenden Soldatinnen und Soldaten bei der Lagebewältigung zu unterstützen und die Übungsleitung bei der Durchführung zu beraten. Mit den eingespielten Lagen erkennen wir Weiterentwicklungsbedarf und -potential. Die Erfahrungen fließen im Anschluss in die Weiterentwicklung der Regelungen und die Übungen im nächsten Jahr ein.

Das bedeutet 2021, findet wieder eine Common Roof statt?

Ja, nach der Übung ist quasi vor der Übung. Im Jahr 2021 wird die Schweiz federführend die Planung übernehmen. Es ist absehbar, dass dann ein anderes ITInformationstechnik-Bataillon die Planung in Deutschland übernimmt. Für mich wird es darauf ankommen, das erworbene Wissen mit meinem Team entsprechend weiterzugeben. Die mit dem Thema Betriebsführung befassten Soldatinnen und Soldaten haben seit einigen Jahren eine Community innerhalb der Bundeswehr gebildet, die über den Bereich CIRCyber- und Informationsraum hinaus noch wachsen muss. Als ITIL Expert in Verbindung mit meinen Erfahrungen würde ich gerne noch einige weitere Jahre zur Weiterentwicklung im Bereich FMNFederated Mission Networking, insbesondere ITInformationstechnik-Service Management, beitragen.


von Sebastian  Wanninger  E-Mail schreiben

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